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OMI 01-08-2003 14:31

Bernd Niquet - Alles Quatsch!!!
 
Freitag, 1. August 2003 | 13:47 Uhr


Ich weiß natürlich, dass die Standardlehrbücher, die Spezialisten, die veröffentlichte Meinung, also schlichtweg jeder es anders sieht. Man muss wissen, was die Gesellschaften machen, deren Aktien man kauft, sagen sie uns alle. Man muss verstehen, man muss sich hineindenken, man muss ... Ich hingegen sage: DAS IST ALLES QUATSCH. Auch auf die ganzen Monats- und Quartalsdaten zu hören, diese ganzen dümmlichen Veröffentlichungstermine zu beachten, ist reiner Blödsinn. Vergessen Sie einfach die Berichte von Intel und Nokia. Denn erstens sind diese Mosaiksteine nur selten schlüssig zusammen zu setzten, und zweitens sind auf dem dabei entstehenden Bild nur Äpfel zu sehen, obwohl an den Börsen doch unzweifelbar Birnen gehandelt werden.

Für mich hat das, was hier getrieben wird, außer mit dem Füllen von Druckpapier und Sendezeit eher so etwas mit dem Versuch zu tun, eine (gedankliche) Kontrolle über etwas zu erlangen, was sich niemals, auch gedanklich nicht, in den Griff bekommen lässt. Mir fällt hierzu nur die fernöstliche Wahrheit ein: Man kann nicht nur nicht zwei Mal in den selben Fluss stiegen, man kann es nicht einmal einmal. Denken Sie einmal über diesen Satz nach!

Hinzu kommt, dass es neben der Kontrollillusion auch noch eine Wissens- oder Theorieillusion gibt. Ich habe das ausführlich in meinem ersten Buch "Der Crash der Theorien" aufgezeigt. Wir alle, oder zumindest die meisten, glauben, der Aktienmarkt würde nach irgendwelchen fundamentalen Gesetzmäßigkeiten ablaufen. Doch auch das ist schon von der Logik her unhaltbar: Denn ein Mechanismus, der sich selbst erkennt, wäre plötzlich nicht mehr der selbe Mechanismus, sondern ein neuer und völlig anderer.

Hintergrund dieses quasi-religiösen Glaubens ist die Vorstellung, dass die Aktien eines Unternehmens in irgend einer Weise den Wert des Unternehmens widerspiegeln würden. Diese Vorstellung ist natürlich völlig lächerlich. Das wissen auch die Analysten und sprechen daher stets von Über- oder Unterbewertungen, was natürlich ebenso lächerlich ist. Doch an irgend etwas muss der Mensch sich ja festhalten. Irgendetwas Absolutes braucht er. Für die einen ist dies Gott, für die anderen ein absoluter Aktienwert und für noch andere vielleicht eine Flasche Absolut-Wodka. Im Endeffekt ist der Unterschied allerdings äußerst marginal.

Was bleibt anlässlich dieser Malaise noch übrig? Eine ganze Menge, finde ich. Nämlich die Tatsache, dass wir Menschen sind und dass Aktienkurse ebenfalls von Menschen gemacht werden. Aktienkurse richten sich niemals nach Fakten, sondern immer nur nach dem, was die Menschen von diesen Fakten glauben. Sind die Menschen optimistisch, dass nehmen sie primär die guten Nachrichten wahr und verleugnen die schlechten. Sind sie pessimistisch, machen Sie es genau umgekehrt. Ein erfolgreicher Börsianer ist also nicht derjenige, der gut rechnen und Zahlen analysieren kann, sondern jemand, der sich in Menschen hineinfühlen kann. Was sind deren Motive, was sind die Wünsche und die Ängste. Mit Rationalität hat das natürlich wenig zu tun. Doch es sind ja auch nur die Börsenanfänger und die Betonköpfe, die glauben, der Börse mit Rationalität beikommen zu können.

Alle anderen wissen – zumindest implizit – dass die wirklich guten Entscheidungen meistens diejenigen waren, die aus dem Bauch heraus kamen. Wirklich gutes Aktienmanagement ist emotionales Investment – Investment By Emotions. Das wird natürlich niemand öffentlich zugeben, da niemand einem Schöngeist, der seine Zeit damit verbringt, Emotionen auszugucken, Geld anvertrauen würde. Geld verdienen, so unsere puritanische Erziehung, hat vielmehr etwas mit Fleiß und harter Arbeit zu tun. Deswegen kaufen die Menschen ja auch Fonds von Managern, die 10, 12 oder gar 14 Stunden am Tage Zahlen wälzen, um sich ihre Misserfolge schließlich wenigstens richtig verdient zu haben.

berndniquet@t-online.de

saida 02-08-2003 16:02

der gute bernie....er gefällt mir ja immer besser :engel:

Zitat:

Man kann nicht nur nicht zwei Mal in den selben Fluss stiegen, man kann es nicht einmal einmal
:confused: und wieder einmal zeigt sich, das mein wissen wohl sehr begrenzt ist, was soll damit ausgedrückt werden....? :confused: :rolleyes:

OMI 03-09-2004 23:35

[ Freitag, 03.09.2004, 17:25 ]
Vom Grundvertrauen in unsere Welt
Von Bernd Niquet

Warum sind eigentlich manche Menschen so pessimistisch bezüglich der Aktienmärkte, der Zukunft unseres Landes und gar hinsichtlich des Schicksals des Welt-Finanzsystems? Warum sehen viele hier beinahe zwangsläufig den Zusammenbruch auf uns zukommen – und warum sind andere bei der selben Frage hingegen sehr optimistisch?

Wissen die einen hier mehr als die anderen?

Aus meiner Sicht ist es der größte Trugschluss, dem man in dieser Welt aufsitzen kann, den Untergangs-Philosophen einen Wissensvorsprung zu unterstellen. In der heutigen Zeit sind alle Informationen für jedermann frei zugänglich. Doch die Welt ist so komplex und heterogen, die Informationen sind so vielfältig, dass zu jedem Zeitpunkt stets mindestens ein optimistisches und ein pessimistisches Szenario in voller Übereinstimmung mit den Tatsachen abzuleiten ist.

Unsere Entscheidung, ob wir optimistisch oder pessimistisch sind, kann damit also nichts mit den Informationen zu tun haben. Sie hat nichts mit der Welt an sich zu tun, sondern spiegelt ausschließlich das wider, was wir selbst tun – nämlich eine Entscheidung zu treffen. Der Grund dafür, ob wir optimistisch oder pessimistisch sind, liegt also zu hundert Prozent in uns selbst.

Betrachten wir die Welt mit Optimismus, dann werden wir immer genügend Gründe dafür finden, zumal der Optimismus (wie der Pessimismus) eine Zukunftskategorie und damit sowieso unabhängig von der Gegenwart ist. Optimistisch kann man nämlich auch in düstersten Zeiten sein.

Betrachten wir jedoch die Welt mit Pessimismus, dann werden wir auch für diese Einstellung stets so viele Beweise finden, dass wir nicht genötigt sein werden, unserem Pessimismus abzuschwören. Und selbst wenn augenblicklich die Engel singen, dann heißt das noch lange nicht, dass nicht morgen schon ein fürchterlicher Absturz kommen kann.

Schauen wir nur auf die Wortmeldungen am Aktienmarkt. Ein Gottfried Heller beispielsweise verliert auch im größten Crash niemals seinen auf ewig verinnerlichten Glauben an die Stabilität unserer Welt, wohingegen alle Leuschelies dieser Welt, die Konstanzer Kreise, Elliottwellen-Untergeher und alle sonstigen „abgespacten“ goldgehörnten Inflation-Deflation-völlig-egal-Hauptsache-es-knallt-Tieftaucher in jeder schlechten Nachricht bereits den Fingerzeig des Jüngsten Gerichtes erblicken.

So ist es eben. Das muss man wissen. Das ist das Wichtigste. Alles andere ist dabei völlig zweitrangig. Wie hat doch der US-Börsianer David Dreman, der unter dem Pseudonym „Adam Smith“ viele Bücher veröffentlicht hat, so unübertrefflich geschrieben: „Wenn Sie nicht wissen, wer Sie sind, dann ist die Börse ein kostspieliger Ort, es zu lernen.“ Dem bleibt nichts hinzuzufügen.


Quelle: instock

OMI 06-09-2004 22:41

Der Grundstein für Börsengewinne
09:55 06.09.04



Der beste Spruch, der aus meiner Sicht jemals über die Börse gemacht wurde, stammt von dem US-Börsianer David Dreman, der unter dem Pseudonym „Adam Smith“ viele Bücher veröffentlicht hat, und lautet: „Wenn Sie nicht wissen, wer Sie sind, dann ist die Börse ein kostspieliger Ort, es zu lernen.“

Keine Aussage über die Börse trifft den Kern des Ganzen besser. Keine Aussage ist mehr Geld wert als diese. Allerdings wird auch keine Aussage mehr unterschätzt als diese.

Die meisten Leute, die an der Börse spekulieren, glauben, dass die anderen mehr wissen als sie selbst. Das ist ein fataler Fehlschluss. Ein noch fatalerer Fehlschluss ist es jedoch, zu glauben, dass man über das Beschaffen von Informationen klüger wird über die Zukunft. Denn das ist nur die eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist die Selbstreflexion, wie man selbst diese Informationen intern verarbeitet – im Besonderen die Meinungen von anderen. Diese Seite zu vernachlässigen wäre das Gleiche wie mit geschlossen Augen durch die Welt zu gehen und sich nur auf das Gehör zu verlassen. Doch wie leicht erleidet man dabei einen Unfall.

Ich bekomme derzeit viele Mails von besorgten Lesern, die glauben, dass wir bald den Untergang unseres abendländischen Finanzmarktes erleben werden. Ich verstehe diese Ängste durchaus, denn auch mich haben sie lange Zeit dominiert. Doch mittlerweile merke ich, dass meine Anfälligkeit für derartige Ängste nicht mit den real erhältlichen Informationen, sondern vielmehr mit meiner innerlichen Befindlichkeit korreliert. Und das zieht ihnen die Wurzel!

Was ich mir in der Kopf setze, das halte ich auch durch. Als Reagan in den USA in den Achtziger Jahren an die Macht kam, hielt ich das für positiv. Und hielt an meinen Dollarpositionen fest bis ich fast Pleite war. Mein Grundvertrauen in die Welt ist nicht erschüttert. Das passiert erst 1987. Jetzt denke ich auch an den Untergang – und werde diesen Gedanken nicht mehr los.

Doch bald erklimme ich die nächste Stufe der Reflexion und merke, dass meine inneren Befindlichkeiten keinesfalls Reaktionen auf die Außenwelt, sondern vielmehr ausschließlich Reaktionen auf meine eigene Innenwelt sind. Jetzt sind wir zu hundert Prozent im Bereich der Psychologie. And I´m not going to tell you what I found. Es ist jedoch immer die innere Prädisposition, die bestimmt, was wir in der äußeren Welt erwarten.

Wer damit großgeworden ist, dass alles immer wieder in Ordnung geht, der erwartet dies auch weiterhin. Bei wem jedoch Katastrophen aufgetreten sind, der wird sich aus Angst davor immer wieder nach Katastrophen sehnen - so platt und paradox sich das auch immer auf den ersten Blick anhört. Und wer beides erlebt hat, wird für beide Welten offen sein, wird hin- und herschwanken zwischen den Welten. Und genau diese innere Schwingung gilt es herauszuarbeiten. Sie sind allen Marktschwingungen vorgelagert. Die Analyse der Wellen an den Märkten alleine bringt daher gar nichts. Wirkliche tragfähige Erkenntnisse entstehen erst dann, wenn man weiß, auf welche innere Resonanz das stoßen wird, was man möglicherweise in der Welt der Märkte an Informationen finden wird.

Mit den besten Grüßen
Bernd Niquet

Börsengeflüster 07-09-2004 04:42

:top: Sehr interessanter und guter Artikel!

Starlight 08-09-2004 20:44

Die Kurse werden steigen
Von Bernd Niquet

http://mdb.instock.de/files/241.jpg

Liebe Leser, seien Sie nicht traurig. Die nächste Hausse wird kommen! Sie wird genauso sicher kommen wie der nächste Sommer nach dem anstehenden Winter. Es ist nur einfach eine Frage der Zeit. Börsenhaussen sind in ihrem Eintreffen allerdings nicht ganz so verlässlich wie die Jahreszeiten.

Dass die Börse derzeit nicht richtig läuft, ist kein Wunder. Die Menschen sind noch verschreckt von den Verlusten der Baisse. Es muss erst einmal nachgeladen werden. Die Börse muss sich schön machen. Sie muss sich die Silikonscheiben unter die faltigen Brüste schieben, die Lippen aufblasen, das Make-up eintätowieren, die Falten spannen und den Hintern liften.

Die nächste Hausse wird kommen – so sicher wie das Amen in der Kirche. Denn die Menschen sind dämlich wie die Schweine. Deswegen kann man ihnen auch alles verkaufen. Alles. Wenn es nur bunt ist, süß schmeckt, in Mode ist oder eben einfach geil macht. Man kann ihnen alles verkaufen – doch manchmal braucht es eben ein bisschen Zeit.

Wer an der Börse gewinnen will, muss daher in Zeiten wie diesen einsteigen. Und dann die Papiere vergessen. Wegschließen und nicht mehr beachten. Und wenn sich dann die schweinedumme Masse wieder einmal auf die Börse wirft, dann langsam anfangen zu geben.

Sie glauben mir nicht? Schauen Sie sich doch nur einmal das Fernsehen an. Schauen Sie aber nicht täglich, denn dann gewöhnen Sie sich an den Unsinn – und werden selbst schweinedumm. Schauen Sie ... vielleicht einmal im Monat! Und dann werden Sie mir sofort Recht geben. Man kann der schweinedummen Masse alles verkaufen. Wirklich alles. Und manchmal muss es nicht einmal bunt sein, süß schmecken oder in Mode sein. Manchmal reicht es schon aus, wenn es einfach nur geil macht.

Doch das braucht seine Zeit. Meistens ein paar Jahre. So viel Geduld muss man haben. Denn die dummen Schweine haben das nicht. Schweineleben sind nämlich kurz, genauso kurz wie das Gedächtnis der meisten Menschen.

Quelle: instock

Börsengeflüster 08-09-2004 20:49

Hahahaha grunz grunz :D
http://www.mini-schweinchen.de/mv_schwein029.gif
Herrlich klasse Artikel. :lk::lk:

OMI 20-09-2004 14:00

[ Montag, 20.09.2004, 11:49 ]
Vom Tiger gebissen

Von Bernd Niquet

Was um Gottes Willen ist nur los? Da bin ich einmal eine Woche weg – und plötzlich scheint sich alles geändert zu haben. Oder war ich länger weg? Oder hat sich alles schon länger geändert? Und ich habe es nicht gemerkt?

Am Freitag Abend wollte ich mich wieder einmal so richtig informieren. Und habe die n-tv Telebörse angeschaltet. Denn das heißt: Information, Information, Information. Und natürlich habe ich auch aufs Pushen gewartet. Denn wann will man pushen, wenn nicht jetzt? So phantastisch aufwärts in den letzten Wochen, kurz vor den 4.000 im Dax – also pushen, pushen, pushen. Wie soll der Markt sonst über die Hürde kommen? Das ist doch auch nicht anders als im Fußballstadion.

Doch an Stelle der Telebörse gibt es ein „Special“ über die Karnevals-Artisten „Siegfried und Roy“, wie sie vom Tiger gebissen werden. Dabei ist das doch schon eine ganz alte Geschichte. Das müssen Sie sich jetzt einmal bildlich vorstellen: Da will man Informationen über den Aktienmarkt – und statt dessen wird einem vom Tiger in Kopf gebissen. Ich meine das jetzt nicht nur persönlich. Denn wo wollen wir nur hinkommen, wenn jetzt statt Informationen über Aktien immer nur Berichte über Tiger gesendet werden, die in Köpfe beißen.

Irgendwann wird das dann auch einmal langweilig. Immer nur Tiger, die in Köpfe beißen. Bei den Aktien weiß man dagegen nie im Voraus, wen sie einmal beißen werden. Die Letzten sollen ja die Hunde beißen. Und die Ersten werden anscheinend vom Tiger gebissen. Es ist also derzeit nichts mit dem Pushen. Wir puschen uns lieber erst einmal in die Hose – und gucken uns an, wie es ist, vom Tiger gebissen zu werden. So wird der Markt sicherlich länger brauchen, die Hürde zu überwinden.


Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
Quelle: instock

Tester32 21-09-2004 12:30

Zitat:

Original geschrieben von Bernd Niquet
Die nächste Hausse wird kommen! Sie wird genauso sicher kommen wie der nächste Sommer nach dem anstehenden Winter. Es ist nur einfach eine Frage der Zeit.
Stimmt.

Zitat:

Dass die Börse derzeit nicht richtig läuft, ist kein Wunder. Die Menschen sind noch verschreckt von den Verlusten der Baisse. Es muss erst einmal nachgeladen werden. Die Börse muss sich schön machen. Sie muss sich die Silikonscheiben unter die faltigen Brüste schieben, die Lippen aufblasen, das Make-up eintätowieren, die Falten spannen und den Hintern liften.
Fragt sich, wie lange die Dame dafür brauchen wird. Wir wissen ja, wie lange Frauen für ihr Make-Up brauchen! :D

Zitat:

Die nächste Hausse wird kommen – so sicher wie das Amen in der Kirche. Denn die Menschen sind dämlich wie die Schweine. Deswegen kann man ihnen auch alles verkaufen.
Aber nur einmal pro Generation, denn selbst Schweine sind lernfähig. Ih dieser Generation werden sie den Neuen Markt wohl nicht mehr kaufen. :D

Zitat:

Man kann ihnen alles verkaufen – doch manchmal braucht es eben ein bisschen Zeit.
Ja, so um die 20-40 Jahre.

Zitat:

Wer an der Börse gewinnen will, muss daher in Zeiten wie diesen einsteigen. Und dann die Papiere vergessen. Wegschließen und nicht mehr beachten.
Damit die Verluste nicht weh tun. Oder man nicht traurig ist, nach 25 Jahren nichts verdient zu haben.

Zitat:

Und wenn sich dann die schweinedumme Masse wieder einmal auf die Börse wirft, dann langsam anfangen zu geben.
I...t! In 25 Jahren werden ganz andere Papiere in Mode sein! Wer will schon heute den Technologiewert RSI aus Ende der 1920er? :lk:

Zitat:

Sie glauben mir nicht?
Doch! Wir glauben Dir! Wie die Schweine! :lk:

Zitat:

Schauen Sie sich doch nur einmal das Fernsehen an. Schauen Sie aber nicht täglich, denn dann gewöhnen Sie sich an den Unsinn – und werden selbst schweinedumm. Schauen Sie ... vielleicht einmal im Monat!
Nee, nee, nee, Bernd! so häufig fernzusehen kannst Du von mir nicht verlangen! Dafür werde ich nicht bezahlt!

Zitat:

Und dann werden Sie mir sofort Recht geben.
Oder auch nicht.

Zitat:

Man kann der schweinedummen Masse alles verkaufen. Wirklich alles. Und manchmal muss es nicht einmal bunt sein, süß schmecken oder in Mode sein. Manchmal reicht es schon aus, wenn es einfach nur geil macht.
Da spricht ein Wodka-Kenner! Schmeckt nicht süß und ist nicht in Mode. Hat aber eine geile Wirkung. Wie Geld, denn eigentlich ist das Barlose Geld ja auch nur eine Zahl auf einem tristen Konto-Zettel.

Zitat:

Doch das braucht seine Zeit. Meistens ein paar Jahre.
Nach Neuer Markt-Eurphiroen sogar Jahrzehnte.

Zitat:

So viel Geduld muss man haben.
Nö, das sehe ich nicht so. Kann man, muß man aber nicht.

Zitat:

Denn die dummen Schweine haben das nicht. Schweineleben sind nämlich kurz, genauso kurz wie
das Berufsleben eines Börsenschreiberlings?

Zitat:

Quelle: instock
Gelesen und kommentiert auf: TBB

OMI 30-09-2004 10:15

[ Mittwoch, 29.09.2004, 15:45 ]
Martin Weiss und der Vulkanausbruch
Von Bernd Niquet


Martin Weiss ist ein Crash-Prophet mit ausgeprägter Vateridentifikation. Weil sein Vater nach 1929 in der Weltwirtschaftskrise mit einer konsequenten Cash-Strategie sein Vermögen gerettet hat, und dieser Vater immer noch übermächtigt in ihm drinsteckt, glaubt der Filius heute, dass ihm die Vorsehung ein identisches Schicksal auserkoren hat.

Die Wege, wie sich ihm diese Prophezeiung offenbart, sind abenteuerlich (und fast schon mit der Bibel vergleichbar). Ich habe den folgenden Beitrag aus dem „Investor´s Daily“ in meinem Ordner „Bauernfänger“ abgespeichert und zitiere ihn hier (Quelle: investor-verlag.de). Bilden Sie sich bitte ihr eigenes Urteil:

„Vor einigen Tagen blätterte ich mit meinem Neffen in einem Buch über Vulkane. Genau wie er war ich auf der Stelle fasziniert von den Bildern und schaurigen Erzählungen ...
Zum Beispiel der Geschichte vom Ausbruch des Vesuv. Pompeji, 24. August 79 n. Chr.: ein milder, sonniger Herbsttag in der römischen Hafenstadt. Auf den Straßen herrscht reges Leben – Händler preisen lautstark ihre Waren an, feilschen und machen gute Geschäfte. Im Hafen warten zahlreiche Schiffe darauf, beladen zu werden und auszulaufen.
Kaum eine Stelle in der Stadt, an der nicht gebaut wird – prachtvolle Anwesen, die den Reichtum selbstbewusst zur Schau stellen. Die Bevölkerung ist wohlhabend, denn das milde Mittelmeerklima sorgt für reiche Ernten an Obst, Wein und Gemüse. Ein ausgesprochen SCHÖNER TAG – niemand denkt in diesen Stunden an das schwere Erdbeben, das die Stadt vor 13 Jahren so schwer verwüstete.
Doch in den Tiefen des 1.800 Meter hohen Berges brodelt es gewaltig. Keiner ahnt, dass die Katastrophe vor 13 Jahren nur der Vorbote einer noch viel schrecklicheren TRAGÖDIE sein würde ...
Plötzlich – scheinbar aus dem Nichts und ohne jegliche Vorwarnung – ist es so weit: Ein Beben erschüttert den Boden, gefolgt von einem gewaltigen Donnerschlag. Eine ungeheure Explosion sprengt den Gipfel des Berges weg. Eine tiefdunkle Feuersäule steigt kilometerweit herauf. Tonnen von Steinen fliegen durch die Luft, eine Wolke von giftigen Gasen fegt über die Bewohner hinweg. Wer kann, versucht zu fliehen, doch es ist zu spät – alle Einwohner werden unter einer dicken Schlammschicht begraben.
Die Parallelen sind erschreckend: POMPEJI im Jahre 79 n. Chr. – die internationalen Finanzmärkte heute. Warum ich Ihnen das erzähle? Ganz einfach – weil dieses Bild perfekt die augenblickliche Lage an den Finanzmärkten darstellt. Entspannt, keine großen Ausschläge nach oben oder unten, ein angenehmes Klima für Geldanlagen. So jedenfalls der SCHEIN ...“


Vom Standpunkt der Logik her ist das wirklich bizarr. Weil einmal in der Geschichte „b“ aus „a“ gefolgt ist, wird geschlossen, dass eine beliebige Beobachtung von „b“ sofort den Schluss auf „a“ als Ursache zulässt. Also: Gibt es mittags Fisch, dann steigt die Börse. Gibt es hingegen Fleisch, dann muss man schnell besser verkaufen. Und ganz schlimm wird es dann, wenn es zum Nachtisch Ziegenkäse in der Aschenkruste gereicht wird.


Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.


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OMI 04-10-2004 15:24

[ Montag, 04.10.2004, 16:03 ]

Die Hürde genommen
Von Bernd Niquet

Na bitte, jetzt sieht es ja gar nicht so schlecht aus an den Börsen. Die 4.000 im Dax sind geknackt, der neuralgische Börsenmonat September ist vorbei und die Fahrt nach oben erst einmal frei. Und ich kann mir nicht helfen, je länger ich dabei bin, umso mehr überzeugt mich all das, was André Kostolany in seinen Büchern geschrieben hat. Es hat mich schon immer überzeugt, doch richtig verinnerlichen kann man alle Dinge eben nur durch eigenes Erleben.

Dieses ewige Hin und Her nutzt nichts. Natürlich kann es immer Unvorhersehbares geben, doch wenn man überzeugt ist, dass prinzipiell nichts Schlimmes droht, dann muss man bei seiner Meinung bleiben. Das Problem dabei ist nur, dass immer und ständig Schlimmes droht. Doch auch das ist wiederum eine Erfahrenssache. Viele der Newcomer an der Börse, die in den letzten Jahren dazu gekommen sind, lassen sich von vielen Entwicklungen irritieren. Wer hingegen schon länger dabei ist, weiß, dass die Themen, die gegenwärtig als so tragisch angesehen werden, schon seit mehr als 20 Jahren existieren.

Am interessantesten finde ich dabei immer die Kostolany-Erfahrung, dass die besten Gewinne nicht aus kurzfristigem Handeln entstehen, sondern aus den Positionen, die man schlicht vergessen hat. Ich habe dieses Jahr ja extrem gegen meine eigenen Prinzipien verstoßen und meine Aktienquote deutlich herunter gefahren, als alle Welt von den 3.200 im Dax sprach. Und jetzt kaufe ich teurer wieder zurück. Doch die richtigen Gewinne stecken im Vergessenen. Die Biotechs beispielsweise haben etwa 40 Prozent dieses Jahr gemacht. Die alten Rüstungsaktien auch. Und selbst die Ölwerte, die ich zwischenzeitlich schon abgeschrieben=vergessen habe, machen in der Spitze genauso viel Plus.

Es geht also wirklich nur mit Geduld. Und mit Geld. Nur mit Geld kann man Geld machen. Ohne Geld werden nämlich nur Schulden zurück bleiben. Mit Optionsscheinen ist noch niemand reich geworden. Außer den Banken, die diese emittieren.


Am Mittwoch wird meine Kolumne ausfallen, so dass die nächste Kolumne am Freitag an dieser Stelle erscheinen wird.

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OMI 11-10-2004 20:15

[ Montag, 11.10.2004, 15:46 ]
Wie man es nicht macht

Von Bernd Niquet


Lernen kann man an der Börse und im Leben immer nur aus Fehlern. Aus eigenen und aus denen von anderen. Letzteres ist billiger, aber längst nicht so effektiv wie ersteres.

Am Wochenende schrieb mir jemand: „Sie sollten sich und Ihren Lesern die Kommentare ersparen. Bei mir tragen Ihre Beiträge zu meiner Belustigung bei. Entschuldigen Sie, aber Sie vermitteln den Eindruck, als ob Sie keine Ahnung hätten.“ Ich ahnte sofort, dass ich hier einen dicken Fisch an der Angel und Post von einem richtig erfolgreichen Börsianer bekommen habe, der seine Zeit nicht vertrödelt, sondern nur auf Basis von geldwerten konkreten Tipps handelt.

Ich habe mich herzlich für die Mail bedankt und geschrieben, dass ich mich gefreut habe, dass er meine Kommentare trotzdem liest, obwohl er sie gar nicht mag.

Daraufhin hat er zurückgeschrieben: „Dear Mr. Niquet, danke für die Links. (Er meint die Links zu meinen Kolumnen, die in der Signatur jeder Mail von mir zu finden sind.) Meinen gewonnenen Eindruck kann ich dennoch zur Zeit nicht revidieren. Ihre Kommentare waren mir bisher nicht aussagekräftig und zu allgemein. Es hat jedoch den Anschein, daß Sie sich im Markt schon etwas länger "tummeln". Ich hoffe mit Erfolg.“

So weit, so gut. Jeder muss sich sein eigenes Urteil bilden. Und dann wird er konkret: „Nun wollen wir doch einmal abwarten, ob der Dax morgen (also heute) sein gab (er meint „gap“) bei 3.996 schließen wird. Mit der Vorgabe aus NY und dem weiter anziehenden Ölpreis sollte dies der Fall sein. Mittlerweile laufen die Raffinerien auch in Deutschland leer und sind auf Produktensuche. Im Hinblick auf den bevorstehenden Winter kein gutes Zeichen. Ich frage mich zudem, wer bei dem hohen Ölpreis Bestände aufbaut. Immer mit der Angst im Nacken, es kommt zu einem Crash. Somit werden wir wohl mit weiterhin niedrigen US- und Europa-Beständen leben müssen. Kein gutes Zeichen für eine steigende Aktienbörse. Bisher ist es den Börsianer erfolgreich gelungen, die hohen Ölpreise zu verdrängen. Warten wir mal ab, ob dies bei $60,-- WTI auch noch der Fall sein wird. Größere Ölhändler können aufgrund ihrer Kreditlinie nicht mehr die Mengen an Öl bewegen wie in früheren Zeiten. Auch hier droht Ungemach. Mit Chance werden die Amis die Börse bis zum 2.11. stabilisieren. Obwohl der Markt dort schon technisch angeschlagen ist. Also, meine Empfehlung an Sie. Stopp-loss Orders setzen.“

Ich bin sicher, dass dieser Starbörsianer in ein paar Jahren, vielleicht auch schon in ein paar Monaten, nichts mehr mit der Börse zu tun haben wird. Wer so wenig über den Tellerrand schauen kann und immer nur nachplappert, was die anderen vorplappern – und sich dann auch noch etwas darauf einbildet – wird früher oder später zu Hundefutter und Krokodilstuhlgang verarbeitet. Dieses Schicksal ist zwangsläufig. Man kann ihm nur entkommen, indem man versucht, über die Aktualität hinaus zu denken – und dementsprechend zu handeln. Dann hat man eine gute Chance auf Erfolg, kann jedoch trotzdem scheitern. Aber man hat wenigstens die Chance, erfolgreich zu sein. Wer hingegen nur in die Suppenschüssel schaut, wird über kurz oder lang auch genau dort landen.


Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.


Quelle: instock

Börsengeflüster 11-10-2004 21:15

Hohes Niveau Herr Bernd Niquet :top: :)

Ähnliche Erfahrungen habe ich ebenfalls schon gemacht! Es ist doch immer wieder das gleiche Spiel :D

OMI 14-10-2004 10:56

[ Mittwoch, 13.10.2004, 15:42 ]

Manipulativer Journalismus
Von Bernd Niquet

Gibt es eigentlich einen objektiven Journalismus? Den Versuch, die Welt vorurteilsfrei zu beobachten und darüber zu schreiben? Oder ist die Meinungshuberei – ob aus Zeitgeiststreben oder von einem Auftraggeber bezahlt – mittlerweile bis in die letzte Ritze des Geschriebenen vorgedrungen?

Kolumnen hingegen müssen subjektiv sein. Und so habe ich nie ein Hehl daraus gemacht, nichts vom Gold zu halten. Weil ich glaube, dass wir uns in stabil-disinflationären Zeiten befinden und daher keines der beiden fürs Gold so wichtige Szenarien aktuell ist.

Gestern hat die Tageszeitung „Die Welt“ einen Artikel der Nachrichtenagentur „Bloomberg“ über das Gold abgedruckt. Ich werde im Folgenden den ersten Teil dieses Artikels wiedergeben und dabei kommentieren. Denn es handelt sich hier um ein treffliches Beispiel der Beeinflussung von unbedarften Lesern. Unter dem Deckmantel der Objektivität wird hier knallharte Meinungsmache betrieben. Meine Kommentare habe ich jeweils in Klammern gesetzt.

Gold bleibt wegen der hohen Ölkosten im Aufwind

Seattle - Der Goldpreis wird weiter steigen. (Ein unglaublich frecher Einstieg. Stellt dieser Satz eine gesicherte Information dar? Oder ist er Spekulation? Ein Wunsch? Und was wird damit bezweckt?) Von der Nachrichtenagentur Bloomberg befragte Händler rechnen auch für diese Woche mit einem Anziehen des Goldpreises – es wäre die sechste Woche in Folge. (Eine Händlerumfrage darf man nicht als Beleg für zukünftige Preise nehmen. Das ist entweder dumm oder geschieht mit der Absicht, ein Ziel damit zu erreichen.) Die Händler spekulieren darauf, dass die Nachfrage nach dem Edelmetall angesichts der hohen Treibstoffkosten steigen wird, da sich immer mehr Investoren gegen eine drohende Inflation absichern. (Diese Logik ist hingebogen und trägt nicht. Hohe Treibstoffkosten können zu gestiegenen Kosten führen. Eine Inflation ist aber stets ein kumulativer Prozess. Das weiß jeder Erstsemester-Student an der Universität.)

Zweiundzwanzig von insgesamt 43 befragten Händlern, Investoren und Analysten raten, Gold zu kaufen, 14 empfehlen den Verkauf und sieben sind neutral. Seit Anfang September kletterte der Goldpreis 5,5 Prozent, während der Ölpreis 21 Prozent bis auf 53,40 Dollar hochschnellte. Die steigenden Kosten für Heizöl, Dieselkraftstoff und Erdgas werden das Wirtschaftswachstum der USA voraussichtlich bremsen und die US-Notenbank Federal Reserve veranlassen, das Tempo bei den Zinserhöhungen zu drosseln. (Woher weiß der Autor das? Ersteres liegt sicherlich nahe, letzteres ist jedoch völlig ungewiss. Hier zu schreiben „werden ... die US-Notenbank Federal Reserve veranlassen“ ist eine falsche Tatsachenbehauptung. Hier darf man einen Marktteilnehmer nennen, der dies behauptet, oder man darf schreiben, dass man selbst der Meinung ist. Ein subjektives Statement dazu ist also erlaubt. Doch eine objektive Aussage ist eine Irreführung – bewusst oder unbewusst.)

"Höhere Ölpreise heizen ganz klar die Inflation an", sagt Stephen Leeb, Vermögensverwalter bei Leeb Capital Management. "Gleichzeitig zwingen sie die Fed, die Zinsen niedriger zu halten, als sie eigentlich wollte. Sie sind außerdem dafür verantwortlich, dass sich unser Handelsdefizit verschlimmert. Diese drei Punkte wirken sich alle unterstützend auf den Goldpreis aus." (Na bitte, das ist in Ordnung. Es wird jedoch durch die vorangeschobene Tatsachenbehauptung suggeriert, dass dieser Marktteilnehmer mit seiner Meinung auch Recht hat. Die eine Aussage stützt hier die andere. Eine gegenteilige Meinung wird nicht genannt. Das ist billig, ist kein Journalismus, sondern nicht mehr als Propaganda. Der Leser soll nicht informiert werden, sondern es wird eine vorgefertigte Meinung mit Nennung von Tatsachen unterfüttert. Es werden keine Informationen geliefert, damit der Leser sich ein Urteil bilden kann, sondern es werden Vorurteile gestützt.)


Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.

Quelle: boersego

OMI 19-10-2004 15:13

[ Montag, 18.10.2004, 15:49 ]
Der Aufschwung - wo?
Von Bernd Niquet

Wo wir gerade schon bei den Journalisten waren. Machen sich wichtig, schwadronieren durch die Gegend, mauscheln herum, halten sich für wichtig, verbringen ihre Abende auf Kosten anderer mit diesem Wichtigsein – doch bis auf wenige Ausnahmen kommt dann nur Mist heraus. Können nicht verstehen, wollen nicht verstehen.

Die „Welt am Sonntag“ titelt ihre neueste Ausgabe „Aufschwung geht schon wieder zu Ende“. Welche Manpower und Kreativität hier wohl stundenlang zusammen gesessen hat, um dieses Geniestück zu Wege zu bringen? Oder ist das nur ein paar Vollalkoholikern durchgerutscht?

In keiner anderen Zeitung wird auf fast jeder Seite einmal über die Soziale Marktwirtschaft lamentiert und Ludwig Erhard gepriesen. Immer wieder Ludwig Erhard, die Soziale Marktwirtschaft und wie gut das alles war. Ludwig Erhard selbst hätte diese Schreiberlinge sicherlich in der Luft zerfetzt, denn Erhard wusste viel zu gut, dass die Wirtschaft fast ausschließlich Psychologie ist. Und welche Wirkung derartige Schlagzeilen auf das Abspringen der Binnenkonjunktur haben, kann sich jeder selbst beantworten. Ein Rattenpack.

Dabei ist es auch völlig falsch, was hier berichtet wird. Wir haben gar keinen Aufschwung gehabt, weshalb er auch nicht zu Ende gehen kann. Hier wird noch in den alten Kategorien der Inflationszeit gedacht. Im Zuge des Endes der Inflation ist aber auch der Konjunkturzyklus tot. Wir schwanken seit Jahren um ein Miniwachstum. Und das wird auch auf absehbare Zeit so bleiben. Doch ein „Anspringen“ der Konjunktur von einem Prozent Wachstum auf zwei Prozent ist genauso wenig ein Aufschwung wie ein Rückfall auf ein Prozent das Ende eines Aufschwunges darstellt.

Doch das muss man erst einmal begreifen. Und man muss es auch begreifen wollen. Wir befinden uns in einer völlig neuen Zeit, in der die Gesetzmäßigkeiten der jüngsten Vergangenheit keinen Bestand mehr haben. The trend was our friend. But now he is dead.


Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.


Quelle: instock

OMI 05-11-2004 10:54

[ Donnerstag, 04.11.2004, 15:00 ]
Ein neuer alter Anfang

Von Bernd Niquet


An der Uni hatte ich einmal einen Kollegen, mit dem wir oft zu Popkonzerten gegangen sind. Wenn wir dann hinterher gefragt haben, wie es ihm denn gefallen hat, hat er stets geantwortet: „Wie erwartet.“ Ein armer Kerl also, keinerlei Emotionen, keinerlei Begeisterung, niemals eine Enttäuschung – ausschließlich vom Verstand geleitet.

Daran musste ich denken als ich den Ausgang der US-Präsidentschaftswahl gesehen habe. Denn für mich war das eine völlig emotionslose Geschichte. Und sie ist ausgegangen: „Wie erwartet.“ Keine Hängepartie, Bush hat gesiegt und die Börsen gehen sofort zur Tagesordnung über.

Als Amerikaner hätte ich bestimmt Kerry gewählt. Doch als Europäer bin ich sehr froh über diese Wahl, dass die USA weiter eine harte Linie fahren. Und wir uns wieder gemütlich vor den Ofen packen, Kritik vor uns hinbrabbeln können – und trotzdem wissen, dass da jemand ist, der für uns die Kartoffeln nicht verbrennen lässt. Freerider nennt man so etwas jenseits des Atlantiks. Und ich finde es herrlich.

Jetzt müssen nur noch die Börsen ein Stück weit nach oben gehen – und wir leben wieder in der besten aller Welten. Wie lange das allerdings gut gehen wird, weiß ich nicht. Über den Jahreswechsel sollte man, so denke ich, gut investiert sein. Im Frühjahr könnte es dann allerdings problematisch werden, wenn sich die Zuwachsraten des Wirtschaftswachstums weiter abschwächen. Doch so weit ist es ja lange noch nicht. Genießen wir erst einmal die Weihnachtszeit!


Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.


Quelle: instock

621Paul 08-11-2004 10:06

Die verzweifelte Suche nach Inhalten
 
Montag 08.11.2004

Von Dr. Bernd Niquet

Ich bin kein Christ - und schon gar kein "wiedergeborener
Christ" wie George W. Bush. Ich weiss nicht einmal genau, was
das ist. Meine Beobachtung ist es, dass es das Schwerste fuer
den Menschen ist, den Tod zu akzeptieren und zu begreifen,
dass unser Leben keinen hoeheren Sinn hat, sondern dass wir
uns den Sinn immer nur selbst geben koennen.

Ich denke, dass das einer der entscheidenden Gruende fuer die
Wiederwahl von George W. Bush war. Die Leute wollen ein Ge-
gengewicht zum "sinnlosen" Kapitalismus haben. Die Religion
findet wieder verstaerkt Zulauf - und auch das Bekaempfen von
Terroristen macht ja einen "Sinn". Jedenfalls mehr als ueber
die Staatsverschuldung und das Gesundheitssystem zu streiten
und zu wissen, dass sich letztlich dabei ja sowieso nichts
aendert.

Die Welt ist so gross und so sinnlos, dass es den meisten
Menschen nicht leicht faellt, sich in ihr zu orientieren. Die
Totalitaet unseres Seins kann einen ziemlich leicht erschla-
gen. Es ist daher viel einfacher, die Komplexitaet auf das
simpelste Mass zu reduzieren. An der Boerse beispielsweise
erleben wir das in Reinform. Waehrend in der Wissenschaft nur
derjenige wirklich mitdiskutieren kann, der die ganze Theorie
gelernt und verstanden hat, kann an der Boerse jeder voellig
frei seinen eigenen Sinn (er)finden.

Ich bin dabei immer an Skinners Taubenexperiment erinnert,
bei dem in eine Anzahl von Kaefigen jeweils eine Taube einge-
sperrt ist - und in jeden Kaefig voellig zufaellig Futter
hinein faellt. Die Tauben denken - wie wir Menschen - dass
hier eine Ursache dahinter steht und dass ihr Verhalten zum
Zeitpunkt des Hereinfallens des Futters (beispielsweise den
Fluegel zu schlagen oder auf einem Bein zu huepfen) ursaech-
lich dafuer ist. Und es folglich sinnvoll ist, dieses Verhal-
ten zu wiederholen. Und so sieht man dann lauter verrueckt
herumhuepfende und fluegelschlagende Tauben. Ganz genauso wie
an der Boerse - und auch im normalen Leben sonst.

Das beginnt bereits im Kindergarten. "Wie lange ist denn der
Drache tot, den der Prinz erstochen hat?" fragt mich meine
Tochter immer nach dem Anschauen des Dornroeschen-Films. Ich
versuche ihr stets zu erklaeren, dass der Drachen fuer immer
tot ist, doch dann kommt sie aus dem Kindergarten und sagt:
"Die Vanessa hat gesagt, dass man wieder aufwacht, wenn man
tot ist." Vielleicht sind ihre Eltern ja wiedergeborene
Christen wie George W. Bush. Dann ist die Welt natuerlich
viel einfacher als wenn man sie nimmt, wie sie wirklich ist.

Und wenn ich dann manchmal einige vermeintlich kritische
Boersenzeitschriften und Boersenbriefe anschaue, dann muss
ich immer an den Mann denken, der vor einiger Zeit in grossen
Anzeigen und Vortragskampagnen behauptet hat, dass die ganze
Schulmedizin vollkommener Unsinn ist - und man durch die ein-
fache Einnahme von Vitamin C Herzinfarkte und anderes viel
besser bekaempfen kann. Ein ausgebildeter Mediziner wird hier
nicht einmal hingehoert haben. Und genauso geht es den ausge-
bildeten Oekonomen, wenn sie das ganze Zeug lesen, welches
die vermeintlich so kritische Boersenpresse stets von sich
gibt. Dass George W. Bush die Welt ruinieren wird, dass Alan
Greenspan keine Ahnung hat ... Vielleicht koennen wir die
Weltwirtschaft ja auch mit Vitamin C heilen. Das waere doch
eine schoene und einfache Loesung.

++++++

Bernd Niquet ist Boersenkolumnist und Buchautor.

621Paul 10-11-2004 14:42

Dem Wahnsinn nahe
 
Beim Nachdenken über die Börse ist man oft dem Wahnsinn nahe.

Was wird nun mit der Börse? Weiter hoch, wie alle es erwaten? Bereits in meiner letzten Kolumne habe ich aufgezeigt, wie paradox die Börse zu jedem Zeitpunkt ist und sein muss. Wenn alles klar ist, ist nichts mehr klar. Untersucht man das einmal logisch-theoretisch, dann merkt man, dass jede Aussage, die innerhalb eines Systems über das System als Ganzes gemacht wird, paradox werden kann.

Das bekannteste Beispiel für diesen Sachverhalt ist der bekannte Ausspruch von Epimenides dem Kreter, der sagt: „Alle Kreter lügen.“ Denn wenn dieser Satz richtig ist, dann ist er falsch (weil er ja gelogen wäre). Und wenn er falsch ist, dann ist er richtig (weil ja alle Kreter lügen). Man befindet sich hier also in einer Situation, die paradox und unentscheidbar ist. Sprich: Man kommt nicht weiter, befindet sich in einem Kreisprozess und unentrinnbaren Zirkel.

Ganz allgemein treten immer dann Probleme auf, wenn innerhalb von etwas Gedachtem ein eigenständiges Denken auftaucht. Deswegen lässt sich auch das Denken selbst in unserem wissenschaftlichen Weltbild nicht thematisieren. Das, was wir von der Wirtschaft und der Börse wissen, ist eine von uns vorgestellte Struktur, in der aus logischen Gründen nichts und niemand Platz hat, der sich selbst Vorstellungen machen kann.

Aus diesem Grunde können wir in der Wirtschaft und an der Börse keine Vorhersagen machen. Und aus diesem Grunde ist unser wirtschaftliches Weltbild statisch und nicht in der Lage, die Dynamik des Geschehens angemessen zu erfassen. Denn schließlich ist es ja das täglich neue Denken und Vorstellungen-Machen von Millionen Menschen, was die Wirtschaft und die Börse nach vorne treibt. Und genau das ist innerhalb unserer gesamten Theorie nicht zu erfassen.

Ich habe über diese Thematik meine Dissertation geschrieben, habe fünf Jahre dafür gebraucht und bin zwischendrin fast wahnsinnig geworden. Gegenwärtig lese ich meine alten Tagebücher aus dieser Zeit und bin dabei auf das Protokoll eines interessanten Selbstexperiments gestoßen: Als ich zwischenzeitlich (im Jahr 1988) wirklich nicht mehr weiter kam, diese Struktur in den Griff zu bekommen, habe ich mir von einem Freund einen Joint drehen lassen, heftig inhaliert und anschließend aufgeschrieben, was sich dabei für Erkenntnisse ergeben haben.

Am Freitag werde ich an dieser Stelle davon berichten. Es sind wirklich Grenzerfahrungen, die die Kreisprozesse unseres Denkens nicht ausblenden, sondern den Zirkelschluss zum Zentrum des Erkennens jeglicher Dynamik machen. Lassen Sie sich überraschen! Schließlich sind Sie selbst an der Börse ja auch stets in Grenzbereichen tätig.

berndniquet@t-online.de



Gruß
621Paul

621Paul 21-11-2004 12:54

Taucher ohne Sauerkraut

Von Dr. Bernd Niquet

"Aehhh?" hat meine Tochter neulich voellig verstaendnislos
das kommentiert, was sie irgendwo in einem Film oder auf
einem Foto erspaeht hat: "Da waren Taucher - und die sind
voellig ohne Sauerkraut getaucht! Geht denn das ueberhaupt?"

Der verblueffte Vater muss sich erst einmal sammeln. Ohne
Sauerkraut getaucht? Natuerlich! Als begeisterte Nemo-Seherin
weiss sie natuerlich, dass Taucher mit Sauerstoff-Flaschen
tauchen. Die Taucher sind also ohne Sauerstoff getaucht und
nicht ohne Sauerkraut. Rein formal ist das nur ein marginaler
Fehler, denn hier sind nur fuenf Buchstaben falsch in einer
langen Kette von Saetzen. Die Bedeutung ist dadurch jedoch
voellig veraendert.

So - nun hat der Autor bereits gesagt, was er wirklich sagen
will. Und wie bringt er nun die Kurve zur Boerse hin?

Ganz einfach, er macht es wie immer und sagt: Hier ist es
natuerlich auch nicht anders! Hier wird zwar nicht ohne
Sauerkraut getaucht, dafuer aber im Geld geschwommen. Und die
Verwechslungen, die dabei entstehen, sind in etwa der glei-
chen Groessenordnung zuzuordnen wie den Verwechslungen vier-
jaehriger Kinder. Was natuerlich kein gutes Bild auf den
Zustand unserer Welt wirft. Denn wir haben uns entschieden,
dass das Geld die Welt regieren soll - und trotzdem denken
wir dabei anscheinend stets, mit Sauerkraut tauchen zu
koennen.

Warum steigt der Goldpreis derzeit so stark an? Die neueste
Erklaerung (nachdem alle anderen bereits durchprobiert sind)
lautet: Weil das Geld, das die Notenbank in den USA schoepft,
ja irgendwo hinfliessen muss.

Das Geld fliesst also ins Gold. Ich rege dazu einmal das
folgende Experiment an: Nehmen Sie einmal einen Goldbarren
(ersatzweise auch einen Stein) - und anschliessend versuchen
Sie, Geld hier hinein fliessen zu lassen. Das wird natuerlich
nicht gelingen - und zwar gleich aus zwei Gruenden: Erstens
fliesst das Geld nicht. Und zweitens kann es nicht ins Gold
hineinfliessen, weil dessen Dichte viel zu gross ist, so dass
es dort gar keinen Platz mehr hat.

Die Resultate dieses Experiments machen schlauer als das
Lesen von 1000 Seiten Boersenlektuere. Denn die Resultate
dieses Experiments sind wahr. Geld kann nicht fliessen. Es
kann ebenso wenig fliessen wie die Sonne aufgehen kann. Das
sagt man zwar stets, macht es dadurch aber keineswegs
richtig. Geld kann nicht fliessen, weil es keine Stroe-
mungsgroesse, sondern eine Bestandsgroesse ist. Mehr Geld
fuehrt daher nicht automatisch zu mehr Kaeufen (von Stereo-
anlagen, Radieschen, Aktien oder Gold). Zu mehr Kaeufen
fuehren immer nur Kaufentscheidungen in Verbindung mit vor-
handenem Vermoegen beziehungsweise Kreditmoeglichkeiten.

Deswegen wird auch weniger Geld nicht zu weniger Kaeufen
fuehren. (Schlimm waere es nur, wenn das Einkommen sinken
wuerde, denn Einkommen ist im Vergleich zum Geld eine
Stroemungsgroesse). Wir sollten also keine Angst haben, wenn
die Notenbanken nun zunehmend restriktiver werden. Die Aktien
koennen dann trotzdem weiter steigen. Die Geldmenge ist nicht
so wichtig, wie gemeinhin geglaubt. Sie hat in einer Volks-
wirtschaft etwa den gleichen Stellenwert wie das Sauerkraut
beim Tauchen. (Und das heisst: Viele halten Sie fuer sehr,
sehr wichtig !!!)

++++++

Bernd Niquet ist Boersenkolumnist und Buchautor.

OMI 29-11-2004 12:36

[ Mittwoch, 24.11.2004, 14:55 ]
Die fetten Jahre sind vorbei
Von Bernd Niquet


Morgen startet in unseren Kinos ein bemerkenswerter Film mit obigem Titel, in dem ausgerechnet Immobilienbesitzer angegangen werden, zu reich zu sein. Auf das oberste eine Prozent mag das sicherlich zutreffen, doch der Rest ist sicherlich deutlich in den Miesen. Die fetten Jahre sind auch hier (unwiederbringlich) vorbei. Ich kenne niemanden, der derzeit eine Immobilie mit Gewinn verkaufen könnte.

Die fetten Jahre sind aber auch an der Börse vorbei. Die Fondsgesellschaften setzen derzeit bis zu 25 Prozent ihrer Manager vor die Tür. Kleine Fonds werden sofort geschlossen – und das Ergebnis wird das gleiche sein wie in anderen Bereichen: Konzentration auf einige wenige – Nischenanbieter haben keine Chancen mehr. Die fetten Jahre sind vorbei.

Sie sind es aber auch für die Privatanleger, da diese – völlig verschreckt vom gerade erst vergangenen Crash und den täglich neu auftauchenden Untergangsvisionen – nahezu nicht an der Kursverdoppelung binnen knapp zwei Jahren partizipiert haben.

„Ich kaufe Angst und verkaufe Euphorie“, hat der US-Börsianer Jim Rogers immer gesagt. Er handelt allerdings kaum danach, ist nämlich dauerhaft pessimistisch. Nimmt man diesen Spruch jedoch für voll, dann kann man durchaus noch weiter kaufen. Die fetten Jahre sind zwar vorbei – aus meiner Sicht sogar für Jahrzehnte (und zwar in jeder Hinsicht, an der Börse und in der Wirtschaft) – doch auch ein normales Essen kann ja durchaus schmackhaft und nahrhaft sein.

Fettes führt letztlich ja doch nur zum Herzinfarkt. Mikro- wie makroökonomisch. Wir sollten also nicht zu traurig sein, dass die Völlerei zu Ende ist.


Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.


Quelle: instock

OMI 06-12-2004 12:55

Die Liquidität ist es nicht
10:26 06.12.04


Jetzt fließt sie wieder weltweit, die große Liquiditätsschwemme. So wird uns jedenfalls gesagt. Und überall bringt sie die Kurse und die Preise zum Steigen. Dabei könnte ich wetten, dass die Kurse jetzt erst noch einmal plumpsen, um den hohen Bestand an überoptimistischen schwachen Hände abzuschütteln – bevor es dann richtig bergauf geht. Aber was soll´s. Ich bin ja Theoretiker und kein Empiriker.



Und als Theoretiker erkenne ich das ganze Gerede um die Liquidität, die weltweit nach Anlage sucht, natürlich als Unsinn. Es gibt kein vagabundierendes Geld, das nach Anlage sucht. Jeder Euro und jeder Dollar, die sich in der Zirkulation befinden, befinden sich dort nur, weil sie zweckgebunden in die Welt gekommen sind. Und der Rest ist ein Nirwana.



Schauen wir uns kurz an, wie Geld in die Welt kommt: Geld kommt durch Hinterlegung von zinstragenden Aktiva bei der Zentralbank in Umlauf. Wer sich auf diese Weise Geld beschafft – und die Geldmenge ausweitet – verzichtet auf einen Zinsanspruch bzw. zahlt einen Zins. Er wird dies nur tun, wenn er weiß, wie er sein Geld verwendet.



Nehmen wir an, er verwendet es, um Aktien zu kaufen. Dann sind dadurch die Kurse gestiegen. Das Geld ist jetzt in den Händen des Verkäufers der Aktien. Die gestiegene Geldmenge ist daher schwerlich als kurstreibender Faktor anzusehen.



Nehmen wir an, er verwendet es, um sich ein Haus zu bauen. Dann besitzt das Geld jetzt der Bauunternehmer. Er kann und wird es natürlich zu Käufen von Gütern und vielleicht auch Aktien verwenden, doch nicht deswegen, weil plötzlich neues Geld da ist, sondern weil er ein Einkommen erzielt hat. Die Unterscheidung von Geld und Einkommen ist jedoch etwas, was 98 Prozent aller Börsianer intellektuell überfordert.



Prinzipiell funktionieren diese Prozesse also völlig identisch, egal ob es sich um Vermögensumschichtungen oder Geldmengenausweitungen passieren. Entscheidend für die Wirtschaft und die Börse ist daher immer, welchen Zinssatz man für Kredite bezahlen muss und wie leicht Kredite verfügbar sind. Die Geldmenge hingegen ist völlig zweitrangig.



Die Vorstellung, dass Geld Anlage sucht, ist naiv und falsch. Es hat sie nämlich bereits gefunden. Das Geld ist selbst die Anlage, die es gesucht hat. Ansonsten würde es wieder zur Zentralbank zurückfließen, um die zinstragenden Aktiva auszulösen. Geld ist Geld und zinstragende Aktiva sind zinstragende Aktiva. Genauso wie Äpfel Äpfel und Birnen Birnen sind. Es ist noch niemals ein einziger Euro in eine Aktie geflossen. Ebenso wenig wie Birnen in Äpfel oder Äpfel in Birnen fließen. Die Vorstellung des Hineinfließens, die Vorstellung, dass Geld sich in ein Anlagegut verwandelt, ist eine alchemistische Vorstellung. Die Alchemisten haben versucht, unedle Metalle in edle zu verwandeln. Sie sind dabei ebenso gescheitert wie die Liquiditätstheoretiker der Gegenwart.


Mit den besten Grüßen
Bernd Niquet

Quelle: stock-world

OMI 29-12-2004 11:56

Die Prognose für 2005
16:39 28.12.04


Der schönste Satz, den ich über das anstehende neue Jahr gelesen habe, stammt aus einem kostenlosen Newsletter eines Börsenverlages im Internet. Hier schreibt der Autor: „Nun sitze ich seit geraumer Zeit über der Jahresprognose zu 2005. Leider muss ich gestehen, ich kann Ihnen zurzeit noch nicht sagen, ob die Börse 2005 steigen oder fallen wird.“

Ich könnte mich bepinkeln vor Lachen, wenn ich das lese. Und da sage jemand, die Börse hätte nichts mit Humor zu tun. Das ist feinstes Kabarett, finde ich: Liebe Leser, leider kann ich ihnen jetzt noch nicht sagen, was im nächsten Jahr ist. Das kann ich erst, wenn das Jahr zu Ende ist. Huäh. Oder: Liebe Leser, leider kann ich ihnen jetzt noch nicht sagen, was im nächsten Jahr ist. Das kann ich erst, wenn ich zu Ende gerechnet habe, die Glaskugel ausgepackt habe, den Kaffeesatz in den Mülleimer gefiltert habe, mir beim Bleigießen nicht die Hände verbrannt habe.

Ich selbst habe leider keine Ahnung, ob die Börse nächstes Jahr steigen oder fallen wird. Das Einzige, was man seriöserweise von sich geben kann, ist eine Einschätzung der Wirtschaft. Hier sehe ich weiteres Wachstum und weiterhin keine Inflation. Doch um die Reaktion der Märkte darauf prognostizieren zu können, müsste man schon allwissend sein. Oder eben sehr anmaßend. Ich denke, dass die Tendenz auf weiter niedrige/sinkende Zinsen gerichtet ist – und dass das insgesamt kein schlechtes Szenario für Aktien ist.

Sehr oft machen die Märkte genau das, was keiner von ihnen erwartet – und treffen mitten in die sogenannten „Prognoselöcher“ hinein. In diesem Jahr ist freilich genau das Gegenteil davon passiert – und die Märkte haben exakt die Konsens-Prognose getroffen. Doch eine Regelmäßigkeit lässt sich daraus keinesfalls ableiten.

Was der Konsens für 2005 erwartet, das weiß ich nicht. Damit ist klar, dass genau das Gegenteil davon eintreten wird. Am Ende des Jahres 2005 werde ich es wissen. Denn genau das ist die richtige Strategie – nicht nur für 2005: Nur aus dem Nichtwissen erwächst Wissen! Wer also wirklich etwas wissen will, der sollte sich mehr um das Nichtwissen kümmern.


In diesem Sinne wünsche ich einen guten Rutsch und ein erfolgreiches Jahr 2005!


Bernd Niquet

621Paul 29-12-2004 13:22

Es ist vielleicht etwas pietätlos, ich muss es aber doch erzählen. Vor langen Jahren war ich einmal in der Türkei in einem Club Med – und habe dort einen sehr geistreichen Mitarbeiter der Bundesregierung kennen gelernt, die damals noch in Bonn residierte. Er hatte zu fast jeder Sache eine unkonventionelle, lustige und gegen den Strich gebürstete Aussage.

So lag er beispielsweise am Strand und berichtete immer und immer wieder über sein Unverständnis, dass das Wasser nicht endlich ans Land kommen würde, weil das doch physikalisch so geboten sei. „Man kann es doch mit bloßem Auge sehen“, sagte er dann. „Das Wasser ist hinten höher als vorne. Und deswegen muss es früher oder später an den Strand fließen.“

Seit diesen Tagen kann ich nicht mehr ans Meer gehen ohne an diese Hinten-Oben-Theorie zu denken. Sie können sich denken, wie ich die Bilder von der Flutkatastrophe in Asien erlebt habe.

Damit komme ich zur Börse. Für mich ergeben sich folgende allgemeingültige Erkenntnisse:

(1) Auch die falscheste Theorie ist anscheinend irgendwann einmal richtig. Aus völlig unzureichenden Gründen natürlich, doch das von ihr Prognostizierte trifft dann plötzlich ein.

(2) Es nützt aber nichts, sich vorbeugend auf alle Katastrophen vorzubereiten. Hätte ich in den letzten zwanzig Jahren die Folgerungen aus der Hinten-Oben-Theorie streng befolgt, dann hätte ich mir jeden Badeurlaub versaut, da ich nie zur Ruhe gekommen wäre. Ich wäre jedoch im Gegenzug in Asien nicht ertrunken. Das hilft mir aber auch nicht, denn ich war zu dem Zeitpunkt nicht in Asien.

Also:

(3) Man kann sich für Katastrophen nicht wappnen. Man sollte stets kalkuliert vorsichtig agieren, doch Katastrophen kann man nicht vorhersehen. Man muss mit diesem Risiko leben. Und den Eintritt eines schrecklichen Ereignisses fatalistisch nehmen.

(4) Katastrophentheorien sind dummes Zeug.

(5) Über Frühwarnsysteme muss man jedoch reden.

Mein Frühwarnsystem zeigt derzeit keinerlei Ausschläge. Deshalb wünsche ich wenigstens ihnen einen feucht-fröhlichen Rutsch ins nächste Jahr.


berndniquet@t-online.de

621Paul 05-01-2005 18:42

Mittwoch, 04.01.2005

Es kann einem schon kalt über den Rücken laufen, wenn man beobachtet, was zum Jahresauftakt so alles passiert:

Bei uns in Berlin gibt es die ersten gewaltsamen Proteste gegen Hartz IV – und wer als Betroffener nicht protestiert, der bleibt im Chaos der Anträge und Zuständigkeiten gefangen. Die Börse erzielt zum selben Zeitpunkt ein neues Mehrjahres-Hoch und startet wie eine Rakete in das neue Jahr. Die Zeiten sehen günstiger für Kapitalanleger als für Arbeitslose.

Der Media-Markt gewährt für einen Tag einen Rabatt in Höhe des Mehrwertsteuersatzes. Die Menschen stürmen die Läden, müssen anderthalb Stunden an den Kassen warten. Die Renner sind Fernseher, Boxen und DVD-Player. Die Leute haben einerseits kein Geld, anderseits entfacht ein Rabatt einen plötzlichen Kaufrausch bei Dingen, die eigentlich keiner braucht, weil er sie sowieso schon hat und nur durch bessere oder neuere Dinge ersetzen will. Irgend etwas stimmt hier nicht. Die fundamentale Lage scheint in Ordnung, nur die Erwartungen spielen verrückt.

Ein großes Foto-Unternehmen in Berlin schließt von einem Tag auf den anderen 52 von 82 Filialen und stellt mehr als 180 der 250 Angestellten frei. Und die restlichen arbeiten jetzt zu reduzierten Bezügen. Am 30. Dezember wurde in einem Mitarbeiterbrief noch von „Riesenschritten“ gesprochen, in denen es weitergehen soll, doch am 3. Januar kam für die 180 der Brief, am 4. Januar nicht mehr zu erscheinen. Und parallel zum Aktienmarkt haussiert auch der Rentenmarkt. Die Zeiten stehen günstig für Kapitalanleger und Konsumenten.

Die börsennotierten Unternehmen haben so viel Cash auf ihren Konten, dass sie locker die Dividende erhöhen und/oder Riesen-Investitionen tätigen könnten. Doch ersteres wollen sie nicht – und für letzteres fehlen die Gelegenheiten. Die Profitabilität ist trotz historisch niedriger Zinsen nicht hoch genug.

Der Druck auf die Preise nimmt überall zu – nur die Stadtreinigungsbetriebe erhöhen ihre Gebühren um bis zu 20 Prozent. Andere Staatsbetriebe ziehen nach. Im Gegenzug werden die Steuern reduziert, was allerdings hauptsächlich unverheirateten und kinderlosen Singles zu Gute kommt. In Asien ist das Schicksal der deutschen Touristen viel wichtiger als das der Einheimischen. Plötzlich sprich niemand mehr von Leitkultur, von Weihnachten bei Kerzenschein in heimischen Gefilden als einigendes Moment. Und niemand fragt, warum die meisten toten Touristen ältere Männer mit dicken Bäuchen sind – und was die wohl in Thailand gemacht haben.

Der beliebteste Deutsche ist Günther Jauch. Von über 1.000 befragten Jugendlichen konnte etwa die Hälfte nichts mit den Begriffen „Globalisierung“ und „Soziale Marktwirtschaft“ anfangen oder das Prinzip von Angebot und Nachfrage erklären. Fast jede Frau ist heute zu gestresst für Sex und der Kaffeepreis dürfte dieses Jahr auf ein neues Sechsjahreshoch steigen, sagen Analysten.

Wenn wir nicht von Naturkatastrophen heimgesucht werden, dann dämmern wir in einem Zustand von Stress und Narkose vor uns hin. Und wenn wir von Naturkatastrophen heimgesucht werden, dann auch. Alles ist schlimm – und trotzdem ist alles gut. Was für eine Zeit, in der wir da leben.

berndniquet@t-online.de

621Paul 07-01-2005 13:41

Es geht ein Bi-Ba-Butzemann in unserem Markt herum. Und er trägt eine große Keule bei sich, die Zinskeule. Und das ist alles ganz schlimm, weil dann, wenn die Inflation käme, die US-amerikanischen Verbraucher für ihr Geld weniger konsumieren könnten. Dann also lieber einen mit der Keule als die Inflation.

Wirtschaft ist überhaupt eine schlimme Sache. Von daher müsste sie eigentlich eine deutsche Erfindung sein.

Denn immer, wenn irgend etwas gemacht wird oder passiert, dann ist das schlimm. Wenn die Bundesbank einen hohen Gewinn macht, dann ist das schlimm. Und wenn sie gar keinen macht, dann ist das auch schlimm. Wenn man also ein richtiger Jammerlappen ist, dann wird man am besten Journalist. Oder Börsianer.

Wenn der Bi-Ba-Butzemann jetzt die Zinsen niedrig halten würde, dann wäre das schlimm. Weil dann eine fürchterliche Igittigitt-Inflation alles igitt-igitt kaputt machen würde. Und wenn der Bi-Ba-Butzemann die Keule heraus holt, dann ist das auch schlimm. Und wenn er gar nichts macht, ist es erst recht schlimm.

Es geht ein kleiner Bi-Ba-Butzemann in unserem Kopf herum. Und macht alle vi-va-verrrückt, die sowieso noch nicht bli-bla-blöd sind.

berndniquet@t-online.de

621Paul 09-01-2005 17:08

Sonntag, den 09.01.2005

Macht und Ohnmacht der Zahlen

Von Dr. Bernd Niquet

Egal, ob Naturkatastrophe oder boersennotiertes Unternehmen.
Alles laesst sich sehr trefflich in Zahlen ausdruecken. So
ist die komplexe Wirklichkeit eines weltweit verzweigten Kon-
zerns letztlich auf eine einzige Zahl zu reduzieren, naemlich
den erwirtschafteten Gewinn. Und die Schrecklichkeit einer
Naturkatastrophe auf die Zahl ihrer Opfer. Aber nein, voellig
richtig ist das nicht. Noch wichtiger ist, dass diese Zahl
auch wahrgenommen wird. Katastrophen, die nicht durch die
Medien gehen, die gibt es nicht. Man muss also das, was man
sieht, stets einordnen und hinterfragen.

Heute moechte ich einmal eine vergleichsweise milde Katastro-
phe einzuordnen und zu hinterfragen versuchen, naemlich die
vermeintliche deutsche Bildungskatastrophe. In einem Kommen-
tar der Financial Times Deutschland in der letzten Woche
tauchten zum Beweis der Ueberforderung grosser Teile der
Bevoelkerung hinsichtlich der gegenwaertigen Reformdebatte
folgende Zahlen auf: "So konnten sich von 1004 befragten
Jugendlichen und jungen Erwachsenen 38 Prozent nichts unter
dem Begriff Globalisierung vorstellen. 40 Prozent wussten
nichts mit sozialer Marktwirtschaft anzufangen, und satte
zwei Drittel koennten das Prinzip von Angebot und Nachfrage
nicht erklaeren."

Das klingt natuerlich auf den ersten Blick schrecklich und
hoffnungslos. Doch wenn man einmal einen weiterfuehrenden
Gedanken riskiert und sich fragt, wie diese Zahlen wohl
zustande gekommen sein moegen, schaut alles bereits voellig
anders aus. Nichts unter dem Begriff "Globalisierung" vor-
stellen - wie koennte man so etwas messen? Nehmen wir einmal
renitente Personen wie mich, die eine derartige Befragung
sowieso absichtlich torpedieren wuerden, aus der Betrachtung
heraus.

Da ruft also jemand an oder fragt auf der Strasse: "Koennen
Sie sich etwas unter "Globalisierung" vorstellen?" Und wer
dann "nein" sagt, kommt in die negative Wertung? Und wer "Ja"
sagt, in die positive? Nein, so kann es wohl kaum laufen.
Also muss man fragen "Was verstehen Sie unter "Globalisie-
rung"?" Doch wer will hier eine richtige von einer falschen
Antwort unterscheiden? Wenn ich antworte "Die Globalisierung
der Produktionsverhaeltnisse", so ist das zwar keine Antwort,
wird aber sicherlich als richtig gezaehlt.

Ich selbst wuesste nicht, wie ich die Frage beantworten
sollte. Denn "Globalisierung" ist ein Schlagwort fuer eine
neue Entwicklung, die jedoch gar nicht neu ist, da die Inter-
nationalisierung des Handels und der Produktion bereits meh-
rere Jahrhunderte hinter uns liegt. Also was ist "Globalisie-
rung"? Die Verstaerkung des Trends zur immer schon bestehen-
den Globalisierung? Der Fall der internationalen Kapitalver-
kehrskontrollen? Der Fall der Mauer zwischen Ost und West?

Die wirklich erstaunliche Zahl der genannten Umfrage ist also
nicht, dass 38 Prozent nichts mit dem Begriff "Globalisie-
rung" anfangen koennen, sondern dass 72 Prozent dies anschei-
nend koennen. Und bei der Sozialen Marktwirtschaft ist es
noch extremer. Denn die 40 Prozent, die hiermit nichts an-
fangen koennen, liegen natuerlich voellig richtig. Es gibt
naemlich keine Soziale Marktwirtschaft mehr, seitdem der
internationale Konkurrenzmechanismus ueberall Marktpreise
durchsetzt - und damit alle Uebergewinne, die sich (frueher
einmal) verteilen liessen, beseitigt hat. 60 Prozent der
Jugend und jungen Erwachsenen koennen also anscheinend etwas
anfangen mit Sachen, die es gar nicht mehr gibt. Diese 60
Prozent werden jedoch positiv gewertet, was gleich in doppel-
tem Sinne nicht fuer einen aufgeklaerten Geisteszustand
spricht.

Und wie die Testfrager bei der letzten Frage nach dem Mecha-
nismus von Angebot und Nachfrage zwischen richtigen und fal-
schen Antworten unterschieden haben, wuerde ich gerne einmal
wissen. Doch das hat sicherlich mehr mit einem Film à la
Monty Python zu tun als mit allem anderen. Das neue Jahr
startet also nicht weniger grotesk als das alte Jahr aufge-
hoert hat. Die Bloedmaenner bleiben sich jedoch selbst
wenigstens treu.

++++++

Bernd Niquet ist Boersenkolumnist und Buchautor.

621Paul 10-01-2005 14:29

Montag, den 10.01.2005

In den letzten Tagen bin ich viel herum gekommen und habe neue Leute kennen gelernt. Dabei haben sich zwei erstaunliche Gesetzmäßigkeiten ergeben:

(1) Alle Frauen schreiben Gedichte und Kurzgeschichten oder planen, dies in naher Zukunft zu tun.

(2) Nahezu alle Männer und Frauen haben Geld am Aktienmarkt verloren. Sie haben alle nahe der Topkurse gekauft und viele nahe der Tiefstkurse wieder verkauft.

Die Faktenlage sieht in etwa so aus:

(1) In Deutschland werden jährlich mindestens 200.000 Manuskripte von den Verlagen zur Veröffentlichung abgelehnt. Trotzdem erscheinen so viele Titel, dass der Markt sie nicht mehr aufnehmen kann.

(2) Neue Aktien werden nahezu nicht mehr herausgegeben. Die alten Aktien sind zum großen Teil von denjenigen, die sich die Finger damit verbrannt haben, abgegeben oder vergessen worden. Bis auf einen Grundbestand, mit dem die noch verbliebene Community täglich herumspielt, scheinen die Aktien im Vergessen gelandet zu sein.

Letzterer Punkt beinhaltet eine gute und eine schlechte Nachricht:

Die gute ist: Der Markt sollte trotz nahezu 100 Prozent Kursgewinn weiterhin eine gute Struktur haben. Der überwiegende Teil der Aktien scheint in bombenfesten Händen zu liegen.

Und die schlechte ist: Es ist eine ganze Generation von Anlegern (oder zwei oder drei) ist auf Lebenszeit verprellt worden. Eine richtige Jubelhausse wie 1998 ff. steht also für die nächsten zehn oder zwanzig Jahre nicht mehr an.


berndniquet@t-online.de

Starlight 11-01-2005 06:49

Die Antizyklik
Von Bernd Niquet


In den letzten Tagen bin ich viel herum gekommen und habe neue Leute kennen gelernt. Dabei haben sich zwei erstaunliche Gesetzmäßigkeiten ergeben:

(1) Alle Frauen schreiben Gedichte und Kurzgeschichten oder planen, dies in naher Zukunft zu tun.

(2) Nahezu alle Männer und Frauen haben Geld am Aktienmarkt verloren. Sie haben alle nahe der Topkurse gekauft und viele nahe der Tiefstkurse wieder verkauft.

Die Faktenlage sieht in etwa so aus:

(1) In Deutschland werden jährlich mindestens 200.000 Manuskripte von den Verlagen zur Veröffentlichung abgelehnt. Trotzdem erscheinen so viele Titel, dass der Markt sie nicht mehr aufnehmen kann.

(2) Neue Aktien werden nahezu nicht mehr herausgegeben. Die alten Aktien sind zum großen Teil von denjenigen, die sich die Finger damit verbrannt haben, abgegeben oder vergessen worden. Bis auf einen Grundbestand, mit dem die noch verbliebene Community täglich herumspielt, scheinen die Aktien im Vergessen gelandet zu sein.

Letzterer Punkt beinhaltet eine gute und eine schlechte Nachricht:

Die gute ist: Der Markt sollte trotz nahezu 100 Prozent Kursgewinn weiterhin eine gute Struktur haben. Der überwiegende Teil der Aktien scheint in bombenfesten Händen zu liegen.

Und die schlechte ist: Es ist eine ganze Generation von Anlegern (oder zwei oder drei) ist auf Lebenszeit verprellt worden. Eine richtige Jubelhausse wie 1998 ff. steht also für die nächsten zehn oder zwanzig Jahre nicht mehr an.

Mit den besten Grüßen
Bernd Niquet


Quelle: Instock

621Paul 11-01-2005 09:30

Hallo Star,
der Bericht existierte bereits schon einen Tread vorher.

Grß
621Paul

621Paul 14-01-2005 13:45

Ein erstaunlich zahlreiches Echo habe ich auf meine Kleinanleger-Dietmar-Kolumne vom Mittwoch bekommen. Die Mails lassen sich in zwei Kategorien einteilen.

(1) Die einen meinen, ich hätte ein Rad ab vom Wagen.
(2) Die anderen, die geschrieben haben, sind allesamt Griechen, jedenfalls Leute mit ausgesprochen griechischen Namen.

Was soll ich nun damit anfangen? Was ist daraus zu schließen? Am besten fange ich hinten an:

(2) Die Griechen äußern sich allesamt begeistert bis neidisch darüber, dass jemand kurzfristig eine Marktschwankung erfolgreich ausgenutzt hat – und können meine Kritik daran gar nicht verstehen. Lässt so etwas auf den Nationalcharakter schließen? Süßen Wein saufen und dann ab an den Spieltisch? Ich habe keine Ahnung.

(1) Bleibt die Frage, ob ich noch alle Räder am Wagen habe. Wahrscheinlich haben diejenigen, die das bezweifeln, durchaus Recht. An diesem Ort einen Spiegel aufzustellen und belanglose kleine Geschichten zu erzählen, ist in etwa das Gleiche als wolle man im Swinger-Club den „Wachtturm“ verkaufen.

Aber manchmal machen Stil- und Strukturbrüche ja gerade den Reiz vieler Dinge aus. Am Markt wie im normalen Leben.

berndniquet@t-online.de

621Paul 16-01-2005 12:45

Kommt dieses Mal doch alles voellig anders? 16.01.2005

Von Dr. Bernd Niquet

Es ist nur wenige Jahre her, da haben wir in Deutschland den
groessten Sturz der Aktienkurse in der juengeren Geschichte
unseres Landes - und nahezu aller seiner Rechtsvorgaenger -
erlebt. Der Crash am Neuen Markt ist historisch fuer Deutsch-
land ohne Vergleich - und selbst die Talfahrt der DAX-Werte
stellt den Verlust im Zuge der Weltwirtschaftskrise von 1929
bis 1933 noch deutlich in den Schatten.

Normalerweise sind nach derartigen, wirklich epochalen
Aktienkrisen eine ganze, wenn nicht gar mehr Generationen
fuer ihr gesamtes Leben vom Aktienmarkt vertrieben. Das
bedeutet: Die naechste wirkliche Hausse am Aktienmarkt kann
sich erst dann ergeben, wenn die Erinnerung an das fatale
Geschehen getilgt ist - und dies geschieht gemeinhin nicht
durch Vergessen, sondern durch das Aussterben der Beteilig-
ten. Erst spaetere Generationen, die all das nicht mehr mit-
erlebt haben, werden dann wieder Mut fassen und sich in neue
spekulative Ueberhitzungen treiben lassen.

Was die vergangene Krise jedoch von allen anderen Krisen der
gesamten Weltgeschichte unterscheidet, ist zweierlei: Erstens
ist wirtschaftlich nichts passiert, die gigantische Boersen-
krise ist nicht mit einer ebensolchen Wirtschaftskrise Hand
in Hand gegangen. Und zweitens: Die Vermoegensbestaende des
privaten Sektors sind heute so gross, dass selbst ein Kurs-
verlust der Aktien von einmaligem historischen Ausmass nahezu
voellig unmerklich weggesteckt wird. Das ist fuer die meisten
nicht mehr als eine Schramme am Kotfluegel ihres neuen Ge-
laendewagens. Wir sind alle so unglaublich reich, dass selbst
so etwas den meisten nicht wirklich etwas ausmacht.

Heute reden wir sogar schon wieder vom Anlagenotstand! Das
muss man sich einmal vorstellen: Die groessten Verluste aller
Zeiten - und trotzdem wissen die Leute schon heute nicht
mehr, wohin mit ihrem Geld. Das geht sogar so weit, dass
viele bereits wieder Sehnsucht nach einem Crash haben, um
noch einmal billig in die Maerkte hinein zu kommen. Ver-
gleichbares hat es in unserer gesamten Geschichte noch nie-
mals gegeben. Ich kann mir jedenfalls kaum vorstellen, dass
in der Gruenderkrise nach 1870 oder in den Dreissiger Jahren
des letzten Jahrhunderts auch nur eine Hand voll Menschen
eine Crashromantik besessen haben - oder sich diesen sogar
aus kalkulierten finanziellen Motiven gewuenscht haben.
"Alles, nur das nicht noch einmal", wird man sich damals
gedacht haben.

Heute ist das freilich ganz anders. Und es sieht so aus, als
ob es mittlerweile ein voelliges Missverhaeltnis zwischen der
Groesse des Aktienmarktes und des Vermoegensbestandes des
privaten Sektors gibt. Ein Aktienmarktcrash ist gesamtwirt-
schaftlich nicht mehr als ein Pullerzucken oder ein laestiger
Achselschweiss. Das wird weggesteckt als haette nur der
Dienstbote eine Briefmarke aus der Portokasse fuer eigene
Zwecke veruntreut.

Die Gegenposition zum Vermoegen der privaten Haende ist nicht
mehr das Produktivvermoegen, sondern die Passivseite von Ban-
ken und Finanzinstituten - sowie vor allem die Verbindlich-
keiten des Staates. Viele Vermoegen sind daher unrealisier-
bare Luftvermoegen, weil den Forderungen gleich hohe Verbind-
lichkeiten uns selbst gegenueber entsprechen. Der Abfede-
rungseffekt von Krisen, den wir heute beobachten, ist also
vielfach kuenstlich. Im Stossdaempfer befindet sich ein Do-
pingmittel - und dieses Dopingmittel hat eine Halbwertszeit,
die kleiner ist als die lange Frist. Damit funktioniert der
Stossdaempfer derzeit allerdings praechtiger als praechtig.

++++++

Bernd Niquet ist Boersenkolumnist und Buchautor.

Tester32 16-01-2005 19:46

Zitat:

Original geschrieben von Bernd Niquet
Die Gegenposition zum Vermoegen der privaten Haende ist nicht mehr das Produktivvermoegen, sondern die Passivseite von Banken und Finanzinstituten - sowie vor allem die Verbindlichkeiten des Staates. Viele Vermoegen sind daher unrealisierbare Luftvermoegen, weil den Forderungen gleich hohe Verbindlichkeiten uns selbst gegenueber entsprechen.
Ich muß die Leser vorsorglich darauf hinweisen, daß die Identikikation von sich lebst mit dem Staat zwar in bürgerlichen Kreisen verbreitet zu sein scheint, aber nicht stimmt. Wenn der Staat Insolvenz anmelden wird, werde ich dadurch nicht automatisch insolvent. Auch wird der Staat bei seiner Insolvenz nicht unbedingt das für seine Schuldentilgung notwendige Geld bei mir und vielen anderen Leuten holen können, aus ganz unterschiedlichen Gründen. Und dazu bevorzuge ich persönllich Geld an Staaten zu leihen, die bei gleicher Verschuldung einer wesentlich bessere und ehrlichere Rendite bieten anstatt sich hinter einer scheinheiligen AAA-Ratingfassade zu verstecken.

simplify 16-01-2005 20:01

es gibt sicher verschiedene möglichkeiten wie ein staatsbankrott ablaufen kann, zuletzt konnte man sowas in argentinien erleben.
ich denke bei den meisten staaten wird vorher durch weltbank u. IWF soviel getan, dass es zumindest auf dem papier nicht zum bankrott kommen dürfte.

Tester32 16-01-2005 20:34

Zitat:

Original geschrieben von simplify
es gibt sicher verschiedene möglichkeiten wie ein staatsbankrott ablaufen kann, zuletzt konnte man sowas in argentinien erleben.
ich denke bei den meisten staaten wird vorher durch weltbank u. IWF soviel getan, dass es zumindest auf dem papier nicht zum bankrott kommen dürfte.

Es gibt eine Meinung, daß der IWF mit Argentinien den Privananlegern eine Lektion erteilen wollte und daß er jetzt seine Lektion gelernt habe und das zweite Mall so ein Konzert bei einem halbwegs bedeutenden Land nicht zulassen werde. Ob es stimmt, werden wir sehen. Es ist schon richtig, daß es mehrere Möglichkeiten gibt, nicht so desaströs wie die Argies umzuschulden. Bin gespannt auf die Weiterentwicklung der Argy-Geschichte.

621Paul 17-01-2005 16:18

Manchmal muss ich einfach albern sein. Manchmal ist das Leben albern. Und manchmal ist die Börse albern. Irgendwie lächerlich ist sie dagegen eigentlich immer. Mit großer Bewunderung und völligem Unverständnis beobachte ich, was so jeden Tag über die Börse geschrieben wird. Und da setzt die Albernheit dann kurze Zeit aus. Mich erinnert das alles an die Gottesdienste, die ich mir bis vor einigen Jahren aus purer Romantik am Heiligen Abend im Skiurlaub in den Bergen angehört habe. Wie da die Pfarrer versuchen, unser unabänderliches Schicksal auf die weise göttliche Vorsehung zurückzuführen – und damit das Unbegreifbare gleichsam mit einem Taschenspielertrick begreifbar zu machen.

Und nichts anderes wird an der Börse versucht. Ich will das nicht verdammen. Ich habe große Hochachtung vor Menschen, die sich morgens um sechs Uhr dreißig, wenn die meisten sich noch ihrer Morgenlatte widmen, beispielsweise an einen technischen Morgenkommentar heran machen – um nur einmal ein Beispiel zu nennen. Da hat das Leben doch sofort einen Sinn. Ich persönlich kann mir jedoch ebenso wenig vorstellen, mich damit an den Börsen zu orientieren, wie ich mir vorstellen kann, mit der Bibel durchs Leben zu finden. Doch letztlich ist beides ja durchaus populär. Ich werde also deutlich in der Minderheit bleiben.

Doch zurück zur Albernheit. Und zur Ernsthaftigkeit: Da ich hier ja sicher für eine reine Männerrunde schreibe (Frauen sind sicherlich nicht so dämlich, ihren Tag mit der Börse zu vertrödeln), noch kurz etwas zum aktuellen Thema Globalisierung und Anlagestrategie:

Bevor China wirtschaftlich wie heute in aller Munde war, reiste bereits eine hochrangige US-amerikanische Regierungskommission nach China, um den Zustand des Landes zu begutachten. Wirtschaftlich waren sie schon damals begeistert, doch was war mit der Demokratie?

Ein Senator preschte nach vorne, fasste allen Mut zusammen, und fragte den Leiter der chinesischen Abordnung „Do you have elections?“
Darauf schmunzelte der Chinese verschmitzt, und antwortete leise: „Oh yes, evely molning.“

Wir sollten die Chinesen also keineswegs vergessen. In vielem sind sie uns nämlich durchaus ziemlich ähnlich.

berndniquet@t-online.de

621Paul 23-01-2005 12:39

Sonntag, der 23.01.2004
Der typische Deutsche

Von Dr. Bernd Niquet

Neulich, an einem regnerischen Abend auf einer Strasse in
Berlin, ist er mir begegnet, der typische, der durchschnitt-
liche Deutsche. Was fuer ein Zufall. Ich konnte nicht umhin,
ihn festzuhalten. (Nicht den Zufall und auch nicht den Deut-
schen, sondern den Eindruck, den er im Asphalt hinterlassen
hat.) Der Deutsche ist mittelalt, dabei eher alt als mittel,
hat ein "PM" als Regionsbezeichnung auf seinem Autokennzei-
chen und faehrt einen Kleinwagen-Kombi. Das ist praktisch,
denn damit kann man viel transportieren. Den Hund zum Bei-
spiel. Denn er hat einen mittelgrossen bis grossen Hund an
Bord und auf der Rueckbank zudem einen halben Kindersitz.

Der Hund frisst in etwa Fleisch fuer so viel Geld, wie dem
Deutschen fehlt, um eigenstaendig in seine Rentenversicherung
einzuzahlen. Doch dafuer hat er ja den Hund, der spaeter im
Alter fuer ihn sorgen wird.

Der Deutsche beherrscht sein Auto sichtbar nur knapp, was je-
doch nicht auf ein etwaiges Unvermoegen zurueckzufuehren ist.
Nein, der Deutsche ist ein guter Autofahrer, der beste in
ganz Europa - und darf deswegen auch als einziger so schnell
fahren, wie er will. Dass er sein Auto nicht recht zu beherr-
schen scheint, liegt vielmehr darin, dass er nur eine Hand am
Lenkrad und in der anderen ein Handy haelt, auf dem er etwas
eintippt, was seinen Blick gefangen haelt, der somit der
Strasse verloren geht.

Hinten auf dem Auto prangen Klebeschilder von allen Dingen,
die dem Deutschen wichtig sind. Ein Hund, ein Automobilclub
und ein paar Aufkleber von Orten, an denen er schon gewesen
ist. Der Deutsche hat auf der Aktivseite eine Datsche oder
ein Ferienhaus und auf der Passivseite Schulden auf der Bank.
Humankapital und Eigenkapital gleichen sich aus. Der Deutsche
braucht zwei Jobs, um all das, was er hat und was ihm wichtig
ist, zu finanzieren.

Damit ist der Deutsche gleichzeitig arm und reich. Er fliegt
nach Mallorca, doch wenn in der Kantine der Salat beim Bezah-
len gewogen wird, macht er die Salatsauce erst danach auf den
Teller. Einen entsprechenden Verweis nimmt er locker zur
Kenntnis. Es ist ja nichts passiert. Der Deutsche ist umgeben
von viel Wohlstand. Doch er hat so viel im Kopf, um mit allen
Dingen zurecht zu kommen, dass ihm fuer nichts mehr Zeit
bleibt. Der Trend zum Zweitbuch ist bei ihm noch nicht ange-
kommen. Nicht einmal abends findet er die Musse, nachzuden-
ken, was das eigentlich alles soll.

Der Deutsche ist ein Getriebener. Vorne von der Moehre gezo-
gen - und hinten vom in den Hintern gepusteten Zucker gescho-
ben. Er ist ein Getriebener, aber ein Getriebener der
Verhaeltnisse. Er klagt auf hohem Niveau und ist doch eigent-
lich selbst der Verursacher. Er ist wie der Hund, der sich
selbst in den Schwanz beisst. Koennte er sich von aussen
sehen, wuerde er merken, dass das alles irgendwie gar nichts
bringt.

Bei all dem schwebt so etwas wie ein huendisches Element in
der Luft. Vielleicht spueren wir hier bereits einen Lufthauch
der Zukunft, denn wenn die demografische Entwicklung und die
Hundezahlen sich so weiter entwickeln, dann wird der typische
Deutsche des Jahres 2050 nicht mehr ein Mensch, sondern ein
Hund sein. Dann muessen wir Uebriggebliebenen tatsaechlich
voellig umdenken. Die wirklichen Herausforderungen der
Zukunft liegen also noch weit vor uns. Die jetzigen Reformen
sind erst ein erster Ansatz. Wir koennen durchaus noch beru-
higt sein.

++++++

Bernd Niquet ist Boersenkolumnist und Buchautor.

621Paul 30-01-2005 13:26

Sonntag, den 3Internationale Kapitalanleger-Tagung in Zuerich

Von Dr. Bernd Niquet

In dieser Woche war ich auf der 20. Internationalen Kapital-
anleger-Tagung des ZfU in Zuerich - mit lauter prominenten
Referenten wie Jim Rogers, Felix Zulauf und vielen anderen
mehr. Im Anschluss an die Tagung, als ich bei starkem Schnee-
fall am Flughafen gesessen und mir Sorgen um meinen Heimflug
gemacht habe, ging mir ploetzlich ein Licht auf: Im Leben ist
es wie auf dem Flughafen und wie an der Boerse. Wenn man viel
erwartet, wird man sehr oft enttaeuscht. Hat man jedoch eine
gute Idee und eine moderate Erwartungshaltung, dann kann man
durchaus Hoffnung haben, eine sehr positive Ueberraschung zu
erleben.

Bezogen auf den Flughafen heisst das: Ich habe schon so viele
verschobene und extrem verspaetete Fluege erlebt, gerade
dann, wenn vorher nichts darauf hindeutete. Doch hier, im
dichtesten Schneefall und einer Erwartungshaltung, die nahe
null lag, war mein Flieger ploetzlich einer der wenigen, der
sogar sehr puenktlich starten konnte.

Und bezogen auf die Boerse bedeutet das: Wenn alle positive
Erwartungen haben und jedermann mit Leichtigkeit Investments
taetigen kann, dann bringt ein Engagement meistens gar nichts
mehr. Viel besser ist es, dort zu investieren, wo so recht
keiner daran glaubt. Und wo der "Mann von der Strasse" ueber-
dies gar keinen direkten Zugang hat.

Jim Rogers hat eine Parallele aufgestellt zwischen der Ak-
tienanlage zum Anfang der 80er Jahre, als der grosse Boom
sich so langsam in Fahrt setzte, und dem Rohstoff-Investment
zur heutigen Zeit. Als Rogers zum Anfang der 80er Jahre in
den wichtigsten Staedten der westlichen Welt die Leute auf
der Strasse gefragt hat, wie er denn zur Boerse kaeme, hat er
nur Ratlosigkeit erfahren. Die meisten Leute wussten nicht,
was eine Boerse ist, und schon gar nicht, dass es in ihrer
Stadt eine gaebe. Und selbst diejenigen, die das wussten,
wussten nicht, wo sie zu finden war - und hielten sie zudem
fuer reines Teufelszeug.

Wer hat einmal als Klein- oder als Privatanleger versucht,
vor ein oder zwei Jahren in Rohstoffe zu investieren? Die
Banken haben in dieser Zeit nur Fonds mit Rohstoffaktien an-
geboten. Doch Rohstoffaktien sind Aktien und keine Rohstoffe.
Was blieb ansonsten? Ein Direktengagement an einer Waren-
boerse ist sicher nichts fuer den Klein- und Privatanleger.
Es gab also keine Moeglichkeit! Direkte Rohstoffengagements
waren Teufelszeug - genauso wie Aktien zu Beginn der 80er
Jahre. Also auf keine Fall etwas fuer den normalen Anleger.
Man denke nur an die vielen Betruegerfirmen mit gefaelschten
kurzfristigen Kaffeekontrakten oder Aehnlichem.

Aus diesem und aus den folgenden Gruenden haelt Rogers die
Entwicklung der Rohstoffpreise fuer den naechsten grossen
Bullenmarkt, der bis ins naechste und vielleicht sogar ins
uebernaechste Jahrzehnt hineinreichen sollte: Im Zuge des
Bearmarktes der letzten Jahrzehnte sind naemlich - mit Aus-
nahme beim Gold und Silber - nahezu keine Investitionen in
den Abbau und den Anbau von Rohstoffen getaetigt worden. (Das
ist natuerlich der pure Schweinezyklus!) Im Bearmarkt inves-
tiert der kurzfristig denkende Investor und CEO natuerlich
nicht. Doch ploetzlich werden ueberall in Asien Rohstoffe en
masse gebraucht, wollen die Chinesen Fleisch essen und nicht
mehr nur Reis und Bohnen (was jedoch deren Nachfrage als
Tierfutter nur umso staerker ankurbelt).

Eine sprunghaft steigende Nachfrage trifft damit also auf ein
kurz- bis mittelfristig kaum steigerbares Angebot. Und das
bedeutet: Die Nachfragekurve verschiebt sich nach aussen, die
Anbotskurve nach innen. Und ihr Schnittpunkt, also der fest-
gesetzte Preis, springt dramatisch nach oben. Viele Anleger
sind heute zwar schon dabei, denn mittlerweile gibt es bei
der ABN AMRO Zertifikate auf einzelne Rohstoffe, und Rogers
selbst hat den "Rogers International Commodity Index" entwi-
ckelt, einen breit gestreuten Index von 35 verschiedenen Roh-
stoffen, auf den es an gleicher Stelle ebenfalls ein endlos
laufendes Zertifikat gibt.

Die Hausse ist bereits im Anlauf, doch keine grosse Zeitung
berichtet bis heute ueber Rohstoffe - und im Boersenfernsehen
ist das ebenfalls kein Thema. Man braucht also nicht viel
Phantasie, um sich auszumalen, dass das in fuenf bis zehn
Jahren durchaus anders sein koennte. Und das hat ganz sicher
mehr mit normaler Lebensweisheit als mit wirtschaftlichen
Dingen im engeren Sinne zu tun.

++++++

Bernd Niquet ist Boersenkolumnist und Buchautor.

30.01.2004

621Paul 31-01-2005 15:06

vom 31.01.2003

Felix Zulauf sieht große Risiken für den Aktienmarkt in den nächsten Monaten. So hat er es auf der Internationalen Kapitalanleger-Tagung des ZfU in Zürich in der letzten Woche vorgetragen. Neben der gegenwärtig allgemeinen Geringschätzung jeglichen Risikos (ersichtlich an den niedrigen Optionsprämien und den niedrigen Zins-Spreads), sieht er in der Hauptsache das folgende Argument:

Durch die Politik der niedrigen Zinsen hat es in den USA einen enormen Carry-Trade gegeben. So war es sehr profitabel, ja fast sogar ein gänzlich risikoloses Geschäft, sich kurzfristiges Geld zu extrem niedrigen Zinsen bei der Notenbank zu borgen – und dies in den Finanzmärkten anzulegen. Selbst eine geringe Rendite der Aktien genügte hier, einen sehr guten Gewinn einzufahren. Von den Bondmärkten gar nicht zu sprechen. Doch je weiter die Notenbank nun ihre Kurzfristzinsen herauf setzt, umso geringer wird die Spanne, die durchaus sogar bald negativ werden könnte. Hierzu reichen strenggenommen bereits negative Zinserwartungen am kurzen Ende aus.

Und was dann passieren könnte, wäre das Spiegelbild der Entwicklung der letzten Jahre – und zwar sowohl am Aktien- als auch am Bondmarkt: Dort wo vorher aufgrund des enorm lukrativen Carry-Trades ein Kaufdruck bestanden hat, wandelt sich dieser plötzlich in einen Verkaufsdruck. Für den Dollar könnte das hingegen einiges Positives bewirken, da sicherlich große Teile des bei der Notenbank geborgten Geldes in andere Währungen transferiert worden ist – und nun repatriiert werden muss.

Ich halte diese Argumentation für durchaus stichhaltig. Große Sorge flößt sie mir indes nicht ein. Denn wer jetzt – so wie ich – langlaufende US-Treasuries kauft, erzielt eine Nominal-Rendite, die deutlich über derjenigen im Euro Raum liegt. Und wenn die These von der Rückführung des Carry-Trades stimmt, dann stehen den möglichen Kursverlusten in den Bonds Gewinne auf der Währungsseite entgegen. Und da derzeit alle Welt im Dollar short zu sein scheint und ich zudem glaube, dass die US-Wirtschaft eher schlechter als besser laufen wird, sollte das sogar eine ganz gute Chance ergeben.

berndniquet@t-online.de

621Paul 04-02-2005 13:26

Ich kann ihnen an dieser Stelle ein ganz exklusives und bisher sehr gut gehütetes Geheimnis anvertrauen: Am 23. Januar 2006 wird es in Deutschland ganz heftig zu schneien beginnen! Sollten Sie also die Möglichkeit haben, Wetten auf das Wetter abschließen zu können, dann tun Sie es!

Woher ich das weiß? Ganz einfach – als ich letztes Jahr zur Kapitalanleger-Tagung nach Zürich fliegen wollte, hat es am Morgen des Vortages heftig zu schneien begonnen. Dieses Jahr war es genauso, woraus folgt .... Aber nein, das ist natürlich völliger Blödsinn – oder?

Doch mit ähnlichen Dingen ist beispielsweise Bill McLaren auf der diesjährigen Tagung ganz im Ernst angetreten. McLaren beruft sich auf William D. Gann, der behauptet, entdeckt zu haben, dass an den Aktienmärkten unter anderem 60jährige und 30jährige Zyklen existieren. Dann legt er Dow Jones und S&P 500 von 1945/46 sowie aus den siebziger Jahren aufeinander, packt die heutige Entwicklung darauf – und voilà!: In diesem Jahr werden die Kurse heftig steigen! Zuerst wird es bis zur Mitte im Paralleltrend hoch und runter gehen – doch anschließend geht dann die Post ab nach oben. Schließlich sind Jahre mit einer 5 am Ende sowieso gute Aktienjahre.

Warum das so sein soll, darüber spricht er nicht. Ich fühle mich von so etwas immer veralbert und muss dabei stets an zwei Dinge denken: Theorien ohne plausible Kausalität nennt man „instrumentalistisch“. Der Vorwurf des Instrumentalismus ist auch immer gegen Friedmans Geldmengentheorie vorgebracht worden, die nicht weniger unsinnig ist als Ganns Zyklen. Und zweitens muss ich daran denken, dass die Kognitionsforschung herausgefunden hat, dass Hunde in ihrer Wahrnehmung die Menschen stets „verhundeln“. Das heißt, die Hunde nehmen die Menschen letztlich stets als etwas ihnen Entsprechendes, also als große Hunde wahr.

Quintessenz: Man nimmt immer das (und nur das) wahr, was der eigenen Gehirnstruktur entspricht. Und die dümmsten Hunderln fallen immer wieder auf die gleichen Dinge herein, ganz egal, ob es sich um Monetarismus, Börsengesetzmäßigkeiten oder sonstige Pawlowsche Reaktionsmuster handelt.

berndniquet@t-online.de

621Paul 07-02-2005 15:20

07.02.2005

Die Beschäftigung mit der Wirtschaft und der Wirtschaftstheorie bietet einen großen Fallstrick. Hier werden nämlich Begriffe aus der Umgangssprache verwandt, die jedoch innerhalb der Theorie eine bestimmte Bedeutung haben, die mit dem der Umgangssprache nicht identisch ist. Damit finden wir uns in einer Situation, in der eine Kommunikation nur schwer möglich ist, weil die einen exakt argumentieren, die anderen jedoch die Begriffe so benutzen, wie es ihnen gerade gefällt – und damit natürlich auch alles „beweisen“ können, was sie gerne beweisen wollen.

Bedeutsam ist dabei insbesondere, dass kaum einer der sogenannten „Börsenexperten“ sich einmal wirklich ausgiebig mit Wirtschaftstheorie befasst hat. Die meisten sind Autodidakten, im besten Fall sind sie Betriebswirte, ausgebildete und reflektierte Volkswirte gibt es hier jedoch so gut wie keine. Und so könnte das Chaos des Redens und des Nichtverstehens kaum größer sein.

Über das Geld habe ich in diesem Zusammenhang schon öfter geschrieben. Heute und am Mittwoch möchte ich mich einmal der Ersparnis widmen. Hier hört man gegenwärtig wirklich die wildesten Dinge über die geringen Ersparnisse der Japaner und der Amerikaner. Und gestern sagte sogar jemand in der „Dresdner Sonntagsbörse“, die Leute würden ihre Gelder aus den Aktienfonds abziehen, weil sie sparen müssten. Brrrrrrrrrrr!!!

Das Geld oder das Einkommen, das ich in der Vergangenheit gespart habe, hat nichts (!) mit der volkswirtschaftlichen Ersparnis zu tun. Dieses „Ersparte“ ist Vermögen, es ist ein Bestand, der auf einen bestimmten Zeitpunkt definiert ist. Ersparnis hingegen ist das, was innerhalb einer Periode, also innerhalb eines Rechnungszeitraumes/eines Jahres nicht konsumiert wird. Die Ersparnis ist also eine Stromgröße und kein Bestand und sie muss in jeder Periode immer der Höhe der Investition zuzüglich des Außenhandelssaldos entsprechen.

Ersichtlich wird daran bereits, wie kompliziert es ist, mit der Ersparnis zu argumentieren. Denn einerseits ist die Ersparnis etwas, das direkt aus wirtschaftlichen Sparentscheidungen der Haushalte resultiert, auf der anderen Seite ist sie jedoch gleichzeitig auch eine Restgröße, die aus völlig verschiedenen und mit dem „eigentlichen“ Sparen überhaupt nicht zusammenhängenden Transaktionen resultiert.

Zwei Beispiele, wie man hier in die Irre geführt werden kann:

(1) Importiert ein Land kurz vor Ende der Rechnungsperiode eine große Menge an Waren, die in dieser Periode nicht mehr konsumiert werden können, so ist dies eine Lagerinvestition und damit gleichzeitig eine volkswirtschaftliche Ersparnis – obwohl hier eigentlich gar nicht wirklich etwas gespart wird.

(2) Sehr groß in Mode ist gegenwärtig die These, dass derzeit überall entspart wird – in Japan beispielsweise. Dort lösen die über 60jährigen ihr Vermögen auf, weil sie keine Altersunterstützung haben, und leben davon. Es klingt natürlich plausibel, dass es sich hier um ein Entsparen, also um ein Auflösen von Ersparnissen handelt, wenn man sein Vermögen verkonsumiert. Doch es ist falsch. Es findet eine einfache Vermögensumschichtung statt. Die einen transferieren Geld in Asset, die anderen Asset in Geld, um zu konsumieren. Dadurch steigt der Konsum und das Einkommen. Sollten nun Teile dieses Einkommens gespart werden, dann gibt es sogar eine positive Ersparnis. Von einer negativen Ersparnis ist jedoch bei weitem nichts zu sehen.

Kann es überhaupt eine Ersparnis von null oder sogar eine negative Ersparnis geben? Mehr dazu am Mittwoch an dieser Stelle.


berndniquet@t-online.de


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