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Alt 10-06-2002, 07:23   #1
nokostolany
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HEDGE-FONDS - Deutschland noch Entwicklungsland ?!

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Kenneth Griffin ist das, was Amis einen "smart guy", einen schlauenBurschen nennen. Der 33-Jährige wacht über sechs Milliarden Dollar, dieseine eigene Firma Citadel Investment Group verwaltet. Zu Griffins Kundenzählen die Investmentbank Morgan Stanley ebenso wie die University ofNorth Carolina. Doch Citadel ist keine beliebige Fondsgesellschaft.Citadel managt Hedge-Fonds.

Immer mehr Versicherungen, Pensionskassen, Stiftungen undPrivatpersonen vertrauen Hedge-Fonds wie denen von Griffin ihr Geld an.Trotz desschlechten Rufs, der den Fonds anhängt, boomt die Branche. Allein imvergangenen Jahr flossen den Fonds schätzungsweise 33 Milliarden Dollarzu.Rund 600 Milliarden Dollar werden derzeit verwaltet. Tendenz steigend.

Goldman Sachs etwa prognostiziert, dass die Branche indiesem Jahr um26 Prozent wachsen wird.Skandale wie die Beinahe-Pleite des Long Term Capital Management (LTCM)haben der Szene nicht geschadet. Der Milliarden-Dollar-Fonds hatte sich1998 verspekuliert - auf Pump. Der Fall sorgte für weltweitesöffentliches Aufsehen. Die US-Notenbank organisierte eine Hilfsaktion, einDutzend Banken sprang rettend ein. LTCM hat seine Schulden zurückgezahlt -der Beigeschmack indes blieb. Dabei war der Fonds sowohl von seinerGröße als auch von seinem Verschuldungsgrad eine Ausnahme. Aber derLTCM-Skandal hat die Branche verändert. Heute wollen Investoren eingeeignetesRisikomanagement sehen. Völlig im Verborgenen können die Fondsmanagerkaum mehr arbeiten.Die Branche befindet sich im Umbruch"Heute bewerben sich Hedge-Fonds bei Dachfonds, um dort aufgenommen zuwerden", sagt Jacob Schmidt, Direktor der Analyse-Firma HedgeinfoinLondon. Die Fonds werden nicht mehr allein von ehemaligenInvestmentbankern, Fondsmanagern und Wunderknaben wie Griffin gegründet.Derspekulierte bereits als 18-jähriger Harvard-Student mit Wandelanleihen undverwaltete über 260000 Dollar. Darunter auch Geld seiner Großmutter.Mittlerweile steigen auch traditionelle Investmentgesellschaften undBankenins Geschäftein. HypoVereinsbank, Deutsche Bank und auch die Allianz -kaum ein Finanzinstitut, das nicht dabei ist. Am Boom wollen sie alleverdienen.Seit September 2000 werden in Deutschland Anlegern Beteiligungen anHedge-Fonds in form von Zertifikaten angeboten. Vor zwei Wochen kam etwadas Arix-Top-Return-Zertifikat (788288) der Dresdner Bank auf den Markt,bereits das zweite Produkt aus diesem Haus.Aber was hat Otto Normalanleger von solchen Hedge-Fonds-Produkten? "DieBeimischung kann in einem Portfoliodas Rendite/Risiko-Profilverbessern", sagt Gerhard Single, Vermögensverwalter bei derBaden-Württembergischen Bank. Bei gleich hohem Risiko kann die Rendite desGesamtdepotssteigen - oder bei gleicher Rendite das Risiko sinken. Grund für dieseverbesserte Effizienz: Die Renditen der Hedge-Fonds entwickeln sich oftunterschiedlich zu den übrigen Anlageklassen.

Allerdings funktionieren die Fonds in vielen Aspekten anders als dietraditionellen Geldanlagen Aktie, Anleihe und Investmentfonds.Hedge-Fonds sind keine gewöhnlichen Fonds. Anteile heute kaufen, morgenverkaufen - schnelle Deals sind nicht drin. Vielmehr sind sie eine Artprivater Investment-Pool. Ein Investor ist in der Regel eine Artstiller Gesellschafter, der einen längeren Zeitraum an den Pool gebundenist.Die Mindestanlagesumme liegt oft bei 500000 Dollar oder mehr.Experten raten zuDachfonds. Zum einen können Investoren sich überDachfonds mit geringeren Summen beteiligen. Zum anderen ist die Auswahleines Hedge-Fonds für einen Privatanleger sehr schwierig: Die Strategiensind kompliziert, die Branche immer noch wenig transparent. Und: DerErfolg eines Fonds hängt stärker als bei einem normalen Investmentfondsvom Talent des Fondsmanagers ab. "Wer in Hedge-Fonds anlegt, investiertin die talentiertesten Köpfe der Finanzbranche", sagt Analyst Schmidt.Talente wie Griffin zu finden, ist die Aufgabe der Dachfonds.

Hedge-Fonds-Zertifikate hinken noch hinterherFür deutsche Privatanleger, die in derartige Dachfonds investierenwollen, ist der Expertenrat jedoch nur bedingt tauglich: Sowohl Dachfondsals auch einzelne Hedge-Fonds können in Deutschland aus gesetzlichenGründen nicht verkauft werden (siehe Kasten rechts). Die Finanzbehördendrohen Inländern, die sich direkt an ausländischen Fonds beteiligen, miteiner satten Strafbesteuerung.Deshalb wählten die Banken die Zertifikats-Lösung. Mit ihr bieten sieüber mehrere Umwege die legale Teilnahme an der Wertentwicklung einesKorbes aus Hedge-Fonds an. Im Prinzip funktionieren die Zertifikate wieDachfonds.

Aber: "Bisher konnten die Zertifikatsemittenten die Erwartungen nichterfüllen", sagt Vermögensverwalter Single. Die Deutsche Bank etwa warbfür ihr Xavex Hedge Select mit zehn bis 15 Prozent Rendite pro Jahr.Seit Auflegung im September 2000 hat das Papier 2,7 Prozent verloren(siehe Tabelle Seite 60).Nicht nur wegen der liberaleren Gesetzgebung sind Anleger in derSchweiz und Großbritannien besser dran. Dort werden Dachfonds schon längerangeboten. Und ihre Wertentwicklung stellt die deutschen Zertifikate inden Schatten. So gibtes in der Schweiz börsennotierteAktiengesellschaften, deren einziger Zweck es ist, in Hedge-Fonds zuinvestieren (sieheTabelle Seite 58). Investmentmanager und Hedge-Fonds-Analysten suchendabei die einzelnen Fonds aus.

Ein Steuexperte warnt jedoch: "Ein deutscher Anleger kann sich einesolche Aktie ins Depot legen und die Kursgewinne nach einem Jahrsteuerfrei vereinnahmen, das geht aber nur so lange gut, bis das Finanzamtdahinter kommt." Stellt sich dasInvestment als Hedge-Fonds-Anlage heraus,droht eine renditevernichtende Strafbesteuerung.Probleme, die britische Anleger nicht kennen. Die Dachfonds werden wienormale Investmentfonds bei einem Finanzmakler oder einer Privatbankerworben. Das Angebot richtet sich an vermögende Kunden, die ausreichendfinanzielle Mittel nachweisen müssen. Experten raten dazu, nur zehn bis20 Prozent des Gesamtvermögensin Hedge-Fonds zu investieren. InGroßbritannien ist man ab 100000 Dollar bei einem Dachfonds dabei. Trotzgewisser Haltefristen, die es auch bei Dachfonds gibt, können die Anteilevor dem Kündigungstermin zurückgegeben werden. Die Fondsanteile werdenauf einem informellen Sekundärmarkt gehandelt.

Auch die deutschen Zertifikate sind nicht so liquide wie etwa eingewöhnlicher Investmentfonds. Der offizielle Rücknahmepreis kann imRegelfall nur einmal im Monat berechnet werden. Zwar haben alle EmittentendenBörsenhandel eingeführt. Der Börsenkurs wird aber nur geschätzt - undkann unter dem fairen Wert liegen. Ein Verkauf über die Börse ist somitnur Notlösung. "Hedge-Fonds sind nun mal nichts für den Notgroschen",so Analyst Schmidt.Wer zum Beispiel das Zertifikat der Deutschen Bank zum fairen Werteinlösen will, muss mindestens 35 Tage vor dem letztenGeschäftstag einesMonats kündigen. Nach 50 weiteren Tagen bekommt der Anleger sein Geld.Von der Kündigung bis zur Auszahlung kann es also 85 Tage dauern.Eine bessere Lösung hat die Société Général gewählt. Bei ihremZertifikat nehmen Anlager an der Entwicklung von bis zu 20 Einzeldepotsteil.Diese so genannten Managed Accounts werden von Hedge-Fonds-Managern imAuftrag der Bank verwaltet. Die Manager müssen dabei ihre Positionenwöchentlich offen legen. Dadurch kann die Bank das Risiko besserüberwachen - und notfalls schneller die Notbremse ziehen.Neben Zertifikaten gibt es in Deutschland Genussscheine. So etwa vonder österreichische Quadriga oder der deutschen Firma Nauerz & Noell. Wersich am Quadriga-Schein beteiligt, ordert ihn bei seiner Hausbank,mindestens drei Tage vor Monatsultimo. Die Mindestanlage beträgt 2000Euro.Drei Jahre muss der Scheingehalten werden, ansonsten gibt es beimVerkauf einen Abschlag von vier Prozent. Auch beim Genussschein sollte derVerkauf über die Börse nur Notlösung sein.

Aber Achtung: Das Risiko eines einzelnen Hedge-Fonds ist hoch - wie dasRisiko einer einzelnen Aktie. Der Quadriga-Fonds legte zwar seit Anfang1999 rund 64 Prozent zu. Seit Jahresbeginn machte der Fonds aber rundzehn Prozent Verlust. Auch Wunderknaben können sich irren.

von Matthias Hoppe (Euro am Sonntag)


Quelle: Finanzen.Net
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