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Alt 03-04-2004, 09:36   #285
Benjamin
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Hi,
EUR/USD ist im Moment eine harte Nuß für die Analyse, wenn man die nächsten Wochen prognostizieren will. Die positiven US-Arbeitsmarktdaten geben für diese Periode eher eine Richtung zu tieferen Kursen vor. Längerfristig herrscht jedoch unter Ökonomen eine Mehrheitsmeinung vor, die einen Kursanstieg des Euros vorsieht. Irgendwo sollte da also ein Boden sein/kommen.

Elliott hilft im Momet wenig, da zu mehrdeutig.

Fibronacci ist ein Ansatz, der "Verdachtszonen" definieren kann. Die im Chart softwareberechneten Level sind populär, weil sie so einfach verfügbar sind und man die Ergebnisse nur im Chart ablesen muß. Das bekommt jeder hin, der lesen kann, daher die hohe Verbreitung. Die Wellen halten sich aber oft nur ungefähr an diese berechneten Level, das muß man einfach im Hinterkopf haben, wenn man diese Methode nutzt. Interessanter weil zuverlässiger sind da schon Fibro-Kursverhältnisse der Wellen untereinander; die müssen aber händisch berechnet werden, das macht keine Software für einen. Bedingung: Man muß eine Analyse haben, welche Wellen wie zusammenpassen. Wenn das auch nicht so recht vorliegt, ja dann bleibt nur der Blindenstock dieser simplen Fibro-Level aus der Software.

Wenn man sowohl die mutmaßliche Welle 3 als auch die Summe aus den Wellen 1 - 3 heranzieht, ergeben sich in Summe diese "Verdachtszonen":
1,2080
1,1960 "Mehrfachnennung" dieses Bereiches 1,1960 - 1,1990 liegt vor, z. B. wenn man den ganzen mehrjährigen Impuls auch noch heranzieht.
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1,1830 (Kurse unter 1,1860 sagen, dass der mehrjährige Impuls am 12.1.04 beendet wurde, wir also gerade die große a-Welle einer Korrektur vor uns haben, deren Ende wir suchen.)
1,1740
1,1580
1,1380
1,1270
1,0760
etc.

Manche Ökonomen sagen, dass im Sommer die fiskalpolitischen Maßnahmen der USA ihre Wirkung verlieren werden. Der US-Aktienmarkt dürfte keine deutlich höheren Hochs mehr zustande bringen. Die US-Anleihen werden darunter leiden, dass die BoJ etwas weniger interveniert und also weniger Dollars in Treasuries anlegt. Zudem denken andere asiatische Zentralbanken darüber nach, ihre Interventionsdollars in eigenen asiatischen Anleihefonds anzulegen, nicht mehr am US-Markt. Kurzum, die Attraktivität US-amerikanischer Assetts dürfte für Anleger außerhalb der USA mittelfristig abnehmen. Kurzfristig ist ein "Überzeugungseffekt" der gestrigen US-Arbeitsmarktdaten gut möglich, also z. B. ein neues Herauflaufen des S&P 500 auf das alte Top, evtl. sogar ein leichtes Überschreiten jenes Tops. Aber es dürfte keine wirklich bedeutende, nachhaltige Überschreitung des alten Tops mehr geben, es wird da irgendwo ein letztes (Zwischen-?)Top geben bis zum Sommer diesen Jahres, wie auch immer die Wellenstruktur im Detail aussehen mag. Für den Rest von 2004 dürfte es dann abwärts gehen am US-Aktienmärkten und beim Dollar. Spannend wird dann sein, ob Japan, Korea, etc. sich dann hinsichtlich ihrer lokalen Aktienmärkte dann von der Bewegung in den USA bereits werden abkoppeln können oder noch nicht. Denn irgendwann wird diese Abkopplung kommen, die Frage ist nur noch, wann.

Ein Symptom dafür war imo der prozentual recht geringe Anstieg des S&P 500 gestern auf die US-Arbeitsmarkt-Meldung: +0,87% waren glaube ich das Maximum, das die SPX-Futures angezogen waren, danach fielen sie sogar wieder ab. Wenn jetzt wirklich die Leute mit ihren Millionen pro Tag gelaufen kommen, weil sie nur auf diese US-Arbeitsmarktbestätigung gewartet haben, dann wäre der Anstieg viel höher ausgefallen. Ich entnehme aus diesem Verhalten des Index, dass die Leute zwar kurzfristig noch einen gewisses Indexanstieg ins Kalkül ziehen, aber die Furcht haben, dass das Spiel wohl bald (mittelfristig) vorbei sein wird und der labende Geldsegen der US-Fed sich "demnächst" verteuern dürfte. Dann fallen US-Aktien u. Anleihen u. der Dollar. Nur, wann genau das passieren wird, weiß ich auch nicht, sorry.

Versuchsweise kann man eine kurzfristige Strategie fahren, den Euro zu shorten, mit engem SL. Aber hohes Risiko: Der SL wurde zu eng gewählt, man fliegt wegen dem aktuellen breitbandigen Gedaddel raus, obwohl evtl. die Richtung kurzfristig schon richtig war. Oder man spekuliert bereits jetzt auf die mittelfristige Aufwärtsrichtung und kauft in bestimmten Zeitabständen kleinere Long-Anteile mit ganz niedrigem Hebel (unter 10!) und langer Laufzeit, um so in der Periode mit den Einzelkäufen auch Käufe nahe dem Low zu tätigen, die Bankberater sprechen vom cost averaging effekt. Die gekauften Longs werden dann gehalten, selbst wenn zwischenzeitlich der Euro weiter fällt. Entweder, die mittelfristige Strategie bestätigt sich später, dann werden die Oma-Longs bei halbwegs sicherer Gelegenheit in heißere Produkte umgetauscht, oder alle Ökonomen haben sich doch geirrt, dann muß halt irgendwann die Reißleine gezogen werden.

Im Moment mangelt es imo an vernünftigen Anhaltspunkten für die Prognose der nächsten Wochen, da mögen die professionellen Analysten auch noch so ihren Brustton der Überzeugung verwenden in der Darstellung ihrer munteren Raterei (sprich: Tagesanalysen).

Mein persönlicher Rat: When in doubt, stay out. Unter Umständen über Wochen. Ich brauche entweder einen Bruch der 1,1860 oder einen vernünftigen Beginn einer Aufwärtsbewegung. Dazwischen wird nur geraten und gezockt. Wer das machen will, soll das tun, mit dem Wissen des erheblichen Risikos, dabei Geld zu verlieren.

Sorry, leider Kenne ich den Königsweg auch nicht. Daher warte ich bei EUR/USD ab und schaue mir andere Anlageobjekte an. Werde aber schon auch hier regelmäßig reinschauen.
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Beste Grüße, Benjamin

Geändert von Benjamin (03-04-2004 um 10:24 Uhr)
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