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Alt 28-04-2004, 23:46   #52
cade
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FRANKFURT (dpa-AFX) - Das nachgebesserte Angebot des US-Konzerns Procter &
Gamble <PG.NYS> <PRG.FSE> für die ausstehenden Aktien der Wella AG <WAD3.ETR>
stößt bei Aktionären und Anlegerschützern auf Kritik. Trotz einer Anhebung der
Offerte um knapp 8 Euro je Aktie wird das Angebot von den Minderheitsaktionären
noch immer als zu niedrig empfunden. Aktionärsschützer kritisieren zudem, dass
sich P&G durch die Verlegung der Hauptversammlung um seine Nachbesserungspflicht
für die Aktionäre drückt, die ihre Anteile bereits getauscht haben.

Der US-Konzern hatte am Montag den Abschluss eines Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrags mit Wella bekannt gegeben und das Angebot für die
Vorzugsaktien pro Stück von 65 Euro auf 72,86 Euro erhöht. Zugleich verlegte der
Konzern die Hauptversammlung, auf der über den Vertrag abgestimmt werden soll,
vom 13. Mai auf den 8. Juni. Die Frist, in der sich P&G in seinem
Übernahmeangebot zu Nachbesserung verpflichtet hat, läuft allerdings am 4. Juni
aus. "Damit spart sich P&G eine Menge Geld", kommentierte Jürgen Kurz, Sprecher
der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW), den Schachzug der
Amerikaner. "Das ist amerikanische Business, knallhart. Die Aktionäre, die nicht
gewartet haben sind nun die Gelackmeierten."

SPEKULATION AUF NACHBESSERUNG

Derweil spekulieren die Minderheitsaktionäre des Wella-Konzerns, die sich
bislang der Abgabe ihrer Aktien widersetzt haben, auf eine Nachbesserung. "Wir
sind überzeugt, dass es eine substanzielle Anhebung geben wird", sagte
Rechtsanwalt Josef Broich, der die Minderheitsaktionäre vertritt. Dabei berufen
sich die Anteilseigner auf ein Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Susat & Partner, das den Wert der Wella-Aktie im vergangenen Jahr auf über 84
Euro bezifferte. "Mit dem Zinssatz dürfte er inzwischen eher bei 90 Euro
liegen", sagte Broich. Die Prüfer von PricewaterhouseCoopers (PwC) hatten in
ihrer Analyse einen fairen Wert von 69,27 Euro je Aktie errechnet.

Die Hoffnungen der Minderheitsaktionäre ruhen dabei auf einem so genannten
Spruchverfahren, bei dem die Abfindungszahlungen an die Aktionäre auf ihre
Angemessenheit hin überprüft werden. Das Prozedere sieht vor, dass nach
Zustimmung der Hauptversammlung der Vertrag im Handelsregister eingetragen wird.
Anschließend haben die Aktionäre zwei Monate Zeit, das Spruchverfahren zu
erwirken. "Die Mehrzahl solcher Überprüfungen endet mit einer Anhebung", sagte
Broich. Laut DSW-Sprecher Kurz dauert es in der Regel aber sechs bis sieben
Jahre, bis ein Spruchverfahren zu einem Ergebnis kommt. Einigten sich beide
Seiten auf einen Vergleich könnte es zu einem schnelleren Abschluss kommen. "In
jedem Fall braucht man einen langen Atem", sagte Kurz.

Großaktionär Procter & Gamble wird auf der Hauptversammlung deshalb im Juni
ein scharfer Wind ins Gesicht blasen. Broich bewertet nicht nur die Umgehung der
Nachbesserungspflicht als "Skandal". Der Abschluss des Beherrschungsvertrages
ist aus seiner Sicht ein Eingeständnis von P&G, die Anteilseigener monatelang an
der Nase herum geführt zu haben. P&G habe bei der außerordentlichen
Hauptversammlung von Wella Anfang Februar und bis zuletzt die Notwendigkeit
eines solchen Vertrages bestritten, obwohl bereits die internen Vorbereitungen
für das Werk hätten laufen müssen. "Die Inszenierung dieses Theaterstückes mit
all den Camouflage-Gutachten hat alle Seiten viel Geld gekostet", sagte Broich.
P&G habe sich jede Glaubwürdigkeit verspielt.

Der US-Konzern hatte im März 2003 die Mehrheit an Wella erworben und besitzt
rund 81 Prozent des Grundkapitals und 99,6 Prozent der Stimmrechte. Die
rebellierenden Minderheitsaktionäre, zu denen internationale Fonds und die
Sparkassen-Fondsgesellschaft Deka gehören, halten knapp 20 Prozent am
Grundkapital./she/sit/mur

--- Simone Hett, dpa-AFX ---




Quelle: News (c) dpa-AFX Wirtschaftsnachrichten GmbH
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cade
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