Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 21-04-2011, 12:57   #14
Tester32
TBB Family
 
Benutzerbild von Tester32
 
Registriert seit: Jan 2004
Beiträge: 2.209
Ich habe keine eindeutige Meinung zu Migrationsprozessen (damit meine ich nicht nur die Zu-, sonder auch die Abwanderung). Die Bevölkerungsmigration ist sehr vielschichtig.

Ich verstehe simplify's Meinung zum Arbeitskräftemangel in Deutschland. Mein Onkel sagt auch, dass im Jahr seiner Einwanderung 1993 es in den damaligen Zeitungen kaum Niedriglohn-Stellenanzeigen gab, sie waren von den Einwanderern der damaligen Russlanddeutsche-Welle sofort besetzt. Heute sind die Anzeigen voll mit Niedriglohn-Jobangeboten, aber niemand will sie besetzen. Die damaligen Einwanderer sind integriert und neue kommen nicht nach.

Aber hier geht es um eine strategische Frage, wie plant der Staat die Entwicklung der eigenen Gesellschaft, Wirtschaft, der Bevölkerung (Heimische+Zuwanderer).

Wenn man wieder weg von der Dienstleistungsgesellschaft und hin zu der Exportwirtschaft will, dann:
1. werden die Arbeitskräfte vorrangig im produzierenden Gewerbe "aufgesaugt" und dann müssen sie eine entsprechend hohe Qualifikation aufweisen, um mit den chinesischen Produktionskosten mithalten zu können.
2. wir werden immer mehr automatisieren müssen, um den Mangel an billigen Arbeitskräften im Dienstleistungsbereich zu verkraften. In Dänemakt gibt es bereits automatisierte Tankstellen ohne Bedienung, nach dem Einzug der RFID-Technologie werden die Kassen in den Geschäften menschenleer sein usw.

Alle Deutschen werden nur noch hochqualifizierte Arbeiten in Fabriken und Firmen erledigen, die ihre Produkte ins Ausland verkaufen und im Dienstleistungsbereich wird weiter ein Mangel herrschen.

Vorteile:
* die Bevölkerung verdient gut.
* sie ist gut gegen die Überalterung gerüstet.

Nachteile:
* weiter wenig Service und die Chinesen wundern sich weiter, warum gut verdienende Deutsche ihre Ikea-Möbeln selber im PKW nach Hause mitnehmen und zusammenschraiben.

Die CDU/CSU haben im Prinzip auf eine HighQuality-Zuwanderung gesetzt. Durch die Sprachprüfung wird sichergestellt, dass nur lernfähige Zuwanderer mit einem bestimmten IQ zu uns kommen. Die meisten Analphabeten aus Ost-Anatolien bestehen diesen Test natürlich nicht. Auch nach der Einwanderung wird man zu Sprachkursen verpflichtet (soll erst seit ca. 3 Jahren so sein) und neulig soll sogar eine laufende sprachliche Fortschriffprüfung stattfinden.

Ich finde dieses Konzepz der Filterung interessant, habe aber ein wenig Bedenken, ob die Förderung unserer Bevölkerung dabei nicht zu kurz kommt. Die deutschen Schulen sind weiter nicht das gelbe vom Ei, um die schlecht ausgebildeten deutschen Erwachsenen kümmert sich überhaupt niemand und es kann doch nicht sein, dass man sich von den Zuwanderungswilligen das Feinste vom Feinsten aussucht, aber gleichzeitig die Ausbildung der Deutschen nur halbherzig betreibt! Als Deutscher fühle ich mich vom Staat vernachlässigt, das grenzt schon fast an einer Beleidugung. Sind wir hier Menschen zweiter Klasse im Vergleich zu den Creme-De-La-Creme-Zuwanderern oder was?

Übrigens, Wanderungskonzepte waren wohl noch nie die Stärke von Deutschland. Erst Millionen Auswanderer an die USA und Ost-Europa verloren. Anfang des 20en Jahrhunderts wollten meine deutschstämmige(!) Verwandte mal nach Deutschland auswandern. Sie wurden in ein Aufnahmelager in eine Quarantäne gesteckt. Nachdem dort jemand erkrankt ist, wurde die gesamte Gruppe, alle zusammen zurück ausgewiesen. Darauf gingen sie alle in die USA und haben dann dort auch weiter gelebt und in den US-Fabriken gearbeitet. Der Sprung vom Bauerndasein auf dem Lande in die Fabrikhalle ist ihnen nicht durch den Wechsel nach Deutschland, sondern erst in die USA gelungen.

Die Welt wird immer offenen und wir werden darauf reagieren müssen. Aber leicht ist das Thema nicht. Überhaupt nicht.
Tester32 ist offline   Mit Zitat antworten