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Alt 21-08-2011, 13:36   #281
Benjamin
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Hallo Franki und alle übrigen,

Du stellst die 1-Mio-Dollar-Frage, Franki.

Ich benutze verschiedene Glaskugeln, aber es sind auch immer nur Glaskugeln, also ohne Garantie.

Meine Denke geht - ganz grob gesprochen - so: Die Kursstürze an den Aktienmärkten haben alle Anleger verschreckt und in defensive Anlagen getrieben: Cash, Gold, Staatsanleihen großer Staaten (vor allem der USA), die alle einen großen Nachteil haben: Sie sind primär Geldaufbewahrungsmittel, aber selber erwirtschaften ("produzieren") sie bei den derzeitigen Zinsniveaus kein/kaum Geld sondern drohen, bei "politisch gewollter Inflation" und folglich hier negativem Realzins Kaufkraft zu verlieren.

Nun kündigen die Notenbanken wichtiger Staaten an, ihr konstitutionelles Verhalten zu ändern bzw. an sich "unbotmäßiges" Verhalten noch weiter zu verstärken: Offenbar soll auf Biegen und Brechen Inflation, damit ein negativer Realzins und damit ein vermehrtes Geldausgabeverhalten in der Bevölkerung erzeugt werden.

Es gibt mehrere Probleme damit: Die Geld-Drucker in den Nationalbanken haben ein falsches Modell des menschlichen Verhaltens im Kopf, was ich hier in 3 Punkten einmal erläutere.

Nr. 1.: Offenbar gehen diese Makroökonomen vom ungebrochenen Vertrauen der Leute in staatliche Strukturen aus, wozu die Notenbanken zählen. Die Leute verlieren aber zunehmend das Vertrauen in diese Einrichtungen - teilweise in staatliche Einrichtungen überhaupt - und schauen primär nur noch auf sich und ihr näheres (regionales) Umfeld. Die persönliche Wahrnehmung bei den Leuten von großen politischen Ereignissen und Zusammenhängen heute ähnelt immer stärker derjenigen in der Endphase der UDSSR: Es regieren völlig abgekoppelte übermächtige Einrichtungen, die nicht mehr demokratisch legitimiert sind, unter Umgehung angemessener Einbeziehung der jeweiligen Parlamente. Die Fed-Ankündigung, bis 2013 den Leitzins in den USA unter den derzeitigen Verhältnissen bei praktisch Null% zu lassen, geht in diese Richtung; analog bei uns die ganzen Entscheidungen zur "Rettung des Euro". Da werden Unsummen an Geld in die Hand genommen, und die Parlamente bekommen es kaum mit bzw. haben darauf keinen Einfluss, wie z.B. die Wandlung der EZB zu einer "Bad-Bank", für die die Leute später haften sollen. Probleme wurden nicht gelöst, sondern immer nur gerufen "Vertraut uns!". Dann hat man immer höherwertige Insitutionen bemüht, in den Chor "Vertraut uns!" einzustimmen: Die Nationalstaaten, dann der nördliche Teil der EU, vor allem Deutschland. Nun ist dieses Modell ausgereizt: Die noch liquiden Staaten der EU sind nun schon vereinnahmt worden, und die Leute sehen, es wird nicht besser - obwohl da schon ein großer Chor an staatlichen und europäischen Institutionen am singen ist "Vertraut uns!". Was sagen die Leute? "Ihr spinnt doch!" - und wenden sich ab.

Nr. 2.: Die Leute haben eher Angst vor der Zukunft und wollen eher sparen als ausgeben; sie kaufen sich eben nicht den 3. Fernseher, wenn sie um ihren Job fürchten müssen, sondern sie legen ihr Geld nur neu anders an: Nicht in Konsumartikel, sondern z.B. in Fremdwährungs-Anlagen z.B. im Schweizer Franken, in der Schwedischen Krone oder anderen z.B. asiatischen Währungen. Und an der Stelle wird all das als günstige Alternativanlage (relativ zu Gold und US-Staatsanleihen) erscheinen, bei dem eine Jahresrendite von mehr als ca. 2-3% bei immer noch guter Sicherheit erwirtschaftet werden kann, und bei dem das Geld nicht primär mit dem Export in die USA erwirtschaftet wird. Und das dürften z.B. viele Anleihen in den asiatischen Märkten (die nicht primär in die USA sondern in andere asiatische Märkte exportieren) auf Sicht noch eine Weile bieten können, auch in € berechnet. Ebenso erscheint mir persönlich Öl (nicht Ölaktien, sondern der Rohstoff) ein fast narrensicheres Anlageobjekt zu sein. Historisch stieg der Ölpreis (in $ bewertet) rund 17% pro Jahr. Das wird imo auch so bleiben (eher noch an Geschwindigkeit zunehmen), wenngleich Korrekturen zu solchen Anstiegen nun einmal gehören. Ich persönlich ziehe eine Öl-Anlage einer in Silber vor!

Nr.3: Diese makroökonomischen Geld-Drucker unterschätzen völlig den riesigen Bondmarkt. Die Verwalter dieser riesigen Summen haben etwas gegen "gewollte" Inflation, gegen die der Staat logischwerweise nicht mit höheren Leitzinsen angehen will. Bond-Halter verlieren dann echte Kaufkraft! Diese Fortsetzungsankündigung der Null-Prozent-Policy in den USA (0,00% - 0,25%, voraussichtlich bis Mitte 2013)muss in deren Ohren daher wie eine Kriegserklärung geklungen haben!!! Nach meiner Meinung werden die Bondmärkte (vermutlich bereits kommende Woche!) zeigen, was sie von dieser Politik halten - und den Treasury-Markt (beginnend entweder am 22.08.2011 oder in wenigen Tagen danach als neuer Trend) in die Tiefe schicken, siehe hier U.S. TREASURIES 10+ YRS (TRR, USD) http://www.ftor.de/tbb/showthread.php?t=7469&page=6 und hier:


Aktien sind nach der u.g. EW-Analyse auch ein Kandidat, aber die Risiken sind nicht zu vernachlässigen. Im angehängten Chart habe ich bezüglich des DAX einmal meine Erwartungshaltung aufgezeigt:
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Beste Grüße, Benjamin

Geändert von Benjamin (14-02-2016 um 21:33 Uhr)
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