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Alt 05-02-2012, 11:44   #86
Benjamin
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Die "Wachstums-Nummer" vom letzten EU-Gipfel (siehe #78 oben) droht zu kippen:

"Griechenland" droht zu scheitern - alles Geld umsonst ?!


Es steht "auf Messers Schneide!" Der Chef der Euro-Gruppe, Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker, fordert weitere Anstrengungen von Athen und droht damit, die EU-Hilfen einzustellen. Auch eine Insolvenz des Euro-Landes schließt er nicht mehr aus. Griechenlands Gnadenfrist läuft noch bis zum 20. März. Dann werden Staatsanleihen in Höhe von 14,4 Milliarden Euro fällig. Ohne einen umfassenden Schuldenschnitt von bis zu 75 Prozent und die Freigabe des nächsten Rettungspakets wäre das Land dann bankrott.

Nur eine Drohgebärde?

"Wenn wir feststellen sollten, dass alles schiefgeht in Griechenland, dann würde es kein neues Programm geben, dann hieße das, dass im März die Pleiteerklärung erfolgt." Allein die Möglichkeit, dass so etwas passieren könnte, sollte den Griechen, so Juncker, "dort Muskeln verleihen, wo sie im Augenblick noch ein paar Lähmungserscheinungen haben".

Die Forderungen:
  • Kürzungen der Löhne auch im privaten Bereich, die bis zu 25 Prozent weniger Einkommen für die Arbeitnehmer bedeuten könnten (Arbeitskosten sollen um 25 Prozent reduziert werden)
  • Minderung des Mindestlohns von derzeit 750 Euro
  • massive Entlassungen im staatlichen Bereich: bis 2015 etwa 150.000 Staatsbedienstete
  • Bekämpfung der Korruption auf allen Ebenen der Verwaltung
  • heimische Reformbewegungen (Die Mehrheit der Griechen macht das Ausland für die Probleme des Landes verantwortlich.)

Dagegen allerdings gibt es große Vorbehalte bei Gewerkschaften und Arbeitegebern sowie in allen Parteien, die die griechische Regierung stützen - Sozialisten, Konservative und die kleine rechtsgerichtete Partei LAOS. Die europäischen Schuldeninspektoren fordern von diesen eine Garantieerklärung, dass sie die Reformen mittragen, und zwar über die für April geplante Parlamentswahl hinaus.

Geplant für Sonntagnachmittag war ein entscheidendes Treffen von Ministerpräsident Papademos mit den Vorsitzenden der Parteien, die seine Regierung unterstützen - Sozialisten, Konservative und eine kleine rechtsgerichtete Partei. Papademos und die politische Führung des Landes wollen klären, wie es weiter gehen soll. Die Wahl zwischen 2 Wegen:
  • zwischen dem schwierigen Weg weiterer harter Einsparungen
  • und einem Staatsbankrott

Auch die Verhandlungen mit dem Internationalen Bankenverband IIF über einen Schuldenerlass sollten fortgesetzt werden. Eine Einigung auf einen freiwilligen Schuldenschnitt mit den privaten Gläubigern, darunter Banken und Hedge-Fonds, ist auch Voraussetzung für weitere Hilfen der Troika.

Nach einem Bericht der griechische Zeitung "Ta Nea" könnte das Volumen des Schuldenschnitts unter anderem mit EZB-Beteiligung von 100 auf 170 Milliarden Euro ausgeweitet werden. Demnach sollen 147 Milliarden Euro auf die privaten Gläubiger und 23 Milliarden Euro auf öffentliche wie die Notenbank entfallen. Dies wollte das Finanzministerium in Athen am Samstag nicht kommentieren. Bisher sollte das neue EU-Paket 130 Milliarden Euro betragen; inzwischen gehen Diplomaten von 145 bis 150 Milliarden aus.

Die Angst vor einem Domino-Effekt....

... dann könnte es zu kaum vorstellbaren Kollateralschäden kommen, sagte Ackermann am Samstag auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Er warnte insbesondere vor einer Ansteckungsgefahr auf andere Länder und betonte: "Es geht nicht nur um Griechenland, sondern um Europa."
Dann würden Banken und andere Investoren einen großen Bogen um andere hoch verschuldete Euroländer wie Portugal, Spanien, Italien oder Irland machen. Schließlich wollen sie nicht erleben, dass auch ihre Forderungen an diese Staaten plötzlich auf abgewertete Lire oder Peseten lauten.
Weitere Länder müssten die Eurozone verlassen, um dem Zusammenbruch ihres Finanzsystems zuvorzukommen. Die verbleibenden Kernländer würden an einer derart tiefen Banken- und Finanzkrise leiden, dass auch sie den Fortbestand der Währungsunion infrage stellen würden.

... geht am Thema vorbei: Wir dürften bald über humanitäre Hilfe reden müssen:

Die Lage in Griechenland spitzt sich mit rasender Geschwindigkeit immer mehr zu, der Fokus auf "das Bedienen der €-Schulden" wird bald weichen müssen einem Fokus auf "Hilfe gegen das Verhungern":

Griechenlands Austritt aus der Eurozone - das kleinere Übel?

McKinsey-Chef Frank Mattern etwa findet, "dass ein geordneter Austritt aus der Eurozone für Griechenland das kleinere Übel ist". Die griechische Wirtschaft könnte besser exportieren u. die EU wäre ein Faß ohne Boden los.

Aber...
  • außer Olivenöl, ein paar Textilien und Chemikalien gibt es kaum Exportbranchen, die von einer billigen Drachme profitieren würden.
  • es gäbe eine rasante Kapitalflucht aus dem Land
  • ... und einen Run auf die griechischen Banken; diese stünden rasch vor dem Konkurs
  • Ohne Bankkredite müssten aber immer mehr Unternehmen Insolvenz anmelden.
  • nach einem Euroaustritt müßte wieder eine griechische Notenbank neu gegründent werden: Sie könnte die Geldpresse anwerfen und so die Banken finanzieren. Die Folge aber wäre eine Hyperinflation.
  • Folge davon: Totalabsturz des Drachmewechselkurses
  • Griechenland wäre umso stärker von Importen abhängig, nicht zuletzt von Treibstoffen, die nun viel teurer würden - und die Inflation nur noch weiter anheizten.
  • Die Kosten des Euroaustritts für Griechenland allein im ersten Jahr auf 40 bis 50 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung geschätzt.
  • Ein Militärputsch oder ein Bürgerkrieg könnten früher oder später folgen.

Für Griechenland wäre ein EU-Austritt also eine Katastrophe: Die Drachme würde die Griechen ruinieren, es drohten dann Banken- und Firmenpleiten und eine Hyperinflation. Sofern rationale Argumente das Geschehen in Griechenland überwiegen, wird Griechenland den EU-Weg bevorzugen.
Nur - die Wut wächst...


Die Verhandlungen mit den internationalen Geldgebern wurden am Sonntagabend abgebrochen und sollen nun am Montag fortgesetzt werden.
Das ursprünglich für Montag geplante Sondertreffen der Euro-Finanzminister wurde nun auf Mittwoch verschoben.

http://www.sueddeutsche.de/geld/schu...-aus-1.1275662
http://newsticker.sueddeutsche.de/list/id/1271475
http://www.spiegel.de/politik/auslan...813358,00.html
http://www.taz.de/Europaeische-Schuldenkrise/!86995/
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Beste Grüße, Benjamin

Geändert von Benjamin (05-02-2012 um 19:58 Uhr)
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