Gary Shilling im Interview
„Aktien werden um ein Drittel fallen“
21.02.2012
Die Börsenrally der letzten Tage lässt Untergangsökonom Gary Shilling kalt. Im Interview verrät er,
warum sich Geldanleger auf Rezession, Deflation und den tiefen Fall des Euro einstellen sollten.
http://www.handelsblatt.com/finanzen...n/6236170.html
- Er erwartet Deleveraging und Deflation. Das bedeutet: Abbau der Verschuldung und sinkende Preise.
- Bisher sind die Inflationszahlen vor allem durch die höheren Rohstoffpreise nach oben getrieben worden. Aber das ist es jetzt auch gewesen.
- Er rechnet mit einer harten Konjunkturlandung in China,
- einer schweren Rezession in den USA und
- wahrscheinlich schlittert Europa in eine Rezession.
- Die Industrieländer werden versuchen, ihre Verschuldung zu senken. Das deutet auf Kontraktion, sinkendes Wirtschaftswachstum und fallende Preise.
Deflation: - In einem Jahr erwartet er Inflationsraten in den USA und Europa von Minus einem bis Minus zwei Prozent.
- Das ist getrieben vom Abbau der Verschuldung der Konsumenten, der Banken und der Staaten. Banken etwa können rückzahlen oder abschrieben. Wie schwer die Geldaufnahme zur Stärkung der Kapitalkraft fällt, zeigt das aktuelle Beispiel Unicredit in Italien.
Diese Periode des Deleveraging begann mit dem Start der Finanzkrise 2007. Wir haben wahrscheinlich noch fünf bis sieben Jahre vor uns. Das ist noch die gute Nachricht, denn würde es schneller gehen, wäre das nur um den Preis einer Depression zu haben.
Was bedeutet das für die Finanzmärkte?
Zunächst einmal ändert sich das Wachstum. Ich erwarte zwei Prozent reales Wachstum jährlich über diese Periode. Damit wären die Raten aus den goldenen Jahren vor der Jahrtausendwende fast halbiert.
Das bedeutet
weiterhin gute Aussichten für Anleihen – wie schon in den vergangenen drei Jahrzehnten. Auch das ist natürlich eine Minderheitsmeinung. Man braucht also lange Laufzeiten. Eine 30-jährige US-Staatsanleihe dürfte von einer Rendite heute um 3 Prozent in diesem Jahr auf 2,5 Prozent fallen.
Aktienmärkte: - Die durchschnittlichen Analystenschätzungen für die Gewinne des laufenden Jahres sind viel zu optimistisch. Die Analysten werden sich an die Realität anpassen müssen. Außerdem wird das Kurs-Gewinn-Verhältnis in einer globalen Rezession sinken.
- Mein Ziel für dieses Jahr ist ein S&P-500-Index von 800 Punkten. Das ist mehr als ein Drittel unter dem aktuellen Stand. (Bezogen auf den S&P-500-Index-Kurs "heute" von 1300 entsprechen 800 einem Rückgang von 38,5%.)
- Etwas ist wichtig für die eigenen Strategie: Künftige Aktienerträge kommen weniger aus Kurssteigerungen als vielmehr aus den Dividendeneinnahmen.
Andere Vermögensklassen?
- Die Rohstoffpreise werden natürlich fallen, beispielsweise Kupfer
- Schlecht wird es auch den Ramsch-Anleihen der Unternehmen ergehen, ebenso den Schwellenländer-Titeln.
- An den Aktienbörsen der Emerging Markets erwarte ich 2012 weitere Schwäche.
Was empfehlen Sie einem Euro-Anleger?
- Hohe Bestände an Dollar-Anlagen. Mittelfristig sehe ich den Euro bei nur noch bei 1,20 Dollar, sogar die Parität ist möglich.
- Ansonsten rate ich zu erstklassigen Unternehmensanleihen,
- Aktien mit stabilen und steigenden Dividenden, außerdem Papieren aus den Bereichen Nahrungsmittel, Basiskonsumgüter und Gesundheit.