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Alt 01-07-2004, 08:39   #10
Switch
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Die Kurse der Oblis werden fallen

In den letzten Wochen sind die Kurse amerikanischer Anleihen abgestürzt. Dieser «Bond-Crash» in den USA war bloss der Anfang. Die goldenen Jahre für Obligationen sind vorbei.

Absturzgefahr für die Obligationenkurse

Von Meinrad Ballmer

Seit Ende März sind die Kurse am amerikanischen Bondmarkt eingebrochen, während der Markt die Renditen für 10-Jahres-Staatsanleihen von 3,7 auf 4,4 katapultierte. Die Kursverluste treffen manche Obligationenanleger schmerzhaft. Innert kürzester Zeit ist der Preis, der für 10-Jahres-Anleihen an den Märkten bezahlt wird, um rund 8 Prozent gefallen.

Wenn der wirtschaftliche Aufschwung die Weltwirtschaft weiter auf Touren bringt, sind die goldenen Jahre für die Obligationäre vorerst vorbei. Seit 2001 hatten sinkende Zinsen den Besitzern von Anleihen fette Kursgewinne beschert. Am Ende des Zinssenkungszyklus befinden sich nun die Obligationenanleger in der «schlechtesten aller Welten», wie Bill Gross, Guru unter den amerikanischen Obligationenfondsmanagern, feststellt. Steigen nämlich die Marktzinsen, dann sinken die Kurse der festverzinslichen Papiere. Weder mit kurzfristigen Geldmarktpapieren noch mit dreissigjährigen Staatsanleihen lassen sich – so die Überzeugung von Gross – in nächster Zeit Kursverluste vermeiden. Er schätzt die zu erwartende Gesamtrendite in amerikanischen Staatsanleihen in den nächsten vier bis fünf Jahren auf magere 2 Prozent. «Bauen Sie ein ABT-Portfolio: Anything But Treasuries (alles ausser Staatsanleihen)», empfiehlt Gross.

Dollarzinsen werden weiter steigen

Die Trendwende am Anleihenmarkt war überfällig. Das kräftige Wachstum der amerikanischen Wirtschaft liess schon seit einiger Zeit steigende Zinsen erwarten. Verhindert haben den Zinsanstieg die asiatischen Notenbanken, die Dollars in rauen Mengen kauften, um eine Aufwertung ihrer Währungen gegenüber dem Dollar zu verhindern. Allein Japan und China haben bis Ende 2003 Devisenreserven von über 1,2 Billionen Dollar aufgetürmt. Sie stecken gigantische Summen in Schuldverschreibungen des amerikanischen Staates und zahlen damit dessen explodierendes Haushaltsdefizit. Hätte Asien Bushs Schuldenwirtschaft in den letzten Jahren nicht finanziert, müssten die Zinsen von Dollaranleihen schon heute viel höher sein.

«Auf Grund der künstlich erhöhten Nachfrage nach US-Treasuries liegen die Dollarzinsen auf unnatürlich tiefem Niveau», urteilte Juri Sarbach von der Bank Leu noch Ende März: «Der Markt preist für die kommenden zehn Jahre ein nicht einmal halb so hohes Wirtschaftswachstum an wie im Durchschnitt der letzten Jahrzehnte – ein äusserst pessimistisches Szenario.» Auch Makroökonom Jan Amrit Poser von der Bank Sarasin befürchtete Ende März ein Umschlagen der Stimmung mit «verheerender Wirkung» auf die Obligationenkurse. Inzwischen hat diese Entwicklung eingesetzt. Geht man davon aus, dass die amerikanische Zentralbank bis in zwei Jahren zu einer neutralen Geldpolitik zurückkehren wird, dann müssten die kurzfristigen Zinsen nach Posers Berechnung auf 6 Prozent steigen: ein Horror-Szenario für die Obligationenanleger. Die Wahrscheinlichkeit, dass es Wirklichkeit werden könnte, steigt. In den USA zeigen die vorlaufenden Indikatoren, dass der Inflationsdruck stark zunimmt.

Auswirkungen auf Euro und Franken

Die Entwicklung in den USA reduziert die Chance auf die lange erhoffte Zinssenkung durch die Europäische Zentralbank. Vom starken Wachstum der USA werden auch Europa und die Schweiz profitieren. Und dem Einfluss der Zinswende in den USA wird sich Europa kaum entziehen können. Die Korrelation zwischen Dollar, Franken- und Eurozinsen lag in den letzten Jahren bei 80 bis 90 Prozent. Auch in der Schweiz müssen sich die Anleger deshalb auf steigende Zinsen ausrichten.
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Grüsse Switch

„Es ist oft produktiver, einen Tag lang über sein Geld nachzudenken, als einen ganzen Monat für Geld zu arbeiten.“ (Heinz Brestel, dt. Finanzpublizist)
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