Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 11-10-2004, 20:15   #12
OMI
Gründungsmitglied
 
Benutzerbild von OMI
 
Registriert seit: Sep 2000
Ort: Bayern
Beiträge: 82.686
[ Montag, 11.10.2004, 15:46 ]
Wie man es nicht macht

Von Bernd Niquet


Lernen kann man an der Börse und im Leben immer nur aus Fehlern. Aus eigenen und aus denen von anderen. Letzteres ist billiger, aber längst nicht so effektiv wie ersteres.

Am Wochenende schrieb mir jemand: „Sie sollten sich und Ihren Lesern die Kommentare ersparen. Bei mir tragen Ihre Beiträge zu meiner Belustigung bei. Entschuldigen Sie, aber Sie vermitteln den Eindruck, als ob Sie keine Ahnung hätten.“ Ich ahnte sofort, dass ich hier einen dicken Fisch an der Angel und Post von einem richtig erfolgreichen Börsianer bekommen habe, der seine Zeit nicht vertrödelt, sondern nur auf Basis von geldwerten konkreten Tipps handelt.

Ich habe mich herzlich für die Mail bedankt und geschrieben, dass ich mich gefreut habe, dass er meine Kommentare trotzdem liest, obwohl er sie gar nicht mag.

Daraufhin hat er zurückgeschrieben: „Dear Mr. Niquet, danke für die Links. (Er meint die Links zu meinen Kolumnen, die in der Signatur jeder Mail von mir zu finden sind.) Meinen gewonnenen Eindruck kann ich dennoch zur Zeit nicht revidieren. Ihre Kommentare waren mir bisher nicht aussagekräftig und zu allgemein. Es hat jedoch den Anschein, daß Sie sich im Markt schon etwas länger "tummeln". Ich hoffe mit Erfolg.“

So weit, so gut. Jeder muss sich sein eigenes Urteil bilden. Und dann wird er konkret: „Nun wollen wir doch einmal abwarten, ob der Dax morgen (also heute) sein gab (er meint „gap“) bei 3.996 schließen wird. Mit der Vorgabe aus NY und dem weiter anziehenden Ölpreis sollte dies der Fall sein. Mittlerweile laufen die Raffinerien auch in Deutschland leer und sind auf Produktensuche. Im Hinblick auf den bevorstehenden Winter kein gutes Zeichen. Ich frage mich zudem, wer bei dem hohen Ölpreis Bestände aufbaut. Immer mit der Angst im Nacken, es kommt zu einem Crash. Somit werden wir wohl mit weiterhin niedrigen US- und Europa-Beständen leben müssen. Kein gutes Zeichen für eine steigende Aktienbörse. Bisher ist es den Börsianer erfolgreich gelungen, die hohen Ölpreise zu verdrängen. Warten wir mal ab, ob dies bei $60,-- WTI auch noch der Fall sein wird. Größere Ölhändler können aufgrund ihrer Kreditlinie nicht mehr die Mengen an Öl bewegen wie in früheren Zeiten. Auch hier droht Ungemach. Mit Chance werden die Amis die Börse bis zum 2.11. stabilisieren. Obwohl der Markt dort schon technisch angeschlagen ist. Also, meine Empfehlung an Sie. Stopp-loss Orders setzen.“

Ich bin sicher, dass dieser Starbörsianer in ein paar Jahren, vielleicht auch schon in ein paar Monaten, nichts mehr mit der Börse zu tun haben wird. Wer so wenig über den Tellerrand schauen kann und immer nur nachplappert, was die anderen vorplappern – und sich dann auch noch etwas darauf einbildet – wird früher oder später zu Hundefutter und Krokodilstuhlgang verarbeitet. Dieses Schicksal ist zwangsläufig. Man kann ihm nur entkommen, indem man versucht, über die Aktualität hinaus zu denken – und dementsprechend zu handeln. Dann hat man eine gute Chance auf Erfolg, kann jedoch trotzdem scheitern. Aber man hat wenigstens die Chance, erfolgreich zu sein. Wer hingegen nur in die Suppenschüssel schaut, wird über kurz oder lang auch genau dort landen.


Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.


Quelle: instock
__________________
Schöne Grüße
OMI
OMI ist offline   Mit Zitat antworten