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Alt 18-10-2004, 10:39   #794
OMI
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[ Montag, 18.10.2004, 09:34 ]
Forex-Report: Euro mit neuem Spielraum
Von Folker Hellmeyer

Der Euro eröffnet heute morgen bei 1.2485, nachdem am Freitag in Folge wie üblich überraschend negativer US-Daten Höchstkurse im Bereich von 1.2505-10 markiert wurden. Der USD verlor gegenüber dem JPY leicht an Boden und notiert aktuell bei 109.20.
Zunächst konzentrieren wir uns auf die veröffentlichten US-Daten vom letzten Freitag, bevor wir uns mit den neuesten Einlassungen von Alan Greenspan beschäftigen!

Am Freitag gab es eine positive Überraschung aus den USA. Die Einzelhandelsumsätze per September legten um 1,5 % zu. Der Marktkonsensus lag bei 0,7 %. Der Anstieg wurde maßgeblich über deutlich erhöhte PKW-Verkaufszahlen ausgelöst. Die Lagerräumung der 2004 Modelle mit massiven Anreizen, beispielsweise zinslose 6-Jahresdarlehen, wirkte sich positiv auf den Absatz aus. Damit zog die Jahresrate von zuvor nicht inflationsbereinigten 4,8 % im August auf 7,7 % im September an. (Offizielle Inflation 3 %, Bill Gross/Pimco 4 %, Hellmeyer circa 5 % … Bill Gross hat in seiner Ausarbeitung die Interventionsbereinigungen nicht berücksichtigt!) Diese Entwicklung muss bezüglich des Automobilabsatzes als Ausreißer in dieser Zahlenreihe definiert werden und hat entsprechend keinen dauerhaften Einfluss an den Finanzmärkten erzielt.

Die Veröffentlichung der Erzeugerpreise per September entsprach weitgehend den Erwartungen mit einem Anstieg um 0,1 %. Der Index stieg nur marginal, da angeblich im September Energieprodukte (finished energy goods) bei ansteigenden Ölpreisen um 0,9 % gefallen sind! Wir nehmen das zur Kenntnis und fragen uns, ob es auch bei den Erzeugerpreisen Interventionsbereinigungen gibt!

Die Daten der Industrieproduktion und Kapazitätsauslastung per September konnten die Erwartungen nicht erfüllen. Der Vormonat wurde von +0,1 auf –0,1 % revidiert. Im Berichtsmonat ergab sich ein Anstieg um nur 0,1 %, Erwartet war eine Zunahme um 0,3 %. Der „Soft Patch“ von Alan Greenspan entwickelt sich zunehmend zu einer „Patchwork-Produktion!

Die Lagerbestände sind in den USA im August um 0,7 & gestiegen und haben damit den Konsensus um 0,1 % übertroffen. Der Vormonat wurde von +0,9 % auf +1,0 % nach oben revidiert. Offensichtlich entspricht der Absatz nicht den Erwartungen der Produzenten!

Das Verbrauchervertrauen der Uni Michigan sank im Oktober deutlich und überraschend von 94,1 auf 87,5 Punkte. Das ist der niedrigste Wert seit April 2003 (86,0). Auch dieser Wert spricht nicht für eine vorübergehende Schwächephase, sondern für eine deutliche Abschwächung im Konsumsektor.

Der „New York Empire State Manufacturing Survey “ fiel von 27,3 Punkten auf nur noch 17,4 Punkte im Oktober. Der Orderindex verlor 5 Punkte. Der Auslieferungsindex ging um 13 Punkte zurück. Der Index für den Auftragsbestand sank um 9 Punkte in negatives Terrain. Der Index der Einstandspreise legte um 7 Punkte zu, während der Index für die Absatzpreise um gut einen Punkt fiel (Margendruck!). Der Beschäftigungsindex ging um knapp 3 Punkte zurück. Darüber hinaus fiel der „ECRI Weekly Leading Index“ in der Berichtswoche auf den niedrigsten Stand seit 81 Wochen.

Die Daten signalisieren eindeutig einen Rückgang der Wirtschaftsdynamik in den USA und stehen im diametralen Widerspruch zu den offiziellen Verlautbarungen der Fed, der USAdministration und anderen supranationalen Institutionen wie dem IWF und der OECD. Zu der Verbalakrobatik aus diesen Quellen passen die Einlassungen von Alan Greenspan über die Ölpreisentwicklung, die sich beruhigend auf die US-Finanzmärkte am Freitag auswirkten.

Kurzform frei nach Nina Ruge: Alles wird gut! Ich widerspreche dieser Sichtweise bezüglich der Ölpreisentwicklung vehement. Es stellt sich nicht die Frage, ob neue reale historische Höchstmarken erreicht werden. Viel mehr ist die Amplitude und das Tempo der Preisveränderung wesentlich. So erwarten Analysten, dass die Heizkosten in den USA im Winter 22 % über dem Vorjahr liegen werden. Derartige Veränderungen führen zu verändertem Konsumverhalten, das für das Wachstum und die weitere konjunkturelle Entwicklung entscheidend ist.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das weiterhin den Euro favorisiert. Lediglich ein Unterschreiten der Unterstützung bei 1.2350-80 neutralisiert dieses Bild. Nächste Kursziele sind im Bereich von 1.2550-1.2600 ausgewiesen.


Folker Hellmeyer ist Chef-Volkswirt der Bremer Landesbank..

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Quelle: instock
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