[vorstandsschreck]

Wilde Zeiten
Von Wolfgang Braun

Mit deutlich höheren Nettogewinnen können die Anleger bei einigen Dax-Unternehmen im kommenden Jahr rechnen. Grund dafür ist weniger das operative Geschäft als vielmehr die neue Bilanzregel IFRS 3, nach der regelmäßige Abschreibungen auf den Goodwill nicht mehr zulässig sind. Bei dem Reiseanbieter TUI, der hohe Firmenwerte in der Bilanz stehen hat, soll alleine durch diese Neuregelung der Gewinn je Aktie um fast 170 Prozent in die Höhe schnellen.

Da sich viele Marktteilnehmer stark auf das Kurs-Gewinn-Verhältnis konzentrieren und andere Bewertungskennziffern außer acht lassen, können Anleger bei den Profiteuren der Bilanzierungsänderung auf Kursgewinne hoffen. Diese sind aber trügerisch, denn am Unternehmenswert ändert sich nichts. Und die andere Seite der Medaille sind mögliche Sonderabschreibungen auf den Goodwill, falls sich bei der jährlich durchzuführenden Überprüfung (sogenannter Impairment-Test) herausstellt, dass die Firmenwerte zu hoch angesetzt sind.

Berichtigungen auf Firmenwerte wird es vor allem in konjunkturell schwierigen Zeiten geben, weil dann die niedrigen operativen Erträge die Wertansätze in der Bilanz nicht mehr rechtfertigen. Während die Unternehmensgewinne im Konjunkturaufschwung künftig neben hohen operativen Erträgen auch durch fehlende Goodwill-Abschreibungen nach oben gepusht werden, drohen im Abschwung neben flauen Geschäftszahlen zusätzliche Lasten aus Sonderabschreibungen. Die Schwankungen bei den Unternehmensergebnissen und damit die Volatilität an den Börsen dürften damit zunehmen: Den Aktionären stehen wilde Zeiten bevor.


Wolfgang Braun ist Chefredakteur des „Global Performance“.
Quelle: instock.de