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Alt 17-11-2004, 19:59   #83
Starlight
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Gewinner und Verlierer hinter dem Sears/Kmart-Merger

Zu den überraschenden Gewinnern im Mittwochshandel gehört die Aktie von Target. Nicht dass irgendjemand auf dem Parkett über das halbe Prozent sprechen würde, um dass sich das Papier verbessert, doch hat der Einzelhändler heute eigentlich wenig Grund zur Freude.

US-weit gibt es zurzeit 1275 Läden mit der stilisierten roten Zielscheibe, die Kunden nach Target lockt. Mit einer derartigen Verbreitung und einem Jahresumsatz von 47 Milliarden Dollar war Target bisher die Nummer Drei im amerikanischen Einzelhandel – doch das ist nun Vergangenheit.

Das Unternehmen nimmt die Bronzemedaille ab und reicht sie kleinlaut an die Sears Holding Corp. weiter, die ab sofort die Ketten Sears und Kmart vereint und damit auf 3500 Läden mit einem Jahresumsatz von 56 Milliarden Dollar kommt. „Wenn ich Target wäre, würde mir ganz schön die Muffe gehen“, kommentiert am Morgen Kurt Barnard, der Einzelhandels-Guru der Wall Street. Den so sehr Konsolidierung gut für einzelne Unternehmen ist, so schlecht ist es für einen Marktteilnehmer, vom Konkurrenten überholt zu werden.

Je nach Lesart hätten Sears und Kmart übrigens auch noch die aktuelle Nummer Zwei im US-Einzelhandel überholen können. Zwar hat die Heimwerkerkette Home Depot mit 65 Milliarden Dollar mehr Umsatz als die beiden Konkurrenten zusammen, doch verfügt man mit 1750 Filialen gerade einmal über die Hälfte dessen, was Sears und Kmart gemeinsam vorzeigen können.

Ist das wichtig für Home Depot? – Wahrscheinlich schon. Denn der bis vor vielen Jahren im Dow-Jones-Index notierte Einzelhändler Sears verkauft nicht nur Mode, sondern auch Rasenmäher und Schneefräsen, Bohrmaschinen und Schleifpapier, Schrauben und Dübel – also genau das, was Kunden bisher beim Baumarkt erstanden haben, wenn keine Sears-Filiale in der Nähe war. Der Flächengewinn für das Unternehmen könnte Home Depot – und den kleineren, aber wachsenden Wettbewerber Lowe’s – Kunden kosten.

Home-Depot-Aktionäre scheinen das zu ahnen, die Dow-notierte Aktie notiert mehr als ein Prozent im Minus.

Gänzlich unberührt von dem größten Einzelhandelsmerger seit vielen Jahren ist der Branchenführer Wal-Mart. Mit einem Jahresumsatz von 288 Milliarden Dollar in 4800 Geschäften weltweit steht der Konzern aus Betonville, Arkansas, in seiner eigenen Kategorie. Sears und Kmart sind gemeinsam keine größere Konkurrenz als alleine.

Außerhalb des Einzelhandelssektors bewegt sich vor allem eine Aktie nach dem Merger: Martha Stewart Omnimedia klettert um dicke 15 Prozent. Die einstige TV-Diva, die zurzeit ihre Gefängnisstrafe nach Insiderhandel absitzt, hat ihre Produktlinie „Everyday“ bis dato exklusiv bei Kmart vertrieben. Da die Tisch- und Handtücher und einige Deko-Artikel besser ankommen als ähnliche Produkte bei Sears, soll Stewarts Linie auf alle Läden ausgeweitet werden. Man dealt nicht länger mit einem Einzelhändler, der vor kurzem noch am Rande des Ruin stand, sondern mit dem drittgrößten Unternehmen im Sektor.

Für die Kunden dürfte sich durch den Zusammenschluss der beiden Unternehmen nicht allzu viel ändern. Die jeweiligen Läden werden weiter unter den bisherigen Namen operieren, Sortiment und Preise dürften gleich bleiben. Die neue Sears Holding Corp. wird allerdings Millionen sparen, da Zulieferer noch größerer Warenmengen loswerden. Es ist indes unwahrscheinlich, dass diese Ersparnisse in absehbarer Zeit an den Kunden weitergegeben werden.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.
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