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Alt 30-11-2004, 06:55   #75
Starlight
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TECHNISCHER MORGENKOMMENTAR 30. NOVEMBER 2004


Allgemeine Beurteilung

Auf der Aktien-Seite stehen die Märkte an einem Kreuzungsweg: es stellt sich jetzt die Kernfrage nach einer Jahresendrallye oder einem Impuls- / Trendwechsel. Unter psychologischen Gesichtspunkten müssen wir jetzt folgenden Aspekt betrachten:

- die Mehrzahl der von uns beurteilten Börsenbarometer steht unmittelbar an einer wichtigen Widerstandsmarke, dem bisherigen Jahreshoch. Interessanterweise lassen sich oberhalb dieser Niveaus keine weiteren wirklich sinnvollen Widerstände mehr herleiten, was (im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Jahreswechsel) eine hohe Chance birgt, dass im Falle eines Ausbruchs auf der Oberseite, unserer Ansicht nach mit einer raschen Trendfortsetzung gerechnet werden kann.

- auf der anderen Seite heißt das aber auch im Umkehrschluss: scheitern die Trendverläufe auf aktuellem Niveau, dann sind wir möglicherweise „oben“ und die Hürden, die in diesem Jahr bereits mehrfach erfolgreich als Widerstand fungierten, wurden zwar „gedehnt“, setzten sich aber erneut durch.

- besonders für den (kursmachenden) Berufshandel gilt somit: setzten sich tatsächlich die Aufwärtstrends fort, könnte alles sehr schnell gehen. Somit will / muss man früh mit dabei sein, damit der Vergleichsmarkt nicht „davonrennt“. Umgekehrt gilt aber auch: scheitern die Märkte hier und jetzt, will niemand der „Letzte“ sein, der sich an einer „offensichtlichen“ Marke voll saugte.

Was ist die Konsequenz? Erfahrungsgemäß ein überaus nervöser Handel. Je nach Umfeld und Randmärkten versuchen Marktteilnehmer, schnell umzudisponieren, was mitunter zu plötzlichen Richtungswechseln führen kann, die mitunter verstärkt werden durch Selbstzweifel, ob die Aktivitäten von „vorhin“ denn tatsächlich die richtigen Schritte waren.

Das Ergebnis sahen wir erneut gestern, als zunächst gute Vorgaben aus Asien und Globex zu einem raschen Kursanstieg in Europa führten, der zudem neue Jahreshochs brachte, bevor ein überaus schwacher US-Markt zu einem kompletten Impulswechsel führte. Am Ende des gestrigen Handelstages erholte sich Wallstreet sogar wieder (NASDAQ´s gingen sogar ins Plus), was möglicherweise heute Morgen zu besseren Eröffnungen in Europa führen sollte.

Wie gehen wir damit um?

Grundsätzlich ist ein wahlloses hin und her springen wenig sinnvoll. Der gestrige Markt war für day-trader, welche kurze Bewegungsschübe handeln und flexibel mit Stop- und Ziel-Kursen arbeiten können, eine recht interessante Sache, für den Positionshändler brachte er wenig.

Wir halten uns an folgende Regeln:

- noch dominiert in den meisten Märkten ein übergeordneter Aufwärtstrend, wir beachten hierbei jedoch, dass dieser nun auch aus charttechnischer Sicht in einigen Märkten ein kritisches Verlaufsmuster erreicht hat. Die Markttechnik geht uns (nebenbei bemerkt), langsam „den Bach runter“.

- wichtige Chartmarken (konkret die Jahreshochs bzw. die oberen Begrenzungen der, in vielen Indizes ausgebildeten Schiebezonen) sind noch immer intakt. Sie wurden zum Teil angerissen, jedoch per Schlusskurs nicht bestätigt.

- hinzu kommen (für sich betrachtet), klassische Verkaufsmuster auf Tagesbasis, geprägt durch ausgeprägte Dochte. Betrachten wir uns dann noch das überaus kritische markttechnische Bild, mit besonderem Verweis auf die ausgeprägten negativen Divergenzen zwischen Kursverlauf und Schwungkraft, wird deutlich, dass per gestern die Börsenampeln auf dunkel-orange sprangen (!!)

- in der Konsequenz behalten wir eventuell noch immer bestehende strategische Long-Positionen bei, den Stop-Kurs belassen wir an den Montagstiefs der Vorwoche (hier fällt der FTSE 100 heraus, da hier am Mittwoch der Vorwoche das Reaktionstief markiert wurde). Neupositionierungen auf der Long-Seite eröffnen wir erst und nur, wenn Ausbrüche per Schlusskurs auch bestätigt werden. Das ist wichtig, da gerade in Phasen wie diesen, Impulswechsel wegen der oben beschriebenen psychologischen „Zwangslage“ an der Tagesordnung sind. Bedenken Sie bitte: sollten wir recht haben, hätten wir nach erfolgreichem Ausbruch noch genug Platz vor uns, um uns gewinnbringend zu beteiligen. Das vergleichsweise geringe Risiko, dass der Markt trotz erfolgreichem Ausbruch auf der Oberseite verkümmert, halten wir für akzeptabel, wenn wir das Risiko dagegenstellen, was uns passieren kann, wenn wir voreilig in den Markt springen. Der gestrige Tag zeigte, wozu ein Markt in der Lage ist.

Ein potentieller Richtungswechsel ist noch immer nicht ausgeschlossen, in seiner Wahrscheinlichkeit eher noch gestiegen. Sehen wir uns jetzt die Kursverläufe im Dow Jones bzw. S&P 500 Index an, ist die Problematik, welche sich aufbauen könnte, nicht mehr zu verleugnen. Weniger stark ausgeprägt, dennoch kritisch, sind potentielle Umkehrmuster auch in den meisten Europa-Indizes auszumachen. Dennoch ist es auch hier noch zu früh, jetzt (schon) auf einen Richtungswechsel hin zu spekulieren. Halten wir fest was wir haben und halten wir unser Pulver für neue Positionierungen trocken.






Der „Kracher“ bleibt der Index im Hongkonger Markt. Der HSI bewegt sich ungebrochen nach oben, steht erneut vor einem neuen Jahreshoch, welches erst gestern markiert wurde.

(Randmärkte)

(Brent Crude Oil)

Unter den von uns beurteilten „Randmärkten“ fällt zunächst auf, dass sich der Öl-Preis im Brent-Crude-Oil per gestern wieder leicht erholte. Dieser Sachverhalt unterstreicht einmal mehr unsere These von der guten Absicherung auf der Unterseite und einem unveränderten Risiko einer leichten Fortsetzung des Preisanstieges nach den Kursrückgängen im Oktober / Anfang November. Als wichtige, relevante Unterstützungsniveaus definieren wir weiterhin die Bereiche um 42.53 USD, 41.59 USD und 39.78 USD. Übergeordneten potentiellen Widerstand erwarten wir um 46 USD.





(USD)

Der USD bleibt schwach, auch wenn er die letzten drei Tage weitestgehend verharrte. Technisch interessant ist ein leichter Rückgang der ohnehin sehr hohen Schwungkraft, ein markttechnisches Gegensignal können wir aktuell noch nicht erwarten.





(Bund)

Der Bund-Future drehte per gestern leicht nach unten hin ab und unterschritt die 118.21er Marke, die obere Begrenzung der jüngsten Schiebezone. Praktisch scheitert der Bund damit an seinem letzten Ausbruch, verliert weiter an Dynamik und Schwungkraft. Unsere Long-Position wurde ausgestoppt.





Mittelfristig bleibt der Aufwärtstrend intakt.




DAX

Widerstände: 4202 / 4219 (ü);
Unterstützungen: 4101 / 4078 (u), 3983 (u), 3848 / 3836 (u), 3778 (u);

Aktuelle Korrekturpotentiale, bezogen auf den jüngsten tertiären Aufwärts-
impuls im DAX INDEX:

4092 / 4073 Minimumkorrektur
4029 Normalkorrektur
3984 / 3966 Maximumkorrektur

Mit der gestrigen Kursentwicklung im DAX, ergibt sich für uns nun folgendes Szenario: entweder stehen wir vor der Ausbildung einer Doppelspitze mit Vollendung unterhalb der 4078, oder der Markt löst sich zügig nach oben hin ab. Letzteres wird auf Grund der sich immer mehr neutralisierenden Markttechnik (unserer Ansicht nach) immer geringer wahrscheinlich. Solche Tage wie gestern erschüttern die Kaufbereitschaft der Marktteilnehmer, und so, wie sich die Markttechnik abflacht, so flacht sich auch die Begeisterung in Richtung Jahresendrallye ab.




Aus charttechnischer Sicht bleibt für uns vorerst die bestehende Konsolidierungszone mit den Begrenzungen um 4101 / 4078 auf der Unterseite und 4202 / 4219 auf der Oberseite interessant. Dies umso mehr, wie sich der aktuelle Kursverlauf des DAX (aber auch des FDAX) nahezu mittig innerhalb der Konsolidierungszone befindet.

Markttechnisch auffallend ist der deutliche Abfall an Schwungkraft. Man könnte fast von einem Lehrbuchbeispiel für die Ausbildung einer negativen Divergenz zwischen verschiedenen Schwungkraftmessern und dem Kursverlauf sprechen. Damit verliert der Aufwärtstrend zweifellos an Substanz, Kraft und Zuverlässigkeit.

Halten wir fest:

- fällt der DAX unter die 4078, ohne vorher noch einmal in Richtung 4200 zu starten, liegt uns eine Doppelspitze vor, zunächst mit dem „zarten“ Kurs-Ziel in Richtung 4000 Indexpunkte. Interessant wäre in diesem Zusammenhang der Sachverhalt, dass in einem solchen Falle sowohl das errechnete minimale, als auch das errechnete normale Reaktionspotential ausgeschöpft wäre und zumindest statistisch gesehen, kaum noch mit einem kurzfristigen Neuanstieg plus Jahresendrallye zu rechnen wäre.

- hält sich der DAX in den nächsten Tagen weiterhin innerhalb der Schiebezone auf, sind Folgeimpulse kaum noch im Zusammenhang mit dem laufenden Trend zu betrachten. Wir unterstellen nicht, dass der DAX dann zwangsläufig abstürzen muss – nein, er könnte durchaus aus dieser Konsolidierungszone heraus erneut starten, doch hat das technisch gesehen, mit dem laufenden Impuls dann nichts mehr zu tun und damit wird die Prognose schwerer.

- sollte das Thema Jahresendrallye noch nicht vom Tisch sein, muss es hier und jetzt schnell gehen.






In der praktischen Konsequenz begegnen wir diesen Szenarien wie folgt:

(1) noch sind wir long positioniert. Der Stop-Kurs bleibt unter strategischen Gesichtspunkten auch für heute unterhalb der 4093.5 im FDAX positioniert.

(2) zu einer Neupositionierung kamen wir per gestern nicht (zumindest nicht unter den Regelwerken, welche wir im Morgenkommentar besprechen). Hier würden wir erst bei Überwinden der 4209 per Schlusskurs aktiv werden (bezogen auf den FDAX).

(3) für heute interessiert uns das gestrige Tagestief bei 4143. Eröffnet der FDAX darunter, wird dieses Niveau zum Long-Trigger: Kurs-Ziel 4173, Stop-Kurs 4118.

(4) weiterhin interessieren wir uns für das Tief vom Freitag bei 4140. Wird dieses von oben kommend durchhandelt, gehen wir short mit Kurs-Ziel bei 4110 und einem Stop-Kurs bei 4165.



Uwe Wagner

Quelle: SysTrade

Geändert von Starlight (02-12-2004 um 07:12 Uhr)
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