HAMBURG/MÜNCHEN (21.12.04) Nach jahrelangen Tiefpreisen für Kaffee sollen die schwarzen Bohnen teurer werden. Verbraucher müssen sich auf bis zu 70 Cent pro Pfund höhere Preise bei Marken wie Jacobs, Melitta und Dallmayr einstellen.
Der Hamburger Anbieter Tchibo beobachtet zwar noch den Markt. Allerdings hatte Konzernchef Dieter Ammer schon im November auf die im scharfen Wettbewerb herrschenden "unzureichenden Endverbraucherpreise" hingewiesen, die 50 bis 70 Cent höher liegen müssten.
Offen ist, ab wann die Verbraucher höhere Preise zahlen müssen und ob Discounter wie Aldi oder Lidl mit ihrer Niedrigpreisstrategie mitziehen werden.
Das niedrigste Niveau seit 50 Jahren
"Die Preiserhöhung war überfällig", sagte Winfried Tigges vom deutschen Kaffee-Verband gestern in Hamburg. Die Ausgangslage sei für alle gleich: Die Rohkaffeepreise stiegen seit Sommer 2002 um mehr als 35%, ausgehend von niedrigem Niveau. Gleichzeitig sackten die Einzelhandelspreise auf Grund des Konkurrenzkampfes zeitweise auf unter 2 E pro Pfund. Damit erreichten sie zwischenzeitlich das tiefste Niveau seit 50 Jahren.
Nach Abzug von Kaffeesteuer (1,09 E) und Mehrwertsteuer blieben im Einzelfall 75 Cent pro Pfund, um damit die Kostenkette vom Kaffeeanbau in Übersee über die Schiffspassage bis zum heimischen Verkauf abzudecken. Verdient habe wohl kaum noch jemand, ergänzte Tigges. Bei Tchibo kostet ein Pfund der gängigen Sorten derzeit rund 3,89 E.
Leidtragende sind die weltweit rund 25 Millionen Kaffeebauern. Der niedrige Weltmarktpreis deckte kaum ihre Produktionskosten, die umfassende Pflege der Plantagen gerät in Gefahr, und auch zum Leben bleibt kaum etwas übrig. Infolgedessen sorgt sich der Verband auch um die Qualität der Bohnen und die Angebotsvielfalt.
Zur Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Bauern ist auf Initiative von Deutschland ein weltweiter Verhaltenskodex entwickelt worden, der soziale, ökologische und wirtschaftliche Standards für Anbau, Verarbeitung und Handel von Rohkaffee vorgibt. An seiner Umsetzung wollen sich internationale Kaffeekonzerne und -röster wie Tchibo, Kraft und Nestlé beteiligen.
Die Preiserhöhungen wertete Tigges als einen wichtigen Schritt dazu. "Wir gehen davon aus, dass die Abgabepreiserhöhung an den Handel mit einer zeitlichen Verzögerung auch an den Endverbraucher weitergegeben wird", sagte der Dallmayr-Vertriebsleiter Johannes Dengler in München. Je 500 Gramm seien die Preise um 70 Cent brutto bei den Filterkaffees angehoben worden. Beim Espresso betrage die Preiserhöhung 20 Cent je 500 Gramm.
"Das Ende der Fahnenstange ist erreicht", begründete auch Annette Kahre vom zweitgrößten Kaffeeröster Melitta den Preisschritt. Die Margen seien für die Unternehmen nicht mehr tragbar. "Wir werden die Preiserhöhungen im selben Umfang und in demselben Zeitraum nachvollziehen wie der Marktführer."
Kraft Foods kündigte Erhöhungen für die Kaffeemarke Jacobs von 70 Cent pro Pfund an. Ob die Preise noch vor den Weihnachtsfeiertagen angehoben werden, konnte eine Unternehmenssprecherin nicht sagen. (NRZ/dpa)
(Quelle: Neue Ruhr Zeitung,
http://www.nrz.de)