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Alt 13-01-2005, 18:06   #130
Starlight
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Taser schockt Verbrecher und Anleger

Trotz sensationeller Zahlen ist am Donnerstag nicht die Aktie mit dem Apfel der größte Gewinner des Tages, sondern das an der Nasdaq notierte Papier von Taser. Das gehört schon seit Monaten zu den besten Performern auf dem US-Markt. Doch langsam aber sicher zeigt sich, dass die Erfolgsgeschichte zu schön war um wahr zu sein.

Der Aufstieg der Taser-Aktie liest sich wie ein Börsen-Märchen: Quasi aus dem Nichts kam vor anderthalb Jahren die Aktie eines Vater-Sohn-Gespanns und schwang sich – dank der allgemeinen Angst vor Terror und der schier unendlichen Nachfrage nach angemessener Verbrechensbekämpfung – von einem Dollar bis in den dreistelligen Bereich auf. Nach einem Aktien-Split kam das Papier zwar nominal wieder auf ein nachvollziehbares Niveau, dann begann das Kartenhaus jedoch einzubrechen.

Denn die Familie Smith – Vater Phillips ist Chairman von Taser, die Söhne Patrick und Thomas teilen sich die Jobs von CEO und Präsident – hatten den Erfolg ihres Produktes auf ungeheuerliche Weise aufgebauscht. Zum einen kamen die Elektroschock-Pistolen, mit denen Polizei und Sicherheitsdienste gefährliche Subjekte bändigen sollen, mit allen möglichen Test-Zertifikaten. Die ließen sich zwar seitenweise darüber aus, dass die nicht tödliche Waffe langfristig vollkommen ungefährlich sei – waren aber alle gefälscht.

Wirkliche Studien, so der Vorwurf der Behörden, sollen nie stattgefunden haben. Und zahlreiche Klagen, in denen Todesfälle auf die Elektroschocks aus der Taser-Pistole zurückgeführt werden, könnten das Unternehmen Millionen kosten. Der Menschenrechtsverband Amnesty International spricht von siebzig Toten im Zusammenhang mit Taser-Schocks.

Zum anderen waren längst nicht alle Behörden so einfach von dem Elektro-Schocker begeistert. Vielmehr mussten sich die Smiths gehörig anstrengen, den Taser beliebt zu machen – und schossen auch hier über das Ziel hinaus:

So stolperte Amerikas Top-Cop Bernie Kerik kürzlich über seine Verbindungen zum Konzern: Taser hatte den ehemaligen Chef der New Yorker Polizei und Helden des 11. September dafür bezahlt, dass der seinen guten Ruf bei Kollegen für Taser einsetzte. Sechs Millionen Dollar, die Kerik an Aktienoptionen erhielt, waren für die Bush-Regierung sechs Millionen Gründe, den im Grunde qualifizierten Mann als neuen Chef der Heimatschutz-Behörde abzulehnen.

Kerik war indes nicht der einzige Polizist auf Tasers Gehaltsliste: Nur zögerlich rückt das Management damit heraus, dass vier aktive Cops aus Minneapolis im Aufsichtsrat sitzen und neben ihnen „noch drei andere“ aus dem öffentlichen Dienst.

Bei all den Ungereimtheiten, die seit Tagen tröpfchenweise aufs Parkett kommen, überraschen Insider-Verkäufe eigentlich nicht mehr. Umso mehr beunruhigte Anleger zu Wochenbeginn, dass die Smith-Familie tatsächlich Aktien im großen Stil verkauft hat.

Die Auswirkungen zeigen sich im Taser-Chart eindeutig: Seit Jahresbeginn hat das Papier sechzig Prozent an Wert verloren.

Zum günstigen Preis – und mit einer neuen Sicherheitsstudie im Rücken – steigen Aktionäre am Donnerstag wieder bei Taser ein. Doch sie haben (hoffentlich) gelernt: Als Momentum-Aktie kann Taser Geld machen, langfristig ist aber zu bedenken, dass Familienbande im Unternehmen nicht immer dem Ergebnis zuträglich ist.

Nach den Skandalen um die Familie Rigas beim einstigen Kabel-Giganten Adelphia und um den Greenberg-Clan im jüngsten Versicherungs-Coup der New Yorker Staatsanwaltschaft hätte man allerdings schon eher gewarnt sein können.

© Wall Street Correspondents Inc.
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