Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 23-02-2005, 19:41   #51
621Paul
TBB Family
 
Benutzerbild von 621Paul
 
Registriert seit: Jan 2004
Ort: Bayern
Beiträge: 10.299
Mittwoch, den 23.02.05

Die Blase am Aktienmarkt bis zum Jahr 2000 bestand darin, dass das Wachstum als beinahe unendlich angenommen wurde. Und nicht nur das. Es wurde strenggenommen gar nicht mehr über das Wachstum selbst gesprochen, sondern nur noch über das Wachstum des Wachstums – also über die Beschleunigung des Wachstums, über die bekannte Exponentialfunktion. Ich habe diese Zeit deshalb schon damals „Das Zeitalter der zweiten Ableitung“ genannt. Doch es währte ja nur recht kurz.

Heute gibt es wieder eine Übertreibung, schreiben die Leute von „Das Kapital“ in der FTD, doch dieses Mal liegt es nicht im Wachstum, sondern in den Annahmen zur Rentabilität der Unternehmen. Ich zitiere: „In Europa wird für 2005 im Mittel eine operative Marge von elf Prozent unterstellt, gegenüber etwa acht Prozent im langjährigen Schnitt ... Mikroökonomisch macht das Aktien wertvoll. Aber wiewohl die Globalisierung den Firmen derzeit zugute kommt, ist es makroökonomisch quasi undenkbar, dass diese Margen nachhaltig sind.“

Hier ist es wieder, mein Lieblingsthema, nämlich die Differenz zwischen dem Einzelnen und dem Aggregat. Ein einzelnes Unternehmen kann dauerhaft besser als im Schnitt verdienen. Alle Unternehmen können das jedoch nicht. Wenn nicht etwas ganz Besonderes passiert.

Aus meiner Sicht wird allerdings etwas ganz Besonderes passieren – doch das geht eher in die gegenteilige Richtung. Gegenwärtig profitieren die Unternehmen von den Kostenreduktionen. Doch da den Kostenreduktionen spiegelbildlich gleich hohe Einkommensreduktionen entsprechen, wird es auf der Absatzseite Probleme geben.

Und dann gibt es ja auch noch meine These von der „Rückkehr zum klassischen Szenario“. Man möge dazu einmal einen Blick in ein Makro-Lehrbuch werfen. Denn da steht: Im Gleichgewicht bei vollständiger Konkurrenz sind die Unternehmensgewinne gleich null. So wird das natürlich nicht eintreten, doch je größer die internationale Konkurrenz wird, umso größer der Druck auf die Preise und die Gewinne. Die Zukunft wird nicht unbedingt leicht werden.

berndniquet@t-online.de
__________________
Wenn viele Anleger dasselbe glauben, dann muss dies noch lange nicht bedeuten, dass es stimmt oder wahrscheinlich ist. Das Gegenteil ist oft der Fall.
621Paul ist offline   Mit Zitat antworten