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Alt 14-07-2005, 16:25   #39
Tester32
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Kultusminister sehen Reformpolitik durch Pisa-Erfolg bestätigt

Auch sehr interessant. Der fette Text ist von mir hervorgehoben.

Donnerstag 14. Juli 2005, 16:54 Uhr

Berlin (dpa) - Die Kultusminister sehen in der jüngsten PISA-Schulstudie eine Bestätigung ihrer Reformpolitik. Alle Bundesländer hätten in Sachen Schulleistung gegenüber dem ersten Test vor drei Jahren zugelegt.

«Das deutsche Schulsystem ist in Bewegung. Unsere Anstrengungen lohnen sich», sagte die Vize-Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Doris Ahnen (SPD/Rheinland-Pfalz), am Donnerstag bei der Vorstellung der neuen PISA-Länderergebnisse. Baden-Württembergs Kultusministerin Annette Schavan (CDU) sagte: «Das Ergebnis wird in vielen Schulen für Stimmung sorgen.»

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) warnte hingegen vor falscher Euphorie und Selbstgefälligkeit. Das Hauptproblem der deutschen Schulen - die mangelnde Förderung von Arbeiter- und Migrantenkindern - sei weiter ungelöst, sagte GEW-Vize-Chefin Marianne Demmer. Der eindeutige Sieger des zweiten PISA-Bundesländervergleiches Bayern dringt mit seinem Ergebnis in Mathematik sogar in die internationale Spitze vor und belegt im weltweiten PISA-Vergleich nach Finnland, Südkorea, den Niederlanden und Japan den fünften Platz vor Kanada.

Überraschend verweist Sachsen den bisherigen PISA-Zweiten Baden-Würtemberg in mehreren Untersuchungsfeldern auf Platz drei. Schleswig-Holstein behauptet sich im oberen Mittelfeld, Nordrhein- Westfalen fällt hingegen ab.

Getestet wurden neben dem diesjährigen PISA-Schwerpunkt Mathematik die Bereiche Naturwissenschaften, Lesen/Textverständnis und Problemlösen. Die Distanz zwischen Bayern und dem erneuten «PISA- Schlusslicht» Bremen beträgt trotz überdurchschnittlicher Leistungsverbesserungen in der Hansestadt weiterhin einen Lernfortschritt von fast zwei Schuljahren. Bildungssenator Willi Lemke (SPD) sagte der dpa: «Wir lassen uns nicht entmutigen, wir holen weiter auf.»

Der deutsche PISA-Forscher Manfred Prenzel verweist in seinem Bericht an die Kultusminister auf die anhaltende Chancenungleichheit im deutschen Schulsystem. Der Zusammenhang von sozialer Herkunft und dem Schulerfolg sei in allen Bundesländern «noch immer stark ausgeprägt». Neuere Länderdaten dazu will Prenzel erst mit seinem Abschlussbericht am 3. November vorlegen.

Das PISA-Siegerland Bayern galt beim ersten Test als das Bundesland mit der härtesten Selektion: Ein Kind aus einer bayerischen Facharbeiterfamilie hat bei gleicher Intelligenz und Kompetenz eine 6,2-mal geringere Chance, ein Gymnasium zu besuchen, als ein Kind aus der Oberschicht. In Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen oder Hessen ist dieser soziale Unterschied nur halb so hoch. Prenzel bescheinigt Bayern allerdings in seiner neuen Studie, sich intensiver als andere Bundesländer um die schulische Förderung von Jugendlichen im unteren Kompetenzbereich zu bemühen.

Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) forderte als Konsequenz den weiteren Ausbau von Ganztagsschulen und der frühkindlichen Förderung. «Das letzte Kindergartenjahr muss gebührenfrei sein», sagte Bulmahn. Auch sprach sie sich für eine gemeinsame Schulzeit aus. «Wir müssen uns fragen, ob die frühe Auslese von zehnjährigen Kindern nach der vierten Klasse der richtige Weg ist.»

Die Wirtschaftsverbände ermahnten die Bundesländer, sich jetzt nicht auf den ersten Reform-Lorbeeren auszuruhen. Arbeitgeberchef Dieter Hundt bezeichnete die «mangelnde soziale Ausgewogenheit» als «klaffende Wunden» des deutschen Schulsystems. Die Bundesrepublik könne es sich nicht länger leisten, «auf Potenziale und Talente, insbesondere von Migrantenkindern zu verzichten». Ähnlich äußerte sich auch der IHK-Präsident Ludwig-Georg Braun.

Erfreut zeigte sich Prenzel über das gute Bundesländerabschneiden bei der erstmals ermittelten Problemlösekompetenz der Schüler. Bis auf Bremen kommen dabei alle Bundesländer auf Werte oberhalb des Durchschnitts der OECD-Staaten. Prenzel: «Hier liegen noch Potenziale - auch für die weitere Verbesserung der Mathematikleistungen.»
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