[cade]

Deutsche Kleinaktionäre fürchten magere Bewertung bei Zwangsabfindung

Gute Celanese-Zahlen lassen die Börse kalt


Höhere Preise und eine verbesserte Produktivität haben dem Chemiekonzern Celanese im dritten Quartal zu einem Ertragssprung verholfen. Das Unternehmen hat zugleich seinen positiven Ausblick für das Gesamtjahr bekräftigt, was die Aktie der Celanese Corporation gestern aber nicht vor leichten Kurseinbußen bewahrte.

shf HB FRANKFURT/M. Dass die Börsenreaktion so verhalten ausfiel, dürfte unter anderem auf Pläne des Mehrheitseigners Blackstone zurückzuführen sein, weitere Anteile an dem Chemieunternehmen zu versilbern. Celanese hat vor wenigen Tagen bei der amerikanischen Börsenaufsicht SEC Unterlagen für die Platzierung von weiteren 20 Mill. Celanese-Aktien aus dem Besitz von Blackstone-Fonds eingereicht. Deren Anteil dürfte sich damit von bislang noch gut 62 Prozent auf etwas mehr als 50 Prozent reduzieren. Gleichzeitig erhöht sich für Blackstone der Cash-Ertrag aus einer der spektakulärsten Private-Equity-Transaktionen der letzten Jahre.
Damit zeichnet sich eine weitere Front in dem juristischen Tauziehen um die Bewertung der Celanese AG ab. Blackstone hatte bei der ersten Offerte für Celanese 32,50 je Aktie geboten und später, bei Abschluss eines Beherrschungsvertrages, die Abfindung auf 41,92 aufgestockt. Gegen diese Abfindung und die entsprechenden HV-Beschlüsse laufen bereits Anfechtungsklagen. Zwei opponierenden Fonds, die noch elf Prozent an der AG hielten, kaufte Celanese kürzlich ihre Anteile für 53 Euro je Aktie ab. Dessen ungeachtet fürchtet Reinhild Keitel, Sprecherin der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK), dass der Konzern beim geplanten Squeeze-Out neue Bewertungs-Richtlinien nutzen wird, um die restlichen Kleinaktionäre zu relativ niedrigen Konditionen abzufinden. „Dabei wäre eine Orientierung an der US-Börsenbewertung eigentlich angemessen.“ Diese läuft nach Schätzung der SdK auf Werte von um die 70 Euro je Celanese AG-Aktie hinaus. Denn immerhin wird die Celanese Corporation derzeit mit rund 2,8 Mrd. Dollar bewertet, obwohl der Konzern im Zuge des Buy-outs und mehrerer Zukäufe fast drei Mrd. Dollar zusätzlicher Verbindlichkeiten schultern musste.

Operativ kommen dem Konzern unterdessen steigende Preise, verbesserte Kostenstrukturen sowie die Übernahme der Firmen Acetex und Vinamul zu Gute. Im dritten Quartal steigerte Celanese den Umsatz um gut ein Fünftel auf 1,5 Mrd. Dollar, während der operative Gewinn von 25 auf 92 Mill. Dollar zulegte. Für das Gesamtjahr erwartet der Konzern einen Nettogewinn von mehr als 300 Mill. Dollar und ein bereinigtes Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von gut einer Mrd. Dollar.

Zwischen Basis- und Spezialchemie

Chemikalien: Mit Basischemikalien wie Essigsäure oder Polyvinylalkohol ist Celanese ein wichtiger Vorlieferant für die Hersteller von Farb- und Klebstoffen. Die Sparte liefert gut zwei Drittel des Umsatzes und wurde jüngst durch die Übernahme der Firmen Acetex und Vinamul verstärkt.

Kunststoffe: Die Sparte Ticona produziert Hochleistungs-Kunststoffe für dieAutomobil-, Elektronik- und Medizintechnikbranche.

Acetate: Die Zellulose-Acetatfasern tragen noch gut ein Zehntel zum Celanese Umsatz bei. Haupteinsatzgebiete sind Textilien und Zigarettenfilter.

Blackstone hatte im Frühjahr 2004 im Zuge eines öffentlichen Übernahmeangebots eine Kapitalmehrheit von zunächst rund 84 Prozent bei der deutschen Celanese AG übernommen. Anschließend wurde das Unternehmen umstrukturiert. Ein knappes Jahr später brachte Blackstone die neu geschaffene Konzernholding Celanese Corporation in New York an die Börse. Deren Bewertung hatte sich innerhalb von weniger als zehn Monaten gut verdoppelt.

Die deutsche Celanese AG ist als Tochter der US-Holding im wesentlichen für die europäischen Aktivitäten verantwortlich. Minderheitsaktionäre, die noch knapp zwei Prozent an der Celanese AG halten, will der US-Konzern nun im Rahmen einer Zwangsabfindung (Squeeze-Out) aus dem Unternehmen drängen