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Alt 22-12-2005, 20:30   #389
Starlight
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Anruf vom Nordpol

Einer der ältesten Tricks amerikanischer Malls, vor Weihnachten Kunden anzuziehen, ist das Weihnachts-Dorf. Inmitten weißer Winterlandschaft und leckerer Lebkuchenhäuser sitzt auf einem Thron Santa Claus, und ihn zu sehen stehen Kinder mit ihren Eltern Schlange. Doch sind die Besucherzahlen rückläufig, seit Santa neue Kommunikationsmethoden entdeckt hat.

Zugegeben, das Telefon ist nicht gerade eine neue Erfindung. Und ein Anruf wird im Zeitalter von iPod-Handy und Internet-Telefonie nicht gerade als der letzte Schrei gewertet. Doch war ja Santa Claus auch nie ein Trendsetter, und dass der Mann vom Nordpol – so der Glaube amerikanischer Kids – mal eben anruft, ist also doch sensationell.

Und es erspart geplagten Eltern im Vorweihnachtsstress manches Theater. Der Trip zur Mall kostet eine Stunde, das Anstehen in der Schlange gut und gerne doppelt so lange. Dabei ist viel zu tun: Weihnachtspost schreiben, Plätzchen backen… wie schön, dass der Weihnachtsmann seinen Dienstleistungsbetrieb ausgebaut hat und nun auf Wunsch einfach durchklingelt.

Amerikanische Eltern bestellen einen Anruf bei Internet-Startups wie Santa Calls Kids oder Santa Speaking. Für 10 bis 40 Dollar gibt es einen persönlichen Anruf vom Nordpol, der Kindern nicht nur Spaß macht, sondern auch den Glauben an den Bärtigen stärkt. Denn der weiß Bescheid. Über Geschwister und Hobbies, über Sorgen und Nöte. Er erinnert kleine Jungs nach Hinweis der Eltern, das Zimmer aufzuräumen, und bittet auf jeden Fall Wasser für die Rentiere bereitzustellen.

Über etwaige Tragödien des letzten Jahres ist Santa informiert: Von Kindern, die vom Hurrikan vertrieben wurde, weiß er, dass die Weihnachten bei den Großeltern in Florida verbringen. Das beruhigt die Kleinen ungemein, denn die Geschenke dürften ankommen.

Das Geschäft mit dem Telefon-Santa floriert für manche Anbieter. Anne Gaskell, die Santa Speaking in Iowa gegründet hat, hat mittlerweile eine ganze Reihe von Weihnachtsmännern eingestellt, darunter auch Jugendliche. „Am Telefon ist das Alter kein Problem“, meint die Chefin. „Die jungen Weihnachtsmänner kennen sich mit Sport, Comics und Videospielen besser aus.“ Das gefällt den Kids, auf deren Wunschliste heutzutage meist Handy und XBox stehen.

Bedarf für weitere Telefon-Weihnachtsmänner scheint es zu geben. Denn die Besucherzahlen in den traditionellen Weihnachtsdörfern sind zuletzt dramatisch eingebrochen, in den letzten zwei Jahren von durchschnittlich 10 100 auf nur noch 6000 Besucher pro Laden.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc
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