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Alt 07-01-2006, 12:07   #1346
PC-Oldie-Udo
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Uli,ein klasse Beitrag

SZ: Herr Hoeneß, die Kanzlerin Angela Merkel hat zum Jahreswechsel eine Offensive der Ideen für ein besseres Deutschland ausgerufen. Was kann der FC Bayern dazu beitragen?

Hoeneß: Dazu kann nur einer beitragen: der Mensch selbst. Jeder muss halt für sich sehen, dass er die Dinge etwas zuversichtlicher anpackt und nicht immer schaut, ob das Glas nur halb leer ist. Ich habe das Glas immer halb voll gesehen, mein Leben lang, das brauche ich mir nicht vorzunehmen. Ich habe das auch in meiner Weihnachtsansprache vor der Mannschaft gesagt: Das Schiff FC Bayern ist ein gutes Vorbild für Deutschland. In all den Jahren, in denen es links und rechts Probleme und Rückschläge gab, sind wir immer geradeaus gefahren.

SZ: Und Sie halten Kurs?

Hoeneß: Natürlich, und dazu habe ich mir für 2006 eines vorgenommen: dass wir uns auf diesem Niveau hinterfragen, in jeder Abteilung. Dazu werden wir im Frühjahr ein Führungskräfteseminar abhalten, wo jeder Verantwortliche sagen soll, wie er Verbesserung erreichen will.

SZ: Ein Fortschritt wäre, wenn die Vertragssache Michael Ballack geklärt würde. Wie ist der Stand nach den Ferien?

Hoeneß: Wie vorher: Da müssen Sie nicht mich, sondern Michael fragen. Wir warten ab, was passiert.

SZ: Das Angebot des FC Bayern besteht aber nicht mehr, oder?





Geschachere um Michael Ballack: "Wir sind gerüstet für die Zeit ohne ihn."
Foto: dpa


Hoeneß: Nein, im Moment gibt es gar nichts. Es gab ja ein konkretes Angebot, das jede Einzelheit berücksichtigt hat. Laufzeit, Gehalt, Werbesituation - alles war geregelt. Dieses haben wir, wie bekannt, am 14. November zurückgezogen.

SZ: Und wie geht es weiter?

Hoeneß: Entweder er wird uns mitteilen, dass er irgendwo unterschrieben hat. Oder er möchte die Verhandlungen mit uns neu aufnehmen.

SZ: Haben Sie eine Frist gesetzt?

Hoeneß: Nein. Wir sind gerüstet für die Zeit ohne ihn. Aber wir würden ihm auch nicht die Tür zuschlagen und sagen: Jetzt ist es vorbei. Wir werden immer gesprächsbereit sein - doch wie die Gespräche dann laufen sollen, dazu habe ich im Moment keine klare Idee. Eines ist aber klar: Wir haben nun Gelder verlagert, auf andere Spieler, die wir unbedingt halten wollten. Willy Sagnol zum Beispiel.

SZ: Der schon unterschrieben hat?

Hoeneß: Seine Zusage hatten wir schon vor Weihnachten.

SZ: Oder Lúcio und Deisler.

Hoeneß: Wenn Michael unterschrieben hätte, hätten wir vielleicht bei dem einen oder anderen die Grenze tiefer gesetzt. Aber wir wollten Erfolgserlebnisse und zeigen, dass der FC Bayern eine Adresse ist und seine Spieler beieinanderhalten kann. Unsere Spieler sind stark nachgefragt. Erst diese Woche hat sich der AC Mailand wegen Sagnol gemeldet.

SZ: Zu spät. Aber wieso fragen die überhaupt an, sie hätten doch auch ohne Umweg auf den Spieler zugehen dürfen?

Hoeneß: Des guten Verhältnisses wegen ist das üblich. Wir haben die Kölner ja auch informiert, dass wir mit Lukas Podolski sprechen. Aber er hat kein Angebot erhalten, sondern nur die konkrete Absichtserklärung, dass wir ihn gern hätten. Das ist ein Unterschied. Wir haben bis heute nicht über Geld gesprochen.

SZ: Berührt das Zaudern von Michael Ballack Ihr Ehrgefühl?

Hoeneß: Es wirkt vielleicht so, aber ich habe kein Problem damit. Dass er mal ins Ausland wechseln will, hat er schon gesagt, als er 2002 zu uns kam - das gehört zu seiner Lebensplanung. Deswegen ist ja auch in all den Gesprächen keine einzige Härte aufgekommen. Das Störende ist, dass er so lang braucht. Sehen Sie, der Franz Beckenbauer hat ihn in den Ferien beim Stanglwirt getroffen. Er hat ihn gefragt, was er macht, und Michael hat gesagt, dass er sich nicht entschieden hat. Franz hatte das Gefühl, dass er das sehr ehrlich meint.

SZ: Wenn er geht, dann zu Real.



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Hoeneß: Hängt vom neuen Trainer in Madrid ab. Wir waren jedenfalls immer gut informiert, wie die anderen ticken. Die Zusammenarbeit der großen Klubs ist inzwischen sehr gut.

SZ: Es sei denn, Juventus Turin ist im Spiel. Deren Werben um Willy Sagnol ging doch wohl im Geheimen vor sich - und hätte fast Erfolg gehabt. Wie haben Sie Sagnol zum Bleiben überredet?

Hoeneß: Willy ist ein spezieller Fall, ein sehr emotionaler Typ. Bei unserem ersten Gespräch hat er viel Geld verlangt. Wenn wir ihm das bezahlt hätten, hätte er wohl sofort unterschrieben. Aber das konnten wir nicht gleich machen, ich hab' Bedenkzeit erbeten. Dann hat er wohl gedacht: Das bezahlen die sowieso nicht, jetzt entscheide ich mich anders. Er hat ja lauter Pläne, und er meinte, er müsse noch mal was anderes machen, bevor er später nach Korsika zieht. Ich glaube, der entscheidende Punkt war, dass ich ihn angerufen und das Angebot aufrechterhalten habe, nachdem er uns abgesagt hatte. Das hat ihm unheimlich imponiert, dass wir nicht die Tür zugeschlagen haben.

SZ: Das war dann wohl der Heimweh-Faktor - obwohl er noch nicht weg war.

Hoeneß: Das ging ja dann erst richtig los. Mit den Fans, die ihn gefeiert haben, und in der Mannschaft, in der Willy unglaublich beliebt und der Leader der Ausländer ist. Spieler sind zu mir gekommen und meinten, wir müssten Willy unbedingt halten. Und seit er nicht mehr in Grünwald, sondern in der Stadt wohnt, ist er Münchner geworden. Genau wie Bixente Lizarazu, seitdem er im Hotel mitten in der Stadt wohnt. Der sitzt immer in seinem Lokal, meistens ist ein Tisch reserviert, er isst seinen Fisch und seinen Spinat, und auf einmal spricht er deutsch und liebt München wie seine zweite Heimat.

SZ: Das sind aber weit reichende Prozesse, um die Spieler zu überzeugen.

Hoeneß: Es ist halt ein Problem, wenn der Herr Capello (Trainer Juventus Turin) extra nach München kommt, und der Herr Moggi (Manager Turin) im Privatjet anreist. Da muss ich sagen, es ist einfach nicht in Ordnung, wenn man einen Spieler eines anderen Klubs vor der offiziellen Frist am 1. Januar so intensiv anspricht. Da kann man doch mal anrufen. Chelsea hat im Fall Ballack angerufen, Manchester, Milan auch - Juve hat wegen Sagnol nie angerufen, obwohl sie am konkretesten mit ihm verhandelt haben.

SZ: Wollten Sie Juve mal zeigen, dass Sie mithalten können, nachdem Turin im letzten Jahr Robert Kovac weglockte?

Hoeneß: Die durften uns nicht wieder eine Flanke aufreißen mit ihren Fernsehgeldern, die sie dort reingeschaufelt bekommen, ohne was dafür zu tun. Wir wollten Flagge zeigen: Ein FC Bayern lässt sich nicht permanent vorführen. Das haben wir uns was kosten lassen.

SZ: Weil sich die Hand voll Spitzenklubs stets um die gleichen Spieler balgt?

Hoeneß: Mit einer Ausnahme, und das ist der Herr Abramowitsch. Der spielt in einer eigenen Liga, da können wir nicht mithalten. Wenn der sagt, ich will den Sagnol, dann schüttet er ihn solang zu, bis er zu Chelsea kommt. Aber ich hab' da keinen Groll: Es ist ja sein eigenes Geld.

Fortsetzung folgt im nächsten Posting
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Es grüßt euch
Udo

Sei immer ehrlich zu deinem Nächsten, auch wenn er es nicht gerne hört

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