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Alt 07-01-2006, 12:09   #1347
PC-Oldie-Udo
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SZ: Willy Sagnol ist demnach aber die programmatische Personalie, die eigentlich Ballack sein sollte?

Hoeneß: Richtig.

SZ: Wenn Ballack jetzt auch noch ,Ja' sagen sollte, erfüllt sich eine mittel- bis langfristige Personalplanung. Wo wollen Sie künftig neue Reize durch neue Spieler in der Teamhierarchie setzen?

Hoeneß: Sollen wir, wenn Michael kommt, sagen: "Nee, die Tür ist zu?" Wir sind überzeugt von diesen Spielern. Deshalb haben wir mit Deisler verlängert, mit dem sich der FC Arsenal beschäftigt hat, und mit Lúcio. Das waren Signale.

SZ: Juventus hat auf die Klagen aus München angemerkt: Was können wir dafür, wenn die Bayern mit zehn offenen Verträgen in die Saison gehen?

Hoeneß: Der Vorwurf war teilweise berechtigt. Darüber hatten wir hier auch einen kleinen Dissens. Der eine meinte, die Preise gehen noch ein bisschen runter, der andere meinte, dass das nicht passiert - und die Preise sind nicht runtergegangen. Deswegen hatten wir einen heißen Herbst. Das war eine heiße Kiste, die haben wir noch einigermaßen geregelt - aber das wird uns nicht mehr passieren.

SZ: Und jetzt müssen Sie sich mit Werder Bremen und dem Hamburger SV kabbeln. Auch diese beiden Klubs wollen Lukas Podolski. Wird der Norden frech?

Hoeneß: Ach was, das ist völlig legitim, dass die jetzt Führungsanspruch in Deutschland anmelden. Es ist doch noch gar nichts passiert, es sind noch keine Summen aufgerufen. Erstmal muss sich doch der Spieler erklären, was er will.

SZ: Podolski ist 20, er hat bescheidene vier Tore in der Hinrunde erzielt. Sind Sie überzeugt von seinen Fähigkeiten?

Hoeneß: Er ist auf jeden Fall das größte deutsche Stürmertalent. Aber er leidet unter dem Druck, der tagaus, tagein auf ihn einwirkt. Dem ist er nicht gewachsen. Sebastian Deisler hat das gut beschrieben, wie er damals der Alleinunterhalter für die Yellow Press in Mönchengladbach und Berlin gewesen ist. Die breiten Schultern, die es hier in der Mannschaft gibt, würden Podolski gut tun, dann könnte er sich mal wieder auf Fußball konzentrieren.

SZ: Finanziell hätte der FC Bayern wohl Vorteile.

Hoeneß: Dass sich der HSV bemüht, ist ja legitim. Die große Frage ist, ob die - wenn's drauf ankommt - in die Festgeld- oder in die Kreditabteilung gehen müssen, um den Spieler zu bekommen.

SZ: Und der Festgeldspeicher des FC Bayern wird immer voller, oder?

Hoeneß: Nein, aber er ist auch nicht leerer geworden.

SZ: Trotz der neuen Personalien?

Hoeneß: Zahlen wir aus dem Cashflow.

SZ: Ballack auch?

Hoeneß: Ja.

SZ: Podolski?

Hoeneß: Die Ablöse käme vom Festgeld, Gehalt nicht. Aber unsere liquiden Mittel liegen zwischen 120 und 150 Millionen Euro, die werden nicht weniger.

SZ: Was wollen Sie mit dem vielen Geld noch anstellen?

Hoeneß: Gar nichts. Liegenlassen. Und immer vermehren. Immer vermehren. Oder sollen wir's rausschmeißen?

SZ: Der FC Bayern könnte sich geheime Wünsche erfüllen. Stattdessen bleibt die Mannschaft komplett, einschließlich Oliver Kahn. Auch bei ihm hat es ja geheißen, er wolle noch mal ins Ausland.

Hoeneß: Mir war klar, dass Oliver nicht in Japan spielen kann. Wenn der in Tokio zwei Stunden im Verkehr festsitzt, wird er wahnsinnig. Als wir da im Sommer gespielt haben, wusste ich: Um Kahn müssen wir uns gar keine Sorgen machen. Der Guido Buchwald (Trainer in Tokio) hat uns erzählt, dass er jeden Tag drei Stunden im Auto sitzt.

SZ: Warum haben Sie dann gleich um zwei Jahre mit Kahn verlängert?

Hoeneß: Er wollte das so. Da haben wir gar nicht diskutiert. Wir können einem so verdienten Mann nicht sagen, wir wollen nur ein Jahr, und es womöglich daran scheitern lassen.

SZ: Und jetzt sind alle, einschließlich Trainer Felix Magath, zufrieden mit der neuen, alten Mannschaft?

Hoeneß: Sehr. Felix hat ja eingeführt, dass am Abend vor dem Spiel um halbzehn an der Bar zusammen ein Bier getrunken wird. Und da fühl' ich mich wie in einer Familie. Da hocken dann die Franzosen und die Südamerikaner mit den Deutschen und dem Holländer, und das ist richtig schön. So habe ich mir immer Bayern München vorgestellt.

SZ: Was fehlt?

Hoeneß: Es muss uns halt nur gelingen, aus dieser guten Stimmung noch mehr Leistung rauszuholen. Felix sagt, er bräuchte eigentlich noch einen Spieler, vor dem die anderen Angst haben. Einen bösartigen. Einen Roy Keane oder Frank Lampard oder John Terry.

SZ: Kann es auch ohne so einen Typen in der Champions League weitergehen, im Achtelfinale gegen den AC Mailand?

Hoeneß: Ja, unsere Mannschaft kann an einem guten Tag jeden Gegner schlagen. Das haben wir hier beim 2:1 gegen Juventus gesehen, in einem der besten Spiele seit Jahren. Der kleine Nachteil gegen Milan ist, dass wir zuerst zu Hause spielen müssen: Du musst vorlegen - und danach kommst du in die Höhle des Löwen. Ich hätte aber, wenn alle gesund sind, auch gegen Real, Barcelona oder Chelsea keine Angst.

SZ: Wovor dann?



» ...da geht halt was. «


Hoeneß: Dass die Mannschaft, wenn sie vermeintlich alles erreicht hat, wie beim Rückspiel in Juve, oder zuletzt in Brügge, noch schwächelt. Dass bei vermeintlicher Überlegenheit nicht alles abgerufen wird. Dieser Killerinstinkt, der fehlt. In Dortmund war zuletzt auch so ein schlimmes Spiel, ein Gurkenspiel in der ersten Halbzeit. Da hatte man alles erreicht, super, wir waren Herbstmeister, was fehlte, war der Eigenantrieb, einer, der sagt: Wouh! Los jetzt! Noch mal.

SZ: Warum denn?, wird sich manch einer fragen. Wo doch 2005, trotz des Umzugs aus dem Olympiastadion in die Arena, daheim nicht ein Punkt verloren wurde.

Hoeneß: Das ist die Gefahr: Du kennst die Niederlage, du kennst dieses Gefühl nicht mehr, zu verlieren. Und dann kriegst du plötzlich mal fünf Stück in einem Spiel. Das kann passieren.

SZ: Wäre vielleicht sogar hilfreich.

Hoeneß: Wenn's nicht in Mailand ist.

SZ: Auch dort muss die Bösewichtrolle aus der Summe der Darsteller erwachsen. Oliver Kahn hat ja auch oft...

Hoeneß: ... aber der Torwart kann doch nicht eingreifen. Der Torwart kann eher negative Signale setzen, wenn er übermotiviert einen über die Klinge springen lässt, gibt's Elfmeter, Rote Karte, bringt nichts. Das muss das Kollektiv lösen, mal der, mal der - aber wir sollten das jetzt nicht auf die Rolle des Bösewichts fokussieren. Da fehlt halt noch ein Spieler, der auch mal die Kollegen in den Hintern tritt und nicht alles so laufen lässt wie beim Gurkenspiel. Roque Santa Cruz hat mir mal gesagt: Manager, ich kann nur gut spielen, wenn es mir Spaß macht. Ich hab geantwortet: Es muss dir auch Spaß machen, gut zu spielen. Das ist der wichtige Unterschied.

SZ: Das ist Dialektik.





Müssen Sie Roy Makaay Dampf machen?
Foto: dpa


Hoeneß: Wenn ich jetzt an einen Zlatan Ibrahimovic denke, von Juve, wie der dir weh tut. Und wenn ich unseren Roy sehe, wie der dir eben nicht weh tut.

SZ: Müssen Sie Roy Makaay Dampf machen?

Hoeneß: Müssen wir mal beobachten. Er hat sicherlich über seine Hinrunde nachgedacht, und er hat sicher auch darüber nachgedacht, dass sein Vertrag bisher nicht verlängert wurde. Das ist auch ein Signal: dass er wissen muss, dass es so nicht geht. Er muss dahinkommen, wo er war: dass er nicht nur Tore schießt, sondern auch mitarbeitet. Dass er in der Mannschaft wieder ein Faktor wird.

SZ: Noch ein Exkurs zu Frau Merkel: Die Bundeskanzlerin arbeitet an blühenden Landschaften. Können Sie helfen?

Hoeneß: Ich habe gelesen, sie sei ein Fußball-Fan und sehe gern den FC Bayern. Da hat sie ja ein wunderbares Beispiel, wie man über vier Jahre diese blühenden Landschaften zusammenbasteln kann. Wir wären gerne bereit, ihr bei einem Abendessen zu erklären, wie wir das hier gemacht haben. Vor allem weil ich ihre bisherige Arbeit sehr schätze.

SZ: Sie sollten Sie zu Ihrem Führungskräfteseminar einladen.

Hoeneß: Noch lieber würde ich mich mit Herrn Müntefering treffen. Der macht mir am meisten Spaß.

SZ: Wie das?

Hoeneß: Das ist so ein Typ mit Haken und Ösen, und er ist mit Herz bei der Sache. Der gefällt mir im Moment von allen Politikern am besten.

Fortzetzung folgt
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Es grüßt euch
Udo

Sei immer ehrlich zu deinem Nächsten, auch wenn er es nicht gerne hört

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