Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 07-01-2006, 12:10   #1348
PC-Oldie-Udo
TBB Family
 
Benutzerbild von PC-Oldie-Udo
 
Registriert seit: Sep 2000
Beiträge: 18.040
Seite 3
bitte zurückblätern


SZ: Franz Müntefering hat Ihren Lieblingspolitiker Joschka Fischer abgelöst?

Hoeneß: Nee, Fischer wird immer mein Liebling bleiben. Aber ich bin sehr zufrieden mit dem, was ich sehe: Müntefering, Steinbrück, der wird ein guter Finanzminister sein - Eichel konnte gar nichts. Wir haben jetzt eine Regierung, die in der Lage sein wird, ihre Chancen zu nutzen. Aus einem katastrophalen Zustand nach der Wahl ist der kleinste gemeinsame Nenner geworden.

SZ: Sie haben doch nicht etwa anders gewählt als sonst? Warum schwärmt der bekennende CSUler für SPD-Personal?

Hoeneß: Der beste Mann am besten Ort. Das müssen wir lernen, dass nicht die Partei entscheidend ist, sondern die Persönlichkeit. Auch der Gerhard Schröder ist jetzt am richtigen Platz, ich finde es unmöglich, dass er als Aufsichtsrat bei Gazprom so sehr kritisiert wird. Einfach nur Neidkultur. Mir ist es doch lieber, unseren ehemaligen Kanzler an dieser wichtigen Stelle zu wissen. Dazu nur der alte Spruch aus Österreich: "Lass andere Kriege führen - du, glückliches Österreich, heirate. Tu, felix Austria, nube."

SZ: Im politischen Herbst, kurz nach der Wahl, hatten Sie den Zustand des Landes mit dem der Nationalmannschaft unter Jürgen Klinsmann verglichen - und ihn als katastrophal bezeichnet. Hat sich da ihr Urteil ähnlich gewandelt?

Hoeneß: Ich hab' beschrieben, was ich sah, und da konnte mir keiner widersprechen, der die Spiele gegen Holland, die Slowakei, die Türkei oder China gesehen hatte. Ich halte nichts davon, den Mantel der Nächstenliebe über alles zu decken.

SZ: Das Gewitter hat gereinigt?

Hoeneß: Ich maße mir jetzt nicht an, dass ich mit meiner Kritik was bewirkt hätte. Jetzt sollten wir Gas geben: Der Bundestrainer hat unsere volle Unterstützung! Wir werden alles einbringen, was der FC Bayern zur Verfügung hat, um Deutschland zu helfen. Und ich hoffe, dass wir gemeinsam Erfolg haben, denn ein Erfolg der Nationalmannschaft färbt auch auf Bayern München ab.

SZ: Ist diese Linie mit Felix Magath abgestimmt? Ihr Trainer hat ja oft sehr eigenwillige Kommentare zur Arbeit von Jürgen Klinsmann abgegeben.

Hoeneß: Wir haben das Jahr 2006 zum Jahr der Kooperation erklärt, und nicht der Konfrontation.

SZ: Das ist ja mal ein Beitrag aus dem Land der Ideen. Das wird die Klinsmann-Parole für 2006 noch beflügeln: Wir wollen Weltmeister werden! Wird da nicht viel zu viel versprochen?

Hoeneß: Nein. Man muss das als Zielsetzung ausgeben, man braucht Schlagworte in unserer Gesellschaft. Die Medien brauchen das, das Volk auch, und wenn du verkündest: Wir wollen ins Viertelfinale! - damit kann keiner was anfangen. Du musst das oberste Ziel ansetzen, um ein Mindestziel zu erreichen.

SZ: Scheitern mit Glanz und Gloria?

Hoeneß: Warum? Wenn Deutschland mit dieser relativ leichten Vorrunden-Auslosung in Schwung kommt, die Mannschaft zusammenwächst, dann geht immer was. Es ist ja immer nur ein einziges Spiel. Die Brasilianer sind vielleicht müde am Ende der Saison, die Engländer auch - und die Deutschen werden getragen von Begeisterung. Eine Heimmannschaft hat halt gewisse Impulse, die andere nicht haben. 1974, das WM-Endspiel, das durften wir doch auch nicht gewinnen, so, wie die Holländer gespielt haben. Trotzdem haben wir"s gewonnen. Weil eben ... da geht halt was.

(SZ vom 7.1.2006)
__________________
Es grüßt euch
Udo

Sei immer ehrlich zu deinem Nächsten, auch wenn er es nicht gerne hört

PC-Oldie-Udo ist offline   Mit Zitat antworten