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Alt 23-01-2006, 20:30   #404
Starlight
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…und nun zum Sport

Nach der ersten Woche der Ertragssaison gehen die Meinungen an der Wall Street weit auseinander – wie immer. Einig sind sich die Experten eigentlich nur darüber, dass die enttäuschenden Zahlen vieler Blue Chips und anderer prominenter Werte die Stimmung gedrückt und unter anderem die Kursstürze vom Freitag verschuldet haben.

Von den ersten Dow-Unternehmen, die bisher gemeldet haben, kam tatsächlich kein einziges ohne schlechte Nachrichten aus. Bei GE stimmte der Gewinn, aber der Umsatz war schwach. Alcoa und Citigroup verfehlten komplett. JP Morgan leidet unter schwachem Aktienhandel. IBM kam mit starken Zahlen, aber einem schwachen Ausblick, ebenso wie Apple und Ebay außerhalb des Dow. Yahoo und Intel wiederum verfehlten die Schätzungen auf ganzer Linie.

So ein Überblick sieht nicht gut aus. Auch nicht, wenn die Statistiker darauf hinweisen, dass immerhin 60 Prozent der Unternehmen bisher die Erwartungen geschlagen haben. Wen kümmern schon ein kleiner T-Shirt-Laden oder die Lokalbank in Florida, wenn die Großen alle patzen.

Und überhaupt: Die Quote der Enttäuschungen steigt auch ein wenig. 24 Prozent der Unternehmen blieben bisher unter den Prognosen zurück. Kann es sein, dass die Prognosen zu optimistisch waren? Es sieht so aus. Die Analysten sind in das bereits vierte Jahr des Bullenmarktes mit dem gleichen Optimismus eingestiegen wie in das ertse und zweite. Und wenngleich die Unternehmen 2002 sämtliche Schätzungen bei weitem übertroffen haben, berechtigt das noch lange nicht zu grenzenloser Euphorie bis an den jüngsten Tag. Immerhin: 2002 und 2003 war das Gewinnwachstum in Corporate America nicht zuletzt deshalb so stark, weil ich die Vergleichsdaten des Vorjahres schwach waren und üppiges Wachstum erst zuließen.

Jetzt, langsam und einer nach dem anderen, senken die Analysten ihre Erwartungen für das angebrochene Jahr. Damit laufen die Experten dem Trend wieder einmal hinterher. Erneut zeigt sich, dass die meisten Analysen im Vorfeld nicht so sehr auf fundamentalen Nachfroschungen beruht haben, sondern auf Euphorie.

Und das kann langtfristig nicht hinhauen. Zwar ist optimistische Stimmung immer besser als pessimistische, und viel Optimismus kann die Wirtschaft auch antreiben und sozusagen zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeihung werden. Aber es gibt eben doch auch eine Schattenseite: Die Gefahr von Enttäuschungen steigt.

Und nun zum Sport: Der US-Skifahrer Bode Miller wird in wenigen Wochen bei den Olympischen Spielen in Turin an den Start gehen, und könnte dort, laut dem Time-Magazin als erster „fünf Medaillen“ holen. Damit sind die Erwartungen gesetzt. Kommt Miller mit drei Mal Gold zurück, werden die Fans enttäuscht sein. Kommt er hingegen mit fünf Medaillen zurück, werden sie nicht begeistert sein. Immerhin hat Miller nur sein Soll erfüllt.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc
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