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Alt 26-01-2006, 18:53   #405
Starlight
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Bush kritisiert GM und Ford

In Detroit ist die Stimmung trübe. Die Automobilindustrie steckt in einer schweren Krise, allein in dieser Woche hat man etwa 35 000 Entlassungen bei Ford und DaimlerChrysler und einen Verlustvon 5 Milliarden Dollar bei GM gemendet. Und jetzt kommt auch noch Schelte aus Washington, wo man eigentlich Hilfe erwartet hatte.

Seit langem nämlich versuchen General Motors und Ford, die Milliardenlöcher in ihren Pensionskassen vom Steuerzahler auffüllen zu lassen. Und dank guter Beziehungen zu Bush & Co. war das gar kein allzu gewagter Gedanke. Zwar verhandeln die Unternehmen weiter mit der Gewerkschaft über Zugeständnisse von Mitarbeitern und Pensionären sowie eine künftige höhere Eigenbeteiligung an der Krankenversicherung, doch war die Notlösung Washington immer ein durchaus realistisches Szenario.

Nun die Absage. „Statt in Washington auf Hilfe zu hoffen, sollen die einfach bessere Autos bauen“, knurrt Präsident George W. Bush nach Informationen des Wall Street Journal. Das sind ganz neue Töne gegenüber der Industrie. Doch trifft Bush ausnahmsweise einmal den Nagel auf den Kopf. Kritische Experten sagen schon lange, dass ein Auto-Hersteller nicht nur wegen hoher Pensionsverpflichtungen in Schwierigkeiten sein kann, sondern immer auch weil er nicht genug Autos verkauft.

In den Sorgen um Renten und Versicherungen, Bilanzen und Entlassungen haben GM und Ford längst ihr Kerngeschäft vergessen. Aktuelle Umfragen vom Marktforscher J.D. Powers zeigen das. Das Institut führt seit Jahren Statistik über die Zuverlässigkeit aller möglichen Modelle und notiert, welcher Wagen in den ersten drei Jahren wie oft zur Reparatur muss.

Eines vorweg: Die Amerikaner haben sich in den letzten beiden Jahren gegenüber der japanischen Konkurrenz durchaus verbessert. Im Luxus-Segment, zum Beispiel, fahren die Detroit-Marken Lincoln, Cadillac und Buick nur knapp hinter Porsche und Lexus und haben die teuren Serien von Toyota ebenso abgehängt wie die Luxustöchter Infiniti von Nissan und Acura von Honda.

Unterhalb der Oberklasse sieht es weniger gut aus, da fahren GM und Ford im internationelen Vergleich nur im Mittelfeld mit.

Fast durchweg enttäuschend fallen allerdings Verbraucherumfragen aus, die J.D. Powers neben den Wartungsstatistiken führt. In der Meinung der Verbraucher kommen die amerikanischen Marken deutlich schlechter Weg als Toyota und Subaru, und selbst die technisch etwas abgeschlagene Markt Suzuki bekommt in vielen Kategorien besere Noten.

Die Diskrepanz beruht größtenteils darauf, dass Autofahrer längst andere Schwerpunkte setzen als die Unternehmen. Die bauen zwar sicherere Autos als früher, konzentrieren sich sonst aber eher auf Zubehör und bessere Ausstattung statt auf wesentliche Dinge wie den Motor. Der verbraucht bei GM und Ford noch immer mehr als bei den Asiaten, und in Zeiten hoher Benzinpreise ist das ein schlagendes Argument für oder gegen den Kauf eines Autos – das zeigt nicht zuletzt die unterdurchschnittliche Bewertung der GM-Luxuskiste Hummer, der übelsten Spritschleuder auf amerikanischen Straßen.

Laut einer aktuellen Statistik der US-Umweltministeriums EPA verbaucht der durchschnittliche Kleinwagen bei GM 7,6 Liter auf 100 Kilometer, bei Ford ganze 8,6 Liter. Das Vergleichsmodell kommt bei Toyota mit 6,6 Litern und bei Honda mit 6,2 Litern aus. In der Mittelklasse sieht es nicht anders aus, und erst bei Kleinbussen und SUV gleichen sich die Zahlen etwas an, immer noch mit einem Vorteil für die Asiaten.

Ein weiteres Problem für US-Wagen sind die zahlreichen Rückruf-Aktionen. Sorgfältiges Arbeiten und bessere Kontrollen bei Zulieferern hätten GM und Ford in den letzten Jahren hunderte Millionen Dollar gespart und das Image bewahrt. Das nämlich leidet auch unter einer Rückrufaktion, wenn nur ein kleines, noch so bedeutungsloses Plastikteil ausgetauscht werden muss. Ein Grund mehr für GM, sich bei den Verhandlungen mit dem wichtigsten Zulieferer Delphi auf das Wesentliche zu konzentrieren. Das dürfte jetzt aber auch leichter fallen, denn der verlockende Ausweg nach Washington scheint nun erst einmal blockiert zu sein.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc
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