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Alt 13-02-2006, 20:27   #420
Starlight
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Sorge um Zwangsvollstreckungen

Nicht, dass man nicht damit gerechnet hätte: Es mehren sich die Zeichen für ein Ende des Immobilien-Booms in den USA. Eine neue Statistik über Zwangsvollstreckungen macht es den Bullen immer schwerer, die Situation schön zu reden, zumal schon der regelmäßige Blick auf die Branche zuletzt für Unmut auf dem Parkett gesorgt hatte.

Der Trend ist nicht neu: Die Zahl der neu gebauten Häuser wächst seit einigen Monaten nicht mehr so schnell wie erwartet. Häuser sind länger auf dem Markt als noch vor einem Jahr, und die Preise sinken. Jetzt aber bestätigt eine aktuelle Statistik einen Aufwärtstrend, der endgültig zum Sargnagel der Konjunktur werden könnte: Die Zahl der Zwangsvollstreckungen nimmt rapide zu.

Auch das kommt nicht aus heiterem Himmel. Zwar freuten sich die Optimisten, unter anderem die Konjunktur-Experten hinter Präsident George W. Bush, lange darüber, dass noch nie in der Geschichte der USA mehr Bürger eigenen Wohnbesitz – Haus oder Appartement – hatten. Andererseits vergaßen sie regelmäßig darauf hinzuweisen, dass dem durchschnittlichen Besitzer noch nie in der Geschichte der USA ein so kleiner Anteil gehörte wie in den letzten Jahren.

Wer in den USA ein eigenes Haus will, zahlt nur einen mickrigen Anteil an, der Rest wird finanziert. Dank niedriger Zinsen konnten sich die Hypothekenbanken mit sensationellen Angeboten überbieten. Wurden manche Investoren noch vor drei Jahren von Zinszahlungen während der ersten Monate befreit, durften sie zuletzt sogar weniger als die zinsfreie Monatsrate abzahlen. Damit stieg der Wert der Hypothek für den Kunden, anstatt Monat für Monat zu schrumpfen.

Dass dieser Trend so nicht anhalten könnte, war von vorne herein klar. Jetzt liefert die Immobilien-Statistik zum vierten Quartal 2005 den Beweis. Für etwa 850 000 Immobilien wurde im abgelaufenen Jahr die Zwangsvollstreckung eröffnet, die jeweiligen Zahlen stiegen vom ersten bis zum vierten Quartal konstant um insgesamt 25 Prozent.

Die meisten Vollstreckungen drohen erwartungsgemäß in den Großstädten und Vororten, in denen die Immobilenpreise in den letzten Jahren ab steilsten zulegten. In Washington, D.C. hat sich die Zahl der Fälle in 2005 vervierfacht, das benachbarte Virginia zeigt ein Plus von 150 Prozent. Ähnlich ist der Trend rund um Los Angeles sowie in Connecticut, wo viele Manhattan-Pendler leben.

Um 29 Prozent zurückgegangen ist die Zahl der Zwangsvollstreckungen in Florida, wo der Anteil der Fälle am Gesamtmarkt allerdings noch immer höher ist als in jedem anderen US-Bundesstaat. Auf immerhin 1,7 Prozent aller Immobilen klebt der Kuckuck.

Im historischen Vergleich, das sei eingeräumt, sind diese Zahlen noch nicht dramatisch. Die niedrigen Zinsen haben die Zahl der Zwangsvollstreckungen in den letzten Jahren auf ein historisch niedriges Niveau gedrückt. Doch langsam, so James Saccacio vom Immobilien-Institut RealtyTrac, nähern sich Zahlen früheren Durchschnittswerten an. Dort allerdings, so steht zu befürchten, dürften sie nicht verharren.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc
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