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Alt 11-06-2006, 11:09   #139
Benjamin
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Hallo Jörg,

das mit den Planetenkonstellationen sehe ich ähnlich wie Du (Hokuspokus), mich wundert, dass Faber sich überhaupt tatsächlich ernsthaft mit so etwas beschäftigt; es kratzt in meinen Augen an der Glaubwürdigkeit seiner Aussagen.

Nichtsdestotrotz, er wird offenbar viel gelesen. In der Samstagsausgabe der Welt (10. Juni) steht eine kurze Kolumne von ihm. Die Kernaussagen:
Die US-Fed kann jetzt nur zwischen 3 Übeln wählen:

1. Sie senkt die Zinsen mit diesen Folgen:
- Dollar-Crash
- Importpreisinflation für die USA
- Längerfristige US-Renten fallen im Kurs, ihre Renditen steigen
- stabiler oder gar steigender Aktienmarkt, wobei ausländische Aktionäre Gewinne durch Währungsverluste aufgezehrt sehen

2. Sie hebt die Zinsen weiter an mit diesen Folgen:
- Schwache Wirtschaft, fallende Unternehmensgewinne, Aktienkurse fallen, mindestens eine Verlangsamung des Wachstums, evtl. später Rezession
- Immobiliensektor weiter abschwächend
- US-Anleihen steigen im Kurs, ihre Rendite fällt
- Dollar würde sich etwas festigen

3. Sie macht gar nichts, sie pausiert. Diesen Fall behandelt Faber im Artikel merkwürdigerweise nicht.

Faber favorisiert die Variante 2 für eine Zeitperiode von 2 - 3 Monaten, also bis Ende August/Anfang September.
Ausgehend vom heutigen Niveau erleben die Weltbörsen, Rohstoffe und Gold nur eine kurze Erholungsphase und fallen dann wieder ab. Nachdem Aktien und Immobilien um etwa 10% eingebrochen sein werden wird die US-Fed die Notenpresse anwerfen, also Geld drucken. Das führt zu Stagnation, was wiederum Edelmetalle begünstigt.
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Der EUR/USD-Chart der letzten Tage gibt Faber recht (mit seiner Erwartung einer fortgesetzten straffen Geldpolitik), die Marktteilnehmer erwarten zumindest nicht die Variante 1. Seine Varianten 1 und 2 sind in sich logisch. Die Variante 3 hat imo allerdings auch große Chancen.

Aber....

Seine Unterstellung, die US-Notenbank würde Geld drucken, wenn die Zinsen nur hoch genug angehoben und die Aktienkurse tief genug gefallen sein werden, hat für mich allerdings ein merkwürdiges Geschmäckle: Es würde Ben Bernanke zum Lügelbold abstempeln. In früheren Äußerungen bringt Faber ja seine Meinung zum Ausdruck, dass den Notenbanken in keiner Weise getraut werden dürfe. Er unterstellt offenbar eine Art Konspiration in den USA, weil er der US-Regierung vorwirft, den wahren (schlechten) Gesamtzustand der US-Wirtschaft zu verschleiern - zu lügen. Nach Faber hat die Glaubwürdigkeit von Bernanke seit seiner Wahl zum Fed-Chef jedenfalls gelitten, jetzt weiss Bernanke nicht so recht, was er will.

Ben Bernanke hat gerade sehr öffentlich der Inflation den Kampf angesagt. Faber traut dem Mann aber zu, wenn der Schmerz groß genug geworden sein wird, alle Grundsätze über Bord zu werfen, um den Segen für die Schuldner zu mobilisieren: Das Gelddrucken. Warum sollte Bernanke dann aber nicht einfach die für ihn selbst viel glaubwürdigere Variante 1 ziehen? Die Auswirkungen beider Möglichkeiten (Zinsen senken, Gelddrucken) in der Welt wären doch imo hinsichtlich der US-Wirtschaft identisch: Der Markt würde wieder mit Liquididät geflutet. Das erscheint mir nicht sehr logisch zu sein.

Wenn Geld zusätzlich (also ungedeckt) gedruckt wird, dann muss es ja jemand nach der Druckpresse bekommen. Wer bekäme dieses zusätzliche (ungedeckte) Geld gemäss den Rechtsgrundlagen in den USA? Falls es dem Regierungshaushalt zur Verfügung gestellt werden soll, dann muss es ja einen legalen Weg dafür geben. Außerdem müßte das Geld im US-Haushalt als Einnahme aufgeführt werden. Rechnungen müssen ja öffentlich bezahlt werden, also darf das Geld - ganz technisch gesehen - dafür nicht aus schwarzen Konten kommen. Diese Dinge sind sehr öffentlich, die kann jeder einsehen und die Presse und der politische Gegner fragt nach. Wie soll das gehen, wie soll das legal darstellbar sein? So etwas kann doch kein Parlament oder kontrollierte Behörde als Rechtsgrundlage verabschieden bzw. zulassen! Ein Grundsatz "Wenn die US-Regierung kein richtiges Geld mehr hat, dann darf sie sich ungedecktes Geld einfach so drucken lassen" würde aller Rechtsstaatlichkeit staatlichen Handelns den Boden entziehen, sie dürfte ja machen, was sie will, alle Schleusen wären geöffnet. Eine Haushaltsdebatte im Parlament könnte man sich künftig schenken, im Grunde auch das ganze Parlament. Gerade in den USA mit ihrem so hoch gehaltenen Rechtsanspruch würde so etwas doch einen Sturm der öffentlichen Entrüstung auslösen müssen, weil jeder überschuldete Häuslebauer in den USA - ein Wähler - so etwas eben nicht legal machen darf. Sorry, solange mir keiner erklärt, wie ungedecktes Geld legal in einen öffentlichen Haushalt gelangt und dann zur Bezahlung von Rechnungen im öffentlichen Rechtsverkehr genutzt werden darf, solange habe ich doch arge Probleme mit der Glaubwürdigkeit von Faber's Unterstellung in dieser Hinsicht.

Evtl. kann mich hier ja jemand aufklären.

Geändert von Benjamin (11-06-2006 um 11:57 Uhr)
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