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Alt 22-02-2007, 20:31   #81
Starlight
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Google: (K)ein Angriff auf Microsoft

Seit Google in einer beeindruckenden Zwei-Jahres-Rallye den Aktienkurs von 80 auf über 500 Dollar gesteigert hat, hatte es die Suchmaschine zunehmend schwer, sich als harmloser Internet-Wert dazustellen. Ab sofort ist das gar nicht mehr möglich, denn mit einem Frontalangriff auf Microsoft zeigt das Unternehmen Zähne.

Dabei hatte Google-CEO Eric Schmidt in den letzten Monaten wiederholt beteuert, dass Google keineswegs in Konkurrenz zu Microsoft treten wolle. Analysten hatten das immer wieder vermutet. Immerhin hat die Suchmaschine immer mehr Internet-basierte Software aufgenommen, die User zumindest theoretisch dazu hätten bewegen können, Windows den Rücken zu kehren.

Doch das kostenlose Textverarbeitungsprogramm, das nun den Namen Google Docs trägt, sollte nicht Windows ersetzen, so Schmidt. Und die Tabellenkalkulation, die nun Google Spreadsheet heißt, auch nicht Excel. Doch seit beide Programm und noch einige mehr, darunter ein Email-Server, ein Kalenderdienst, zehn Gigabyte Speicher und eine Telefon-Hotline für den Kundendienst, am Donnerstag für 50 Dollar pro Jahr und Kunde im Profi-Pack erhältlich sind, lässt sich kaum mehr leugnen, dass sich Google an Bill Gates´ Software-Riesen orientiert.

Bei Microsoft muss man sich deswegen nicht fürchten. Es ist kaum anzunehmen, dass Google mit seinen Internet-Programm einen auch nur spürbaren Bissen aus dem Windows-Kuchen beißen wird. Rund 450 Millionen User weltweit arbeiten immerhin mit den Office-Programmen, während die Geschäftssparte von Google gerade einmal 100 000 Kunden für das bisher kostenlose Paket hatte.

Selbst wenn alle 100 000 Kunden kostenpflichtig zu Google wechseln würden, wäre das kein Verlust für Microsoft. Und für Google zunächst kein großer Gewinn, denn die 5 Millionen Dollar Umsatz, die das einspielen würde, sind gemessen am Gesamtumsatz des Konzerns von zuletzt 10,6 Milliarden Dollar in 2006 geradezu verschwindend gering.

Dass die Aktie von Google dank der Pro-Apps am Donnerstag dennoch ins Plus kletterte, ist den Aussichten zu verdanken, die Anleger in bezug auf die Geschäftspolitik des Unternehmens haben. Dass der konsequente Wechsel von Microsoft- auf Google-Programme einem Unternehmen pro Lizenz gute 600 Dollar jährlich sparen könnte, ist nämlich nur in zweiter Linie für Großkunden interessant. Vielmehr aber öffnet das neue Service-Paket den kleinen und mittleren Betrieben Türen, die bislang gar nicht im Internet vertreten waren.

Um diesen Markt – um die Restaurants, Schuhverkäufer, Schreibwarenläden und Massage-Salons – kämpft Google schon seit Jahren, unter anderem in komplett anzeigen-unterstützten Programmen wie Google Earth. Der Erfolg war bisher bescheiden: Bis heute hat etwa die Hälfte der amerikanischen Arbeitsnehmer keinen Email-Anschluss in Büro oder Betrieb. Hier liegt Wachstumspotenzial, das Microsoft und andere Anbieter bisher vernachlässigt haben.

Googles neues Paket ist also ein Knüller nicht so sehr in bezug auf die aktuelle Gestalt des Angebots. Vielmehr ist die „Google Apps Premier Edition“ ein weiterer Indikator für die visionäre Geschäftsführung im Googleplex – und die ist, worauf Anleger mit jeder gekauften Aktie setzen.

© Wall Street Correspondents Inc.
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