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Alt 15-08-2007, 18:30   #1
Auf Wunsch gelöscht
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Duisburg: Steckt die Mafia hinter eiskalten Morden?

Von den Killern, die sechs Italiener in Duisburg kaltblütig erschossen haben, fehlt jede Spur. Italiens Innenminister spricht von Mafia-Morden. Deutsche Ermittler sind zurückhaltend.

DUISBURG/ROM/WIEN (red, pk). Kaltblütig wurden die sechs Männer mit gezielten Kopfschüssen hingerichtet. Ihre Leichen lagen in zwei Autos in einem dunklen, engen Gässchen vor einem italienischen Restaurant in der Nähe des Duisburger Hauptbahnhofs. Sie waren italienische Staatsbürger im Alter von 16 bis 39 und kamen aus dem Dorf San Luca in der süditalienischen Region Kalabrien.

Das Blutbad von Duisburg ist nicht nur eines der schwersten Gewaltverbrechen, die sich in Deutschland in den vergangenen Jahren ereignet hat. Bei den Morden dürfte es sich um eine beispiellose Austragung einer Fehde zwischen zwei italienischen Mafia-Clans im Ausland handeln.

Die Tat ereignete sich am Mittwoch kurz nach zwei Uhr morgens vor einem italienischen Lokal. Eine Fußgängerin hatte die Schüsse gehört und einen Polizeistreifenwagen angehalten, der sich zufällig in der Gegend befand. Eine halbe Stunde später entdeckte die Polizei fünf Leichen. Der sechste Mann verstarb im Notarztwagen.

Schnittstelle Pizzeria

Die Ermordeten waren zuvor im Restaurant bei einer Geburtstagsfeier für eines der späteren Opfer gewesen. „Alle hatten einen Bezug zu dem Restaurant“, sagte ein Ermittler bei einer Pressekonferenz in Duisburg. Zwei der Erschossenen waren zudem Brüder.

Die Leichen – die Männer dürften unbewaffnet gewesen sein – befanden sich in einem weißen Lieferwagen sowie einem dunklen VW-Golf, beide mit deutschen Kennzeichen, die von den Schüssen durchsiebt worden waren. „Wir haben eine Vielzahl an Schüssen und Schussverletzungen“, sagte ein Polizeisprecher in Duisburg. Gefahndet wird nach zwei Männern, die in der Nähe des Tatorts gesehen worden waren.

Für den Mord selbst, der laut Polizei erstaunlich ruhig abgelaufen sein dürfte, gibt es keine Augenzeugen. Aufschluss erhoffen sich die Ermittler von den Aufzeichnungen einer Überwachungskamera, die an einem der umliegenden Bürogebäude installiert ist. Erschwert wurde die Spurensuche am Tatort durch Regen.

Mafia in Deutschland aktiv

Hinweise auf den möglichen Hintergrund der Morde kommen aus Italien: Innenminister Giulio Amato erklärte in Rom, es handle sich allem Anschein nach um eine Fehde zweier rivalisierender Mafia-Clans der „Ndrangheta“, wie die süditalienische organisierte Kriminalität genannt wird. Dass Familien der Ndrangheta in Deutschland aktiv sind, weiß man. An die 300 Pizzerien, etwa 30 davon allein in Berlin, gelten als Schaltstellen für illegale Tätigkeiten.

Doch dass die kalabrische Mafia ihre notorischen Familienfehden über die Landesgrenzen hinausträgt, das ist für Italiens Ermittler bei Polizei, Staatsanwaltschaft und Innenministerium eine „absolute Neuheit“, ein „Qualitätssprung“. Wie nie zuvor wolle die Ndrangheta „Stärke demonstrieren“, sowie die „staatlichen und internationalen Autoritäten herausfordern“, lauteten die offiziellen Kommentare am Mittwoch in Rom.

In Duisburg hingegen warnten Ermittler vor voreiligen Schlüssen. Noch gebe es keine Beweise, dass tatsächlich die Mafia hinter den Morden stecke. Man ermittle in alle Richtungen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.08.2007)
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