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Alt 23-06-2008, 17:37   #861
Starlight
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Uncle Sam plant Entlassungen
Montag, 23. Juni 2008

Die amerikanische Konjunktur steht schon lange auf wackligen Füßen. Hohe Inflation, teure Rohstoffe, schwache Industrie und ein angeschlagener Arbeitsmarkt haben die USA in den Bereich einer Rezession gebracht – und Besserung ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Jetzt werden weitere Jobs gestrichen, und zwar ausgerechnet beim Staat.

In den Arbeitsmarktberichten der letzten Monate waren Staat und Kommunen immer die einzigen, die noch ein wenig gute Stimmung verbreiten konnten. Während am Bau, in der Industrie, im Einzelhandel und bei den Dienstleistungen immer mehr Jobs vernichtet wurden – seit Beginn des Jahres hat die US-Konjunktur etwa 250 000 Arbeitsplätze verloren –, wurde zumindest im öffentlichen Dienst noch eingestellt.

Doch damit ist jetzt Schluss. Den Kommunen fehlt das Geld. Niedrige Steuern, die vor allem von den Republikanern gerne als Allheilmittel für eine angeschlagene Konjunktur gepriesen werden, haben die öffentlichen Einnahmen drastisch einbrechen lassen. Entsprechend müssen Städte und Bundesstaaten sparen. Bis zu 45 000 Angestellte dürften in den nächsten Wochen ihre Schreibtische räumen, die Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes rechnet mit vielen weiteren bis Jahresende.

Schuld daran sind dramatische Haushaltslücken. Fast alle amerikanischen Bundesstaaten starten nächste Woche in das neue Fiskaljahr und wissen nicht, wie sie ihre budgetierten Ausgaben bestreiten sollen. In 29 Staaten – darunter Kalifornien, Ohio und Florida – fehlen insgesamt 48 Milliarden Dollar, wie das Center on Budget and Policy Priorities berechnet hat.

Der Weg aus der Krise führt über Einsparungen; unter anderem über das Streichen von 1 Prozent der Stellen. Da im öffentlichen Dienst etwa 20 Millionen Amerikaner Arbeit haben, entspricht das rund 200 000 Entlassungen, die noch vollzogen werden dürften. Das wären mehr als die gebeutelten Bau- oder Autobranchen der Konjunktur bisher zugemutet haben.

Die drastischsten Einschnitte stehen in Tennessee an, wo in den nächsten Monaten 2000 Stellen oder 5 Prozent der staatlichen Jobs abgebaut werden sollen. In New York’s Nachbarstaat New Jersey stehen 3000 Jobs zur Disposition, in Ohio mehr als 2700. Die Stadt Detroit will allein 1300 Stellen abbauen, wenn man bis Monatsende keinen Käufer für den Detroit-Windsor-Tunnel gefunden hat. Eine Privatisierung dieser USAKanada-Verbindung hatte ursprünglich Millionen in den Haushalt spülen sollen, doch zeichnet sich ein Deal nicht ab.

Nicht alle Kommunen sind derart verzweifelt, dass sie Kernstücke ihrer Infrastruktur losschlagen müssen. Doch selbst in Städten und Staaten mit ausgeglichenem Haushalt sieht es nach einer Studie von Standard & Poor’s nicht viel besser aus. Da stehen zwar nicht unbedingt Entlassungen an, doch seien allerorten Einstellstopps verhängt worden; außerdem bietet man seit geraumer Zeit Frühpensionen an.

Schuld an der Misere ist Experten zufolge vor allem der Zusammenbruch auf dem Immobilienmarkt, der zu Zwangsversteigerungen im ganzen Land und einem Einbruch der Grundsteuern geführt hat. Aber auch die übrigen Steuersenkungen der letzten Jahre haben die Kommunen ausbluten lassen. Mit den geplanten Entlassungen setzt sich nun eine Spirale fort, die die USA immer tiefer in die von Experten bereits benannte Rezession führt.
© Inside Wall Street
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