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Alt 02-07-2008, 19:33   #867
Starlight
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Die leichteste Aufgabe
Dienstag, 1. Juli 2008

In einem heißen Wahlkampf, in dem der Frust der Amerikaner über ihren amtierenden Präsidenten keine Grenzen kennt und sich die Sorgen der Wähler von Irak und Iran über die Wirtschaft bis hin zu Umweltschutz und Rente strecken, fragt man sich: Was wird die schwerste Aufgabe für den neuen Präsidenten werden? Und was die einfachste?

Volkswirte glauben, dass sich zumindest eine Aufgabe für Präsident Obama oder Präsident McCain weitgehend von selbst erledigen wird: der Arbeitsmarkt. Der liegt zur Zeit am Boden. Seit Anfang des Jahres hat die US-Konjunktur in jedem einzelnen Monat Stellen abgebaut – insgesagt mehr als eine Viertelmillion. Die Arbeitslosenquote liegt deutlich über 5,0 Prozent und damit viel zu hoch für die Amerikaner.

Da die Wirtschaft und mit ihr der Arbeitsmarkt zyklisch verlaufen, so die Experten, dürfte der nächste Herr im Weißen Haus von einem Aufschwung – möglicherweise schon ab den ersten Monaten des neuen Jahres – profitieren. Einen solchen Aufschwung könnte sich der beste Präsident nicht als eigenen Verdienst zuschreiben, doch wäre auch ein schlechter Präsident nicht komplett Schuld an einer schwächeren Entwicklung.

„So ist das nunmal: Wenn die Arbeitslosenquote zu Beginn der Amtszeit sehr hoch ist, wird sie wohl etwas schrumpfen“, kommentiert Joel Prakken, der Chairman der Beratungsfirma Macroeconomic Advisors. „Und wenn die Arbeitslosenquote am Anfang sehr niedrig ist, dann wird sie über die nächsten Jahre wohl etwas steigen.“

Lakshman Achuthan, der Direktor des Economic Cycle Research Institute, anerkennt zwar dass der amerikanische Präsident mit seiner Politik und mit seinen Entscheidungen ein Umfeld schaffen oder zumindest prägen kann, in dem wirtschaftliches Wachstum eher begünstigt oder eher behindert wird. „Viel mehr kann er aber nicht machen als nachher die Schuld auf sich zu nehmen oder die Lorbeeren zu ernten.“

Es sei gar keine Frage, dass Glück ein wichtiger Faktor sei, gibt sogar Jason Furman zu, der als wirtschaftspolitischer Berater Barack Obama zur Seite steht. Im Wahlkampf wird man sich mit solchen Aussagen wohl zurückhalten. Doch Insidern ist längst klar, dass der Präsident die wirtschaftliche Lage höchstens minimal beeinflussen kann.

So wollen Experten dem höchst erfolgreichen Bill Clinton nicht alles zuschreiben was der gerne als seinen Verdienst ausgeben würde. Die 23 Millionen neuen Arbeitsplätze, die die US-Konjunktur während seiner Amtszeit geschaffen habe, seien weniger der Regierung zu verdanken, sondern den bahnbrechenden Entwicklungen im Hightech-Sektor, die zu steilem Wachstum geführt hätte.

Auf der anderen Seite dürften Bush´s Entscheidungen nur eine Teilschuld am aktuellen Dilemma tragen. Diese aber wohl; dass Bush weder Öl- noch Automobilkonzerne in Zeiten steigender Preise mit neuen Regulierungen forderte, hat die aktuelle Energiekrise beschleunigt, und dass er Versicherern, Brokern und Banken freie Hand ließ, hat das Chaos an der Wall Street ebenso wie die Kredit- und Immobilienkrise begünstigt.

Je tiefer die Krise, desto besser die Aussichten für die aktuellen Kandidaten. Beide Lager versprechen, dass ihr Mann die strauchelnde amerikanische Wirtschaft am schnellsten auffangen und am nachaltigsten stabilisieren kann. Der Wähler kann sich nun aussuchen wem er glaubt, während Volkswirt Lakshman Achuthan seine eigene Ansicht zu einer erfolgreichen Politik hat. Die bestehe „zu 50 Prozent aus Glück, und zu 50 Prozent aus einer Politik, die keinen allzu großen Schaden anrichtet.“
© Inside Wall Street
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