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Alt 04-11-2008, 17:26   #902
Starlight
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Keine Angst vor Präsident Obama
Dienstag, 4. November 2008

Die Wall Street ist am Wahltag euphorisch und göönt sich eine Rallye. Die Blue Chips legen zeitweise um satte 300 Punkte zu, und das zeigt zweierlei: Einerseits freut man sich, den aggressiven Wahlkampf hinter sich zu aben, und andererseits hat die Wirtschafts- und Finanzwelt keine Angst vor Präsident Obama.

Im Gegenteil: Immer mehr Experten auf dem Parkett, in den Banken und Finanzmedien haben in den letzten Wochen erkannt, dass ein Wahlsieg für den demokratischen Kandidaten kein Risiko für die Wall Street darstellt. So revolutionär ist diese Erkenntnis freilich nicht, denn in den vergangenen Jahrzehnten ist man im New Yorker Finanzviertel auch in demokratischen Zeiten recht gut gefahren.

Besser sogar als unter republikanischer Führung, wie einige Statistiken zeigen: Seit den Fünfzigerjahren sind etwa das Bruttoinlandsprodukt und das Pro-Kopf-Einkommen der Amerikaner unter demokratischen Präsidenten stets stärker gestiegen als unter republikanischen. Und an der Wall Street ging es im ersten Jahr nach einer Wahl meist aufwärts. Um durchschnittlich 4 Prozent nach einem Sieg der Republikaner, um 6 Prozent nach einem Sieg der Demokraten… und um 14 Prozent, wenn die Demokraten die Republikaner im Weißen Haus ablösten.

Den Unternehmen, die der Wall Street am nächsten stehen – den Banken und Investmenthäusern – ist zudem klar geworden, dass ein wenig Regulierung in den letzten Jahren nicht geschadet hätte. Und sie wissen, dass sowohl Barack Obama als auch John McCain für das 700 Milliarden Dollar schwere Rettungspaket gestimmt haben, das der Branche wieder auf den Damm helfen soll.

Auch die übrigen Branchen müssen sich vor einem Präsidenten Obama nicht unbedingt fürchten. Die Öl-Industrie kann sich zwar darauf gefasst machen, in den nächsten Jahren keine milliardenschweren Steuervergünstigungen mehr zu kassieren und stattdessen möglicherweie eine Steuer auf außergewöhnliche hohe Profite zahlen zu müssen. Doch vielleicht schaffen sie unter entsprechenden Bedingungen eher die Wende zur Entwicklung effizienterer Kraftstoffe und damit in Richtung Zukunft.

Ähnliche Gedanken wird man in der Automobilindustrie haben. Vor allem die zigtausend Arbeiter, die in den letzten Monaten ihre Jobs verloren haben, dürften sich fragen, ob eine frühzeitige Förderung neuer Technologien nicht einigen Schaden verhindert hätte. Und sie werden mitbekommen, dass Obama mit seinen geplanten Investitionen in dieser Richtung hunderttausende neue Arbeitsplätze schaffen könnte – vor allem in Ohio und Michigan, den beiden am sclimmsten gebeutelten Staaten.

Andere Branchen werden es unter Präsident Obama zwar schwerer haben als in den Bush-Jahren. Darunter etwa die Pharma-Industrie, deren Lobbyisten in den letzten Jahren freie Hand hatten. Doch hat auch John McCain im Wahlkampf versprochen, mit harter Hand gegen die Abzocke in der Arzneimittelindustrie vorzugehen.

Alle Branchen haben in den letzten Monaten heftig über die beiden Präsidentschaftskandidaten gestritten, und die meisten – abgesehen von Rüstung – haben keine Probleme, wenn Barack Obama ins Weiße Haus einzieht. Viel unklarer als dessen Politik ist wohlgemerkt, ob er all seine Ideen und Initiativen in der aktuellen Finanzkrise überhaupt umsetzen kann. Diese Frage allerdings müsste man auch bei seinem republikanischen Konterpart stellen.
© Inside Wall Street
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