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Alt 20-11-2008, 18:13   #912
Starlight
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Demokratie auf dem Schwarzmarkt
Mittwoch, 19. November 2008

Während die Aktien an der Wall Street immer billiger werden, ist die Rallye bei einem einzigen Papier nicht aufzuhalten: Karten für die offizielle Amtseinführung von Präsident Barack Obama werden im Internet für mehr als 40 000 Dollar gehandelt. Politiker sind entsetzt, den eigentlich gibt es die Tickets kostenlos über die zuständigen Senatoren.

Die erleben in diesen Tagen wohlgemerkt einen noch nie gesehenen Ansturm. Im Büro des New Yorker Senators Chuck Schumer etwa, dessen Schäfchen im Vorwahlkampf noch Hillary Clinton unterstützten, dann aber letztlich mit 62 zu 37 Prozent für Obama gestimmt haben, kümmern sich vier Mitarbeiterinnen vollzeit um die Kartenvergabe. Er habe allerdings so viele Anfragen erhalten, so Schumer, dass es nur einen gerechten Weg der Verteilung gebe: eine Lotterie.

Wer sich auf pures Glück nicht verlassen will, wendet sich vorab an kommerzielle Tickethändler. Diese, die sonst Karten für Rock-Konzerte, Broadway-Shows und den SuperBowl verkaufen, machen mit dem “hottest ticket in town” ein Millionengeschäft – das natürlich nicht dem eigentlichen Sinn der Feier als Höhepunkt des demokratischen Prozesses entspricht.

Entsprechend sind die Veranstalter sauer. Diane Feinstein, die demokratische Senatorin aus Kalifornien, die dem Kommittee für dieVeranstaltungen um die Vereidigung des neuen Präsidenten vorsteht, hat bereits eine Reihe von Ticket-Händlern abgemahnt. Der allergrößte hat sich bereits kooperativ gezeigt: Das Internet-Auktionshaus Ebay hat alle Angebote rund um die “Inauguration” von der Website entfernt.

Die Politiker bekämpfen mit ihrem Einsatz wohlgemerkt nicht nur alle diejenigen, die mit dem historischen Ereignis in Washington gutes Geld machen wollen. Sie treten auch aktiv als Verbraucherschützer auf. Denn selbst wer einen fünfstelligen Betrag überweist, um vor der Westseite des Capitols mitzuerleben, wie der erste schwarze Präsident Amerikas sein Amt aufnimmt, hat keine Garantie, letztlich nicht doch vor einem Hotelfernseher zu enden.
Denn die Ticket-Händler haben keine garantierten Tickets. Die insgesamt 250 000 Karten, die das Veranstaltungskommittee drucken lassen hat, lagern zur Zeit noch an einem geheimen Ort. Ausgegeben werden sie erst in den Tagen vor der Veredigung, und zwar nur – wie vorgesehen – an die Abgeordneten, die sie dann nach ihrem Ermessen weiterleiten.

Die Abgeordneten selbst werden sich wohl kaum auf schmutzige Geschäfte auf dem Schwarzmarkt einlassen. Doch verlassen sich die Händler auf Mitarbeiter in den Abgeordneten-Büros und auf Insider, die über ihre guten Kontakte zu Senatoren Karten bekommen, sie aber gar nicht selbst brauchen. Die sollen aufgekauft und mit einem entsprechenden Aufpreis weitergegeben werden. Doch die hohe Nachfrage last jetzt schon absehen, dass viele Händler ihre Kontingente nicht decken können und entsprechende Rückerstattungen zahlen müssen.

Amerikaner die am 20. Januar gerne dabei wären, wenn in Washington Geschichte gemacht wird, können sich auf die Inauguration Parade freuen, die Barack Obama, seine First Family sowie Joe Biden und Familie in Richtung Weißes Haus bringen wird. Sie wird auf der Pennsylvania Avenue stattfinden und gar nichts kosten. Nicht-Amerikaner werden es schwer haben, bei dem hohen Karteninteresse aus der Wählerschaft Eintritt zu Erlangen. Wer dennoch auf dem laufenden sein will, kann sich unter http://inaugural.senate.gov/ informieren, der Website des Amtseinführungs-Kommittees.
© Inside Wall Street
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