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Alt 25-11-2008, 17:36   #914
Starlight
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Dicke Luft in Hollywood
Montag, 24. November 2008

Inmitten einer Finanzkrise und Rezession bangen Millionen von Amerikanern um ihren Job. Die Banker zittern, wenn sie nicht schon ihre Schreibtische geräumt haben, bei den Auto-Riesen drohen Massenentlassungen, überall wird gekürzt. Nur in Hollywood ist die Lage anders: Da wollen die Schauspieler für höhere Löhne streiken.

Die Screen Actors Guild (SAG), die mehr als 120 000 Schauspieler in den ganzen USA repräsentiert, bittet ihre Mitglieder, einen Streik als Druckmittel im Kampf für höhere Honorare zu erlauben. Am Wochenende sind die Verhandlungen der SAG mit der Alliance of Motion Picture and Television Producers gescheitert, die 350 Produktionsfirmen vertritt. Damit sind die Schauspieler die ersten, die sich in der jüngsten Verhandlungsrunde nicht einigen konnten; in den vergangenen Monaten haben andere Film- und Fernseh-Branchen ihre Tarifverträge verabschiedet.

Das Verständnis der Amerikaner für einen Streik in Hollywood ist erwartungsgemäß gering. Kommentare im Internet reichen von einfachen Beschimpfungen gegen die „geldgierigen Primadonnen“ bis hin zu zynischen Anmerkungen. „Lasst sie doch streiken“, meint ein Blogger. „Dann müssen wir wenigstens den Mist nicht mehr sehen, der in Hollywood produziert wird.“

Viele Blogger kennen allerdings die Hintergründe der SAG-Verhandlungen nicht. Der Schauspieler-Gewerkschaft geht es nämlich nicht um die Honorare für Superstars; dass Leonardo Di Caprio und Merrill Streep genug verdienen, stellt niemand in Frage.

Vielmehr geht es um die Forderungen von zig tausenden unbekannter Schauspieler, die in Filmen und Fernsehserien als Statisten auftreten, die in einzelnen Szenen im Hintergrund zu sehen sind, oder die hin und wieder einen Werbespot zur Ausstrahlung im Fernsehen oder Internet filmen. Die werden für ihre Arbeit nämlich alles andere als fürstlich entlohnt.

Ein Statist bekommt bei Aufnahmen für Kinofilme knappe 130 Dollar pro Drehtag, für eine kleine Sprechrolle sind es 140 Dollar. Die oft namenlosen Hauptdarsteller in Werbespots bekommen rund 500 Dollar pro Tag. Sämtliche Zahlen lassen sich allerdings nicht, wie etwa in anderen Branchen, beliebig auf ein Monats-Salär multiplizieren, denn Schauspieler arbeiten projektbezogen und sind zwischen ihren Auftritten immer wieder mal arbeitslos. Wer es auf hundert Drehtage schafft, gehört in New York oder Los Angeles schon zu den Vielbeschäftigten.

Insofern sind höhere Honorare für die Schauspieler keine völlig unerhörte Forderung. Dass sie in einer Zeit kommt, in der andere Branchen allerdings von Gehaltserhöhungen nicht einmal zu träumen wagen, macht eine schnelle Einigung unwahrscheinlich.
© Inside Wall Street
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