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Alt 18-02-2003, 09:01   #2
cade
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Allgemeine Aussprache

Als erster Redner meldete sich Herr Axel Zühlke, Vertreter der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK), zu Wort und begrüßte die zeitige Terminierung der Hauptversammlung als eine positive und Vertrauen bildende Maßnahme gegenüber den Aktionären. Mit Blick zurück führte der SdK-Vertreter aus, dass die Geduld und das Vertrauen der Anteilseigner in den vergangenen Monaten und Jahren auf eine harte Geduldsprobe gestellt wurden und dass der Aktienkurs auch noch nach der Umbenennung und der Ankündigung der Neuausrichtung vor gut eineinhalb Jahren weiter massiv gesunken ist. Wenig erfreut zeigte sich Herr Zühlke über das Verfehlen der Umsatzprognosen und vor allem über den nahezu verdoppelten Fehlbetrag.

Auf die Frage, ob die bei der a.i.s zu verzeichnenden Effekte eine branchenweite Verbreitung besitzen, erklärte der Vorstandsvorsitzende, dass die Entsorgungsbranche insgesamt die Abkühlung der Konjunktur zu spüren bekommt. Problematisch wirken sich nach den Worten von Herrn Martin neben dem reinen Mengenrückgang die daraus entstehenden Überkapazitäten im Markt aus, die neben einem Sinken der zu entsorgenden Abfallmengen auch einen Rückgang der am Markt zu erzielenden Preise erzeugen. Entgegen diesem Trend haben sich die Entsorgungspreise bei den Finalanlagen in den vergangenen Monaten nicht rückläufig, sondern teilweise ansteigend entwickelt, so dass man neben den Mengenrückgängen zusätzlich mit höheren Gebühren bei den Finalanlagen zu kämpfen hatte.

Im Hinblick auf die künftige Strategie erkundigte sich Herr Zühlke, inwieweit die jetzt eingeschlagene Richtung langfristig Erfolg versprechend ist. Nach Aussage des Vorstands ist eine Antwort auf diese Frage nicht einfach, im derzeitigen Umfeld stelle der nun eingeschlagene Weg die einzig aussichtsreiche Variante dar. Die Konzentration auf Erfolg versprechende Nischen lohnt sich nach Angabe der Verwaltung auch in Segmenten mit unter 1 Mio. EUR Umsatzvolumen, da dort zum Teil sehr attraktive Umsatzrenditen erwirtschaftet werden können.

Im Zusammenhang mit der Abhängigkeit von Finalanlagen bei der Entsorgung bestimmter Abfallarten wollte Herr Zühlke wissen, inwieweit man sich durch Kontrakte mit einzelnen Anlagenbetreibern gegen allzu stark steigende Gebühren absichern kann und ob es nicht sinnvoll wäre, mit den Betreibern derartiger Anlagen Kooperationen einzugehen. Dr. Strauß antwortete hierauf, dass man auch bei Umsetzung der neuen Strategie nicht völlig unabhängig von Finalanlagen zur Entsorgung bestimmter Abfallfraktionen werden wird.

Grundsätzlich kann bei den Betreibern von so genannten Finalanlagen zwischen drei großen Gruppen unterschieden werden. Die erste Gruppe befindet sich in öffentlicher Hand, die zweite gehört zu den großen Entsorgungsunternehmen wie z.B. RWE oder anderen, und die dritte besteht aus unabhängigen Betreibern. Mit verschiedenen Partnern aus der letztgenannten Gruppe bestehen nach Vorstandsangabe Mengenkontrakte, die bei bestimmten Anlieferungsvolumina auch Rabatte gewähren. Eine vom SdK-Vertreter in den Raum gestellte mögliche Beteiligung an einem solchen Betreiber kommt nach Einschätzung des Vorstands gegenwärtig nicht in Frage.

Ein weiterer wichtiger Themenkomplex in der allgemeinen Aussprache, der sowohl vom SdK-Sprecher wie auch dem Vertreter der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) angesprochen wurde, sind die Schadensersatzansprüche gegenüber früheren Organen und Wirtschaftsprüfern. Auf Nachfrage hierzu führte Vorstand Martin aus, dass man bei der Verfolgung der Schadensersatzansprüche gegenüber dem früheren Wirtschaftsprüfer relativ weit vorangeschritten ist und dass ein Prozess bereits läuft. Angesichts der noch ausstehenden Entscheidung im Hauptsacheverfahren, dem Prozess gegen die Gebrüder Löbbert, ruht der Prozess gegen den früheren Wirtschaftsprüfer derzeit.

Laut zuständiger Staatsanwaltschaft wird ein Urteil im Verfahren gegen die Gebrüder Löbbert möglicherweise erst in einigen Jahren gefällt werden. Vor dem Hintergrund der geltend gemachten eigenen Ansprüche wird sich die a.i.s AG bemühen, eine Beschleunigung dieses Verfahrens zu erreichen. Im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme ehemaliger Vorstandsmitglieder rechnet die zuständige Staatsanwaltschaft mit einer Verfahrenseröffnung im laufenden Kalenderjahr.

In Anlehnung an die Corporate Gouvernance-Grundsätze, denen sich die a.i.s AG ebenfalls verpflichtet fühlt, regte Herr Zühlke an, künftig die Bezüge der Vorstandsmitglieder einzeln aufzugliedern. Der Vorstandsvorsitzende führte hierzu aus, dass die Vorstandsmitglieder angesichts der Ergebnissituation der Gesellschaft auf die Tantieme für das abgelaufene Geschäftsjahr verzichtet haben und dass der im Geschäftsbericht ausgewiesene Betrag die fixen Bezüge widerspiegelt. Eine genaue Aufschlüsselung nach Personen sowie fixen und variablen Vergütungsbestandteilen wolle man für die Zukunft prüfen, so der Vorstandsvorsitzende weiter.

Herr Hechtfischer, Geschäftsführer der DSW, beschäftigte sich in seinem Redebeitrag schwerpunktmäßig mit dem zu schließenden Vergleich mit dem ehemaligen Aufsichtsratsmitglied Prof. Dr. Brun-Hagen Hennerkes sowie dessen Anwaltskanzlei. Im Zusammenhang mit der seinerzeit abgegebenen Patronatserklärung der Gesellschaft gegenüber ihrer damaligen Tochtergesellschaft erkundigte sich Herr Hechtfischer nach dem der a.i.s AG tatsächlich entstandenen Schaden.

Vorstandschef Martin erklärte hierzu, dass sich der Schaden aus der Differenz des an die Sparkasse gezahlten Betrags zur Erfüllung der Verpflichtung aus der Patronatserklärung abzüglich des Wertes des sicherungsübereigneten Grundstückes errechne und sich demnach auf etwa 3 Mio. DM belaufe.

Bezüglich der bereits vorgenommenen Veräußerungen sowie der noch geplanten Beteiligungsverkäufe erkundigte sich der DSW-Vertreter nach näheren Einzelheiten hinsichtlich der Erwerber sowie der erzielten Verkaufserlöse. Der Vorstand antwortete in diesem Zusammenhang, dass der Verkauf der Sparte medizinische Abfälle im Rahmen eines Asset Deals erfolgte. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart; aus dem Verkauf resultiere für die a.i.s AG ein Zufluss in Höhe von mehr als der Hälfte ihrer derzeitigen Marktkapitalisierung.

Bestätigen konnte der Vorstand derzeit laufende Bemühungen zum Verkauf der Bereiche Speise- und Inkontinenzabfälle. Befragt nach dem aktuellen Stand bei der Recyclinganlage für Windeln erklärte der Vorstandschef, dass sich diese momentan wirtschaftlich nicht sinnvoll betreiben lässt und daher zum Verkauf steht. Im gegenwärtig schlechten Umfeld ist allerdings in einem überschaubaren Zeitraum wohl kaum mit einem Käufer zu rechnen.

Im Zusammenhang mit dem Verkauf der Rumpold-Anteile an die NORDAG AG und dem ausstehenden Teilbetrag von 1,7 Mio. EUR erkundigte sich Herr Hechtfischer nach dem vereinbarten Rückzahlungstermin. Diesbezüglich erklärte Herr Martin, dass man mit der NORDAG eine Ratenzahlung zuzüglich Verzinsung vereinbart hat und dass diese auch erfolgt.

Ferner erkundigte sich der DSW-Vertreter nach den Auswirkungen der behördlich verfügten Stilllegung der von der a.i.s bewirtschafteten Bauschuttdeponie. Nach Vorstandsangabe erfolgte die behördliche Stillegung nach der Insolvenz des Deponiebesitzers, für den die a.i.s AG die Bewirtschaftung übernommen hat. In der Bilanz wurden bereits in der Vergangenheit die erforderlichen Rückstellungen gebildet.

Gegenwärtig geht die Verwaltung davon aus, dass die Deponie endgültig stillgelegt wird. In Gesprächen mit den zuständigen Behörden bemühe man sich, ein Konzept zu entwickeln, um eine Inanspruchnahme aus der Bürgschaft zu minimieren oder im günstigsten Fall ganz zu vermeiden. Den Verlauf der Gespräche bezeichnete Herr Martin als langwierig, aber zielführend.

Im Hinblick auf die aktuelle Marktkapitalisierung der a.i.s-Aktie von rund 2 Mio. EUR stellte Herr Hechtfischer die Frage, wo der Vorstand die faire Bewertung der Gesellschaft sieht und wann die Aktionäre wieder mit einer Dividende rechnen können. In seiner Antwort führte Herr Martin hierzu aus, dass bereits mehr als die Hälfte der gegenwärtigen Marktbewertung durch den Zufluss aus dem Verkauf der Sparte medizinische Abfälle unterlegt ist. Sehr belastend für den Kurs habe sich im vergangenen Jahr die Falschmeldung eines Börsenmagazins ausgewirkt, in der fälschlicherweise von einer Insolvenz der Gesellschaft die Rede gewesen ist. Hinsichtlich der Dividende antwortete der Vorstand, dass in den kommenden zwei Jahren nicht mit einer Dividendenzahlung zu rechnen ist.

Die von Herrn Zühlke im weiteren Verlauf der Debatte erfragten Investitionen in die neue Recyclinganlage für Schleifschlämme bezifferte Vorstand Dr. Strauß anlagenseitig auf etwa 2 Mio. EUR. Hinzu kommen die Kosten für den Standort, die jedoch durch Nutzung vorhandener Bausubstanz sowie durch die Inanspruchnahme von Fördermitteln so niedrig wie irgend möglich gehalten werden sollen. Dr. Strauß zeigte sich hinsichtlich des wirtschaftlichen Erfolgs dieser Investition sehr zuversichtlich, da erhebliche Nachfrage im Markt nach Kapazitäten besteht, die von der vorhandenen Anlage nicht mehr bereit gestellt werden können, da diese vollständig ausgelastet ist.

Als dritter und letzter Redner meldete sich Herr Zukunft zu Wort und erkundigte sich nach den bislang entstandenen Kosten für Rechtsberatung im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Forderungen gegenüber ehemaligen Organen und Wirtschaftsprüfern. Der Vorstand bezifferte diese auf rund 125 TEUR, die ebenfalls erfragten Kosten für die Jahresabschlussprüfung wurden für die AG mit 20 TEUR und mit 60 TEUR für den Teilkonzern angegeben.
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