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Alt 28-02-2003, 17:49   #80
arpad
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Für die 09. Kalenderwoche 2003

Sehr geehrte Damen und Herren,
der deutsche Kapitalmarkt steht unter Dauerbeschuß! Es ist schon außergewöhnlich, wie negativ der Kapitalmarkt momentan die Situation in Deutschland sieht. Die umfassenden Herabstufungen der Ratingagenturen tragen ihren Teil dazu bei und beschleunigen die Korrektur noch. Ich werde im kommenden Anleihen-Compass 03/03, der am Dienstag, dem 4. März, erscheinen wird, den Schwerpunkt auf die Situation in Deutschland im speziellen und Europa im allgemeinen setzen und Ihnen eine Möglichkeit vorstellen, von der aktuellen Situation langfristig zu profitieren. Denn Chancen gibt es nach wie vor sehr viele. Der Knackpunkt liegt darin, die Risiken und somit in der Folge auch den Gewinn zu optimieren. Wie aktuell auch in den amerikanischen Staaten:

Latein- und Südamerika bleibt ein Minenfeld, das Sie bitte mit Respekt, aber auch mit einer gehörigen Portion Opportunismus betrachten. Von Entwarnung kann keine Rede sein, was Sie natürlich nicht davon abhalten soll, gezielt Chancen wahrzunehmen. Wie aktuell immer noch in Brasilien, denn:

Der Kapitalmarkt ist weiterhin optimistisch in Bezug auf Brasilien. Konkret konzentrieren sich die Hoffnungen darauf, daß die Regierung die Ausgaben senken und die Inflation in den Griff bekommen wird. Ob sich diese, sehr langfristigen, Ziele letztlich wirklich umsetzen lassen, steht selbstverständlich auf einem ganz anderen Blatt. Entscheidend für die Anleihenkurse, und damit für Sie, ist lediglich, ob die Investoren weiter kaufen und somit die Renditen sinken bzw. die Kurse steigen lassen.

Ich hatte Sie Mitte Dezember auf die nun laufende Strohfeuer-Rally vorbereitet und Ihnen empfohlen, für eine kurzfristige, wenige Monate andauernde Spekulation in Brasilien einzusteigen. Der bisherige Erfolg kann sich sehen lassen: Die Euro-Anleihe (WKN 352445 / ISIN XS0102005989) hat innerhalb der letzten 70 Tage eine Performance von 10,70% und eine theoretische Jahresrendite von 55,01% erreicht. Der bekannte C Bond (WKN 414037 / ISIN XS0049993479) erzielte im gleichen Zeitraum eine Performance von 15,01% und eine theoretische Jahresrendite von 77,19%. Ich empfehle beide Anleihen weiterhin zum Kauf, weise aber darauf hin, daß ich meine Gewinne sofort vom Tisch nehmen werde, wenn die positive Stimmung am Kapitalmarkt kippt, da die unterliegenden fundamentalen Daten die Rally keinesfalls rechtfertigen.

Zu der jüngsten Mexiko-Emission kann ich nur sagen:

Oh mein Gott - Mexiko hat es getan! Als erste Regierung in Lateinamerika hat Mexiko eine Anleihe (WKN US91086QAL23) mit einem nominalen Volumen von 1 Mrd. Dollar mit einer sogenannten "Default Clause" emittiert. Ausgerechnet Mexiko, die im vergangenen Oktober noch vehement gegen eine Insolvenzklausel argumentiert hatten! Diese Anleihe ist eine Bärenfalle für alle Gläubiger, falls Mexiko in Zukunft einen Ausfall erleben sollte, denn es nimmt im Zweifel dem einzelnen Gläubiger das Recht aus der Hand, auf Erfüllung des Vertrages zu pochen und damit notwendigen Druck auszuüben, um den Schuldner gefügig zu machen. Statt dessen reicht es in diesem Fall, daß 75% des nominalen Volumens sich einig sind. Die Klausel degradiert den einzelnen Gläubiger damit auf ein vergleichbares Niveau, das Kleinaktionäre regelmäßig auf Hauptversammlungen erleben müssen - ihre Stimme zählt nichts und sie sitzen immer am kürzeren Hebel.

Die Reihe von Herabstufungen geht in Südamerika übrigens derweil munter weiter:

Standard & Poor's hat das Rating von Bolivien auf "B" herabgestuft. Aufgrund der unsicheren politischen Situation stellt die Ratingagentur die geplanten Verbesserungen des Haushalts in Frage und sieht einen Anstieg des Risikos, daß die 6,1 Mrd. Dollar Schulden des Landes ausfallen könnten. Präsident Gonzalo Sanchez de Lozada hatte am 18. Februar sein komplettes Kabinett entlassen, nachdem die Bevölkerung mit Unruhen auf die jüngsten Regierungspläne reagierte, die Steuern anzuheben und die Sozialausgaben zu senken. Konkret senkte S&P die Bonität für langfristige ausländische Schulden von "B+" auf "B". Damit liegt Bolivien eine Stufe unter Brasilien, Belize und Jamaika, aber auf einer Stufe mit Pakistan.

Auf einen Hinweis aus ihren Reihen gehe ich gerne ein:

Die russische Gazprom ist dabei, Kapitalmarktgeschichte zu schreiben. Mit der jüngsten Emission von 1,75 Mrd. Dollar hat der weltweit größte Erdgasproduzent- und versorger die größte russische Unternehmensanleihe an den Markt gebracht. Gleichzeitig erhöhte sich damit das nominal ausstehende Volumen bei Gazprom von 1,45 Mrd.
US-Dollar um 121% auf 3,2 Mrd. US-Dollar. Der Schritt war aus Sicht des Unternehmens notwendig geworden, um die Produktions- und Distributionskapazitäten auszubauen, die den wieder steigenden Bedarf aus Westeuropa in Zukunft decken sollen. Ich bin normalerweise nicht geneigt, russische Unternehmen zu empfehlen, da der Anlegerschutz, also die Sicherheit, ob die Bilanzen korrekt sind und nicht betrogen wurde, in Rußland ausgesprochen klein geschrieben wird.

Gazprom ist sicherlich eine Ausnahme und eine Spekulation wert. Da die russische Regierung das Unternehmen kontrolliert, Gazprom zudem über sehr lukrative Monopole und Ressourcen verfügt, ist die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls sehr gering, wenngleich nicht unmöglich. Wer bereit ist, mit diesem Risiko zu arbeiten, für den ist die jüngste Anleihe (WKN 208708 / ISIN XS0164067836) in jedem Fall interessant. Zu der Ausstattung: Die Fälligkeit ist zum 1. März 2013. Der feste Kupon liegt bei 9,625%. Der Nennwert ist erhöht und liegt bei 10.000 Dollar, zielt also auf institutionelle Investoren ab. Das Rating ist "B+", also ein risikoreicher Junk-Bond. Auf Grundlage des aktuellen Briefkurses von 102,89% ergibt sich eine effektive Rendite bis Endfälligkeit von 9,18% bzw. eine aktuelle Rendite von 9,36%. Gehandelt wird über Partner wie die ING Bank, selbstverständlich die hauseigene Gazprombank, Troika Dialog, die Bank Austria, die RZB Austria und die Dexia Group.

Als Alternative können Sie auch auf die Gazprom Anleihe bis 2009 ausweichen. Die Ausstattung der Anleihe (WKN 980022 / ISIN XS0156366378) ist wie folgt: Die Fälligkeit ist zum 21. Oktober 2009. Der feste Kupon liegt bei 10,5%. Der Nennwert beträgt 1.000 Dollar. Das Rating ist ebenfalls "B+" und somit ein risikoreicher Junk-Bond. Der Briefkurs liegt aktuell bei 112,15%, woraus sich eine effektive Rendite bis Endfälligkeit von 8,09% bzw. eine aktuelle Rendite von 9,36% ergibt. Gehandelt wird über die deutschen Börsenplätze und über Partner wie die ING Bank, die Caboto Gruppo Intesa, die Commerzbank London, die Gazprombank, Troika Dialog, die Bank Austria, die RZB Austria und die Bank of America London.

Beide Anleihen müssen verkauft werden, falls die US-Notenbank beginnen sollte, die Zinsen zu erhöhen! Aufgrund der großen Duration eignen sich die Gazprom Anleihen daher ausschließlich als kurz- bis mittelfristiges, aber nicht als langfristiges Engagement.


quelle:FM Research
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arpad
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