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Alt 08-04-2003, 11:07   #135
Stefano
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hola,

Von Mutmachern und Zurückruderern
Während Markus Beierle Tore schießt, scheint bei Eintracht-Trainer Willi Reimann die Zuversicht langsam zu schwinden


Es hat eine ganze Menge Leute in Frankfurt gegeben, die haben die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, als sie hörten, dass ihr Lieblingsclub Eintracht Markus Beierle als Ersatz für den nach Freiburg abgewanderten Rolf-Christel Guie-Mien verpflichtet hat. Ausgerechnet den! Man hatte nicht so eine hohe Meinung über den 30 Jahre alten Stürmer, der von Hansa Rostock kam, immerhin Bundesligist, und dort von Trainer Armin Veh für nicht mehr gut genug befunden wurde. "Der hat von meiner Spielweise nichts gehalten", sagt Markus Beierle.

Er selbst hat noch ziemlich viel von sich gehalten, jedenfalls mehr, als nur seinen Vertrag abzusitzen, sogar an der Ostsee. Und vorzuweisen hatte der gebürtige Heilbronner allemal was: Strafraumspieler, ballsicher, mannschaftsdienlich, 103 Bundesligaeinsätze, unter anderem für 1860 München, MSV Duisburg, VfB Stuttgart, 28 Tore geschossen, selbst im Uefa-Cup gegen den AC Parma hatte er für die "Löwen" getroffen. All das liest sich nicht schlecht, und doch war der Ruf, der Markus Beierle vorauseilte, nicht der allerbeste.

Inzwischen sind die Kritiker verstummt. Vier Tore in neun Spiele ist keine ganz schlechte Ausbeute, "ich bin recht zufrieden", zumal seine Tore gegen Köln, KSC und jetzt in Ahlen den Frankfurtern vier Punkte brachten. Vor allem spürt Beierle, der inzwischen mit Freundin und Tochter in Bad Vilbel heimisch geworden ist, in Frankfurt just die Rückendeckung, die ihm in Rostock verwehrt wurde. Bei der Eintracht, habe ihm Trainer Willi Reimann gesagt, habe "so ein Spielertyp wie ich gefehlt". Einer, der dort hingeht, wo es schmerzt, der in der Spitze Bälle halten kann und verteilen, einer, der Freistöße herausholt und auch sonst viel tut für die Mannschaft. All das tut Teamplayer Beierle. Dass er nicht unbedingt der Spieler ist, mit dem eine Mannschaft auf Konter spielt, ist ebenfalls bekannt, "meine Stärken liegen im Strafraum." Insofern ergänzt sich Beierle gut mit Jermaine Jones, der deutlich dynamischer agiert, die langen Wege geht, im Sechzehner aber weniger gefährlich ist.

Viele erinnert Markus Beierle auch an den ehemaligen Frankfurter Stürmer Thomas Epp, der ebenfalls nicht sonderlich schnell, mit seiner Lauf- und Einsatzstärke aber ungemein wichtig für die Elf war. Mit Epp übrigens ist Eintracht Frankfurt 1998 in die Erste Bundesliga aufgestiegen. Ein Ziel, das Markus Beierle keinesfalls aus den Augen verloren hat. Selbst nach dem enttäuschenden 1:1 (0:0)-Remis gegen schwache Ahlener sieht der Neuzugang "genug Potenzial" in der Mannschaft, den Aufstieg zu schaffen. "Die Perspektiven in Frankfurt sind nicht schlecht, denn wir haben alles noch selbst in der Hand ."

Und trotzdem klingen die Stimmen nach dem dritten sieglosen Spiel hintereinander nicht mehr ganz so zuversichtlich. Es ist jetzt gerade vier Wochen her, da war Willi Reimann mit zum Siegerzeichen gespreizten Fingern durchs Duisburger Wedaustadion gelaufen. Da war die schwarz-rote Welt noch in Ordnung. Inzwischen rudert selbst der zwischenzeitlich so optimistische Trainer deutlich zurück. Er erinnert wieder an die Ausgangssituation, erinnert an das Ziel vom Sommer, nicht abzusteigen, er verweist auf die dünne Personaldecke, auf die Ausfälle von David Montero oder Pawel Kryszalowicz, den Abgang von Guie-Mien. Das sollen zwar "keine Ausflüchte sein", nur Fakten, aber vor vier Wochen, da die Situation ähnlich war, hat er sich diese Hinweise verkniffen.

Nun hört man deutlich heraus, dass Reimann auch bei Platz vier von einer erfolgreichen Saison sprechen würde, "die Mannschaft spielt eine klasse Saison". Man solle doch bitte schön "die Kirche im Dorf lassen. Und Eintracht Frankfurt als Bayern München der zweiten Liga zu bezeichnen, ist längst Schnee von gestern", sagt Reimann. Womöglich spürt er, dass dem Team ausgerechnet auf der Zielgerade die Kräfte schwinden, ohnehin "spielen wir am oberen Limit", und dass überzogene Erwartungen der Öffentlichkeit die Elf belasten, "damit tut man ihr keinen Gefallen."

Das Problem ist nur: Kann man der Frankfurter Öffentlichkeit einen (möglichen) vierten Platz als Erfolg verkaufen? Nachdem die Saison bislang derart überragend verlaufen ist und Eintracht Frankfurt nie schlechter dastand als Rang fünf? "Meine Arbeit ist jetzt schwieriger geworden", findet Reimann. Er muss die letzten Reserven seiner anfälligen Recken mobilisieren, zugleich aber darauf achten, den Druck nicht zu groß werden zu lassen. Vom "Stress Aufstieg" hat er am Sonntag gesprochen und auch davon, dass die Eintracht nicht in der Lage sei, "Siege im Spaziergang" einzufahren. Das alles klingt ein bisschen nach: Vorbeugen für den Fall, dass es nichts wird mit dem Aufstieg.

Andererseits gibt es Hoffnung: Beierles vier Tore etwa können Mut machen. Vorgänger Rolf-Christel Guie-Mien hat in Freiburg bis gestern Abend kein einziges Mal getroffen.
q: e-hp
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Ciao Stefano

Ich wurde nicht gefragt...ob ich geboren werden wollte...
Ich werde nicht gefragt...ob ich sterben will...
also lasst mich LEBEN...wie ich es will...!
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