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Alt 13-08-2004, 15:40   #11
Goldfisch
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13.08.2004 14:57

Öl-Zertifikate gegen den Öl-Schock

Die Ölpreisspirale dreht sich beinahe täglich weiter. Auch private Verbraucher leiden unter den steigenden Energiekosten. Wem der Wucher an Zapfsäulen oder beim Heizöl-Kauf zu bunt wird, sollte über Strategien zur Absicherung nachdenken.


Die gebetsmühlenartigen Beteuerungen von Politikern und OPEC-Managern, der Ölpreis werde bald sinken, dürften ihre Wirkung verfehlen. Der Ölpreis, so glauben viele Experten, wird auch im weiteren Jahresverlauf und in den kommenden Jahren weiter steigen. Dafür spricht der rasant steigende Energiebedarf besonders in Asien, etwa in Indien und China.

Unsicherheiten bei den Öl-Förderländern
Aber auch die anhaltenden politischen Unsicherheiten in vielen Öl-Förderländern dürften die Ölnotierungen hochhalten. Beispiele dafür sind nicht nur der Irak oder der Iran, auch Saudi-Arabien mit seiner ständig steigenden Terrorbedrohung, Russland, wo gerade die Yukos-Krise schwelt oder Venezuela, das durch Unruhen um das derzeitige Regime erschüttert wird, gehören dazu.

Für Anleger die sich gegen weiter steigende Preise an Zapfsäulen, im Heizkeller oder auch bei Reisen schützen wollen, stellt der Kapitalmarkt schon seit längerem Instrumente bereit. Wer etwa in den vergangenen Jahren in Aktien von Öl-Firmen investiert hat, kann sich sicher über eine gute Rendite im Vergleich zu den meisten anderen Branchen freuen.

Ölaktien keine direkte Absicherung
Doch die gute Kursentwicklung bei Shell- oder Exxon- Aktien kein direkter Ersatz für einen Schutz vor steigenden Preisen. Aktienanalysten gehen sogar davon aus, dass künftige Ölpreissteigerungen vom Markt bereits erwartet werden und deshalb in den Kursen der Firmen schon enthalten sind.

Eine Form der direkten Beteiligung an der Ölpreisentwicklung ist der Kauf eines Zertifikates, das sich am jeweiligen Ölweltmarktpreis orientiert. Steigt der Preis für einen Öl-Future der Nord-See-Sorte Brent etwa an, notieren auch diese Zertifikate entsprechend höher.

Produkt nach Strategie auswählen
Dabei bieten Investmentbanken wie ABN Amro, JP Morgan oder die französische Société Général ein ganzes Universum an Öl-Derivaten an. Je nach Anlage- oder Absicherungsstrategie kann der Investor passende Produkte auswählen.

Absicherung mit Endlos-Zertifikaten
Wer etwa eins zu eins an der Ölpreissteigerung teilnehmen will, ist mit Endlos-Zertifikaten gut bedient, die sich am jeweils aktuellen Öl-Future des Terminmarkts orientieren. Solche Papiere verfallen nicht wie die Future-Kontrakte alle drei Monate, sondern laufen durch ein vierteljährliches "roll-over" immer weiter. Der Nachteil der einfachen Öl-Scheine ist allerdings der relativ hohe Kapitaleinsatz. Will man etwa nur seine jährlichen Spritkosten "einfrieren", muss man quasi die selbe Summe die man pro Jahr für Benzin veranschlagt, in ein Zertifikat stecken. Steigt die Tankrechnung, dann wird der Öl-Schein in ähnlichem Maß an Wert gewinnen, fällt der Ölpreis und damit der Kurs des Zertifikates, dann wird dies durch niedrigere Tankkosten in etwa wieder aufgefangen.

Mit kleinem Geld großen Hebel ansetzen
Wer den Kapitaleinsatz also gering halten oder aber überproportional an weiteren Ölpreisnotierungen verdienen will, setzt besser den "Hebel" an. Bei einem Hebel- oder Turbozertifikat steigt der Kurs um das Mehrfache der Basispreis-Steigerung, also des Barrels Öl. Bei einem fünffachen Hebel fällt also die Kurssteigerung des Scheins fünf Mal so hoch aus, wie die des Öl-Kontrakts. Die Tragik dabei für Anleger: Der Hebeleffekt funktioniert auch in umgekehrter Richtung. Und: Die meisten dieser Papiere haben auch noch eine „Knock-out“-Schwelle. Fällt der Ölpreis unter diesen vom Emittenten gesetzten Wert, löst sich der Schein in Luft auf. Bis auf einen Restwert, erhält der Anleger dann nichts ausgezahlt. Der Handel mit riskanteren Hebel-Zertifikaten erfordert übrigens die Termingeschäftsfähigkeit, die bei der ausführenden Bank beantragt werden muss.

Discount als Risikopuffer
Eine Wette mit gedämpftem Risiko bieten sogenannte Discountzertifikate auf den Ölpreis, wie sie seit einiger Zeit ebenfalls erhältlich wird. Sie bieten innerhalb eines bestimmten Öl-Preiskorridors überproportionale Kurschancen. Erreicht der Ölpreis eine Obergrenze "Cap" steigt der Schein allerdings nicht weiter im Wert. Dafür bietet der Discount, also der Preisnachlass von einigen Prozent, beim Kauf des Scheins einen gewissen Puffer

Auch Absicherung kostet Geld
Zwei Faktoren sollte der Anleger aber auch beim Zertifikate-Erwerb nicht aus den Augen lassen: Zum einen die Kosten, die der Emittent dafür in Rechnung stellt, dass er die Wette auf den Ölpreis "finanziert". Diese liegen in etwa auf der Höhe des aktuellen Kapitalmarktzinses plus einem Zinsaufschlag durch den Emittenten.

Öl gegen Dollar – das Währungsrisiko
Zum anderen wird der Ölpreis noch immer in der Weltleitwährung US-Dollar berechnet. Fällt der Dollar gegenüber der Euro-Währung weiter deutlich bei gleichzeitig steigenden Ölpreisen, dann würde das Öl-Zertifikat den Sprung der Ölpreise – in Euro gerechnet – nur zum Teil nachvollziehen. Umgekehrt hätte ein steigender Dollar einen zusätzlichen Turboeffekt auf den Wert des Scheins in Euro. Ein Investment in ein Öl-Zertifikat sichert das Depot oder den Geldbeutel also nicht nur gegen steigende Energiekosten ab. Es ist auch eine Versicherung gegen einen fallenden Euro gegenüber dem US-Dollar.



AB
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"Es gibt tausende Möglichkeiten, sein Geld auszugeben, aber nur zwei, es zu erwerben: Entweder wir arbeiten für Geld oder das Geld arbeitet für uns."

Bernhard Baruch
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