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Alt 20-08-2006, 21:07   #40
Benjamin
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Also, hier mal ein anderer Aspekt - Die Rolle der Vereinten Nationen, also der UN.

Meine These lautet: Die UN ist im ganzen Nahen Osten auf dem Wege des Scheiterns und wird dort als machtvoll handelnde Institution in 2007 von den USA abgelöst werden.

Die Schwäche der UN zeigte sich bereits in dem ewig langen Schweigen nach Beginn der Angriffe im Libanon. Wochenlang flogen israelische Bomber Angriffe, bis sich die Leute in der UN endlich auf eine Resolution einigen konnten. Das hat Vertrauen gekostet und muss als Indiz dafür gewertet werden, dass das Gewicht der UN in der internationalen Politik erheblich abgenommen hat.

Die Schwäche der UN wird sich nun fortsetzen bei dem Versuch, ihrer eigene UN-Resolution nun auch mit UN-Bodentruppen ("Blauhelmen") Zähne zu verleihen. Diese Aktion wird nämlich fehlschlagen! Daran habe ich keine Zweifel mehr.

Der Grund:

Es gibt nicht wirklich den festen Willen aller Beteiligten zur Erreichung des Zieles. Die Beteiligten entsenden Truppen, weil sie schlecht Nein sagen können, nicht, weil sie wirklich (also belastbar) hinter dem Truppenauftrag stehen. Jede Regierung wünscht sich, dass der Krug (hinsichtlich Menschenleben, finanzieller Kosten und beschädigte Geschäftsverbindungen mit arabischen Geschäftspartnern) an ihr möglichst vorbeigeht, dass die eigenen Soldaten nicht leiden müssen, und dass die anderen Länder doch bitte schön die Arbeit machen.

Die nahe liegenen Folgen:

Das Mandat dürfte kollabieren, sobald es ernst wird. Dann wird der öffentliche Druck wachsen und jede Regierung wird über kurz oder lang nur noch die eigenen Leute rausholen wollen.

Die Komandostruktur der "Blauhelme" dürfte sehr schwach sein. Um so ein Sammelsurium von Truppen aus verschiedensten Staaten mit unterschiedlichen Sprachen, Schriften, Umgangsformen und Traditionen zu organisieren und zu führen bräuchte es eine sehr lange Vorbereitungszeit und gemeinsame Übungen. Das alles gibt es hier nicht. Da wird improvisiert werden müssen und sehr arbeitsteilig vorgegangen werden. Die Truppe wird kaum wissen, wieviele Hände sie hat, geschweige denn, was die jeweils gerade machen. Das ist hoffnungslos.

Diese UN-Aktion wird also absehbar scheitern.

Die ferner liegenden Folgen:

Wenn die UN scheitert, blickt man auf die USA, um die Situation voranzubringen. Die USA werden förmlich von den westlichen Staaten gerufen werden.

Die USA wird also als der einzige Staat antreten, der Willens und in der Lage ist, hier direkt einzugreifen und Veränderungen auch durchzusetzen. Und alle übrigen westlichen Staaten werden das anerkennen. Das bedeutet, dass der Bock zum Gärtner gemacht wird! Die Bush-Regierung will seit langem im Nahen Osten eine neue Ordnung. Sie werden die Hisbollah in einem Atemzug mit dem Iran nennen: Frieden kommt dann und nur dann, wenn im Namen von Terrorismusbekämpfung und Frieden der Iran von den USA angegriffen werden wird. Und da wird keine UN dagegen angehen (können und wollen). Klar, die Diplomaten werden sich laufend treffen und belanglose Warnungen, Mahnungen und sonstige Sprechblasen in die Mikrophone abgeben, aber sie werden nichts zustande bringen. Alle übrigen Staaten werden sich zurückhalten, graue Maus spielen wollen, jede kleinste Äußerung wird mit zig anderen Staaten erst abgesprochen werden, bevor man sie ausspricht.

Erst lange nach den Bombenangriffen der USA auf Iran, nachdem alles vorbei sein wird, wird die UN geflissentlich irgendwelche Hilfsprogramme starten wollen, für die dann auch wieder kein Land Geld gibt.

Es ist ein Trauerspiel!

Der Gang der Dinge geht dahin, dass die USA die Weltpolitik wie eine Hegemonialmacht bestimmen und den Iran vermutlich etwa April/Mai 2007 angreifen werden. Und obwohl praktisch kaum ein anderer Staat das will, wird nichts wirkungsvolles geschehen, um das zu verhindern:
- Die westlichen Länder werden die Supermacht USA als Verbündete nicht ersthaft bedrängen wollen.
- Die Länder mit islamischer Bevölkerungsmehrheit sind in so viele Untergruppen zergliedert, die untereinander beträchtliche Differenzen austragen, dass von dort eine effiziente gemeinsame Strategie - und deren Umsetzung - vollständig undenkbar ist - trotz all der Ölmilliarden. Beispiel: Saudi Arabien als Unterstützer der Sunniten hat sich gerade erst für 15 Milliarden Euro etliche Kampfjets mit Bewaffnung und Wartungsservice gekauft. Gegen wen sollen die wohl kämpfen? Ich tippe auf ein saudisches Schutzbedürfnis gegenüber dem Iran, der bekanntlich die Schiiten stützt. Diese beiden Gruppen haben im Irak seit längerem bereits Bombenanschläge gegeneinander durchgeführt. Also: Hoffnungslos, aus dem arabischen Lager irgendeine effektive Intervention im Nahost-Konflikt zu erwarten.

Es bleibt wirklich nur die USA übrig, um wirkungsvoll (besser: machtvoll) zu handeln. Und wenn die typische Geschichte (von Aufstieg und Niedergang von Hegemonialmächten) sich als Grundmuster auch hier wiederholt, dann werden die USA tatsächlich diesen Krieg gegen den Iran führen und gewinnen. Die Rohstoffquellen im Nahen Osten (Öl und Gas) sollen und werden über das übliche privatkapitalistische System mittels Angebot und Nachfrage zu niedrigen Preisen ihre Rohstoffe reichlich auf den Markt werfen. Ich bin der Überzeugung, dass dies das tatsächliche Kriegsziel der USA sein wird. Diese ganze Terrorbekämpfung ist zwar einerseits real, weil es die Anschläge ja wirklich gibt, aber sie ist zum größeren Anteil imaginär, weil die Terrorbedrohung mit guter normaler geheimdienstlicher und polizeilicher Arbeit ausreichend eingedämmt werden könnte, wie man anderen Verbrechen ja auch entgegentritt. Die Schäden z. B. durch Wirtschaftsbetrug oder Alkohol am Steuer dürften volkswirtschaftlich ein mehrfaches (!) ausmachen gegenüber dem, was da durch irgendwelche Terroranschläge je im Westen zu Schaden kam. Wir haben größere Probleme auf ganz "banalen" Schauplätzen.

Diese unlogische Unverhältnismäßigkeit sowohl bei den Israelis im Libanon als auch vor allem bei den USA hinsichtlich der Terrorbedrohung deutet doch sehr deutlich an, dass es darum gar nicht geht. Es geht tatsächlich um die Beseitigung der islamistischen Dominanz auf die Entscheidungen von Regierenden und Geschäftspartnern, um eine Trennung von Islam und Geschäft, um die Einführung üblicher privatkapitalischer Regelwerke im Nahen Osten, vor allem im Iran und Irak als bedeutende Rohstoffquellen.

Das will die USA - und das wollen, wenn sie ehrlich sind, auch alle übrigen westlichen Staaten. Und daher leisten sie all dieser verrrückten Unverhältnismäßgkeit gegenüber keinen Widerstand. Sie wollen einfach als Trittbrettfahrer später den Nutzen hinsichtlich der Rohstoffquellen mit nutzen, ohne vorher viel Aufwand dafür getrieben zu haben. Sie schieben die Verantwortung ab, weil sie riskant und mühsam ist. Sie werden also den Teufel tun und gerade eben nicht ihren Kopf all zu weit aus dem Fenster lehnen wollen. Sollen die USA es doch richten....
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