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Alt 10-11-2004, 07:08   #11
Starlight
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"Sein Leben ist in den Händen Gottes": Wird Arafat heute offiziell für tot erklärt?

Beerdigung bereits für Freitag in Ramallah geplant


Warten auf die unvermeidliche Nachricht: Die Palästinenserführung wird Yasser Arafat (75) heute für tot erklären. Der Generalsekretär der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Mahmud Abbas, werde eine entsprechende Erklärung in Ramallah abgeben, berichtete die israelische Tageszeitung "Haaretz" (Internetausgabe) unter Berufung auf hohe Palästinenserkreise. Der palästinensische Präsident sei am Dienstagabend bereits tot gewesen, man warte aber mit der offiziellen Bekanntgabe der Nachricht, bis Abbas von Paris kommend über Amman in Ramallah eintreffen wird.

Ex-Ministerpräsident Abbas hatte mit einer hochrangigen Palästinenserdelegation, darunter der derzeitige Premier Ahmed Korei und Parlamentspräsident Rawhi Fatouh, den schwer kranken Arafat am Dienstag in einem Pariser Militärkrankenhaus besucht. Schon kurz darauf war aus Palästinenserquellen verlautet, Arafat sei tot. Dies wurde danach offiziell dementiert, Außenminister Nabil Shaath ließ aber kaum noch Hoffnung auf eine Besserung von Arafats Gesundheitszustand erkennen. Dessen Leben sei "nun in den Händen Gottes", sagte er vor Journalisten. Eine Abschaltung der lebenserhaltenden Geräte, an die Arafat angeschlossen ist, schloss er aber mit Verweis auf das Sterbehilfe-Verbot für Moslems aus.

Arafats Sekretär Tayeb Abdul Rahim sagte laut "Haaretz", die Palästinenserführung möchte Arafats Hauptquartier in Ramallah, die "Mukataa" zu einem "Mausoleum" für ihn ausbauen. Arafat stand dort monatelang de facto unter Hausarrest, als israelische Truppen das Regierungsgebäude der Palästinensischen Autonomiebehörde belagerten.

Beerdigung höchstwahrscheinlich am Freitag
In Ramallah liefen indes die Vorbereitungen für die Beerdigung Arafats bereits auf Hochtouren. Arbeiter installierten zusätzliche Datenkabel in der Mukataa, damit Fernsehbilder von der dort geplanten Beisetzung Arafats in die ganze Welt übertragen werden können. "Wir sind uns über den Tag der Beerdigung noch nicht sicher, aber mir wurde gesagt, höchstwahrscheinlich am Freitag", sagte ein palästinensischer Beamter, der nicht genannt werden wollte, der Nachrichtenagentur Reuters. "Die Leiche dürfte am Donnerstag nach Ägypten überführt werden."

Nach moslemischer Tradition müssen Tote so schnell wie möglich beigesetzt werden, höchstens 24 Stunden nach ihrem Verscheiden. Menschen, die während des derzeit laufenden Fastenmonats Ramadan sterben, gelten als von Gott auserwählt, schreibt "Haaretz".

Traum vom Tod in der Heimat erfüllt sich nicht
Eine besondere Tragik für Arafat dürfte sein, dass er nun höchstwahrscheinlich im Ausland sterben wird, nachdem er sich in den vergangenen Jahren massivem militärischen und psychologischen Druck aus Israel widersetzt hatte und nicht ausreisen wollte. "Niemand kann mich aus meiner Heimat vertreiben. Schließlich habe ich es sogar trotz der israelischen Besetzung geschafft, es zu betreten", sagte er einmal mit Blick auf den Sommer 1967, als er aus Jordanien kommend einige Monate im Westjordanland die Widerstandsbewegung koordiniert hatte.

Arafat hat zudem immer abgestritten, dass er eigentlich im ägyptischen Kairo geboren wurde. Angesprochen auf eine entsprechende Geburtsurkunde aus dem Jahr 1927 sagte er, sein Vater habe sie gefälscht, um ihm Zugang zum ägyptischen Schulsystem zu verschaffen. Wie es nun aussieht, ist Arafat nun auch der Tod in seinem Heimatland verwehrt geblieben. Und auch die offizielle Trauerfeier für ihn soll in Kairo stattfinden, weil viele ausländische Politiker wegen Sicherheitsbedenken nicht ins Westjordanland reisen wollen, um Arafat die letzte Ehre zu erweisen.

Seit Tagen im Koma
Der todkranke Arafat liegt seit dem 29. Oktober im Militärkrankenhaus Percy in Clamart bei Paris. Seit vergangenem Donnerstag ist der Palästinenserführer im Koma. Schon damals war unter Berufung auf behandelnde Ärzte gemeldet worden, er sei "hirntot". Am Wochenende hatte es in israelischen Medien geheißen, er sei wieder aus dem Koma erwacht und habe mit den Ärzten kommuniziert. Arafats Ehefrau Suha hat der Palästinenserführung vor deren Besuch in Paris vorgeworfen, sie wolle ihren Mann "lebendig begraben". (apa/red)
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