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Alt 19-10-2004, 19:21   #51
Starlight
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Bei Ford schlägt die Bank das Fließband

Eigentlich hört sich ganz gut an, was Ford da am Dienstagmorgen meldet: Der zweitgrößte US-Autohersteller schlägt die Gewinnerwartungen der Wall Street… und doch geht es für die Aktie bergab. Das hat einen guten Grund. Wie auch der Konkurrent General Motors, tut Ford vor allem eines nicht: Autos verkaufen.

Was dem Unternehmen wieder einmal die Bilanz gerettet hat, ist nämlich – neben der Mietwagen-Tochter Hertz – der Finanzarm. Das geht so weit, das der Moderator des US-Börsenfernsehens am Morgen den Finanzchef von Ford, Don Leclair, ganz offen fragte, ob er sich denn im Automobil- oder im Bankgeschäft sehe.

Die Frage ist gerechtfertigt, wie ein Blick auf die Zahlen zeigt: Genau wie der Konkurrent GM hat Ford im Auto-Geschäft erneut Geld verloren. Ein Minus von 673 Millionen Dollar steht indes einem Gewinn von 734 Millionen Dollar im Finanz- und Kreditsektor gegenüber.

Dass Ford kaum noch Wagen unter die Leute bringt, ist nicht neu. Ein schwacher Arbeitsmarkt, niedrigeres verfügbares Einkommen und nicht zuletzt ein hoher Öl- und Benzinpreis halten die Amerikaner weiter davon ab, Autos zu kaufen. Wer sich doch eines kauft, der schlägt immer lieber bei der ausländischen Konkurrenz zu.

Dabei ist Autos zu verkaufen genau das, was ein Autohersteller tun sollte. Weshalb das Managment bei GM und Ford lächerliche Null-Prozent-Finanzierungsabgebote und Rabatte von bis zu 6000 Dollar auf Neuwagen anbietet. Die schlagen sich gewaltig auf die Margen nieder – und nutzen doch nur wenig, wie ein Blick auf die sinkenden Marktanteile beweist.

Der Schlüssel zum Erfolg wird künftig über Autos führen müssen – und zwar über bessere Modelle. Besser, das heißt in Amerika nicht länger größer und gewaltiger. Zwar hat der amerikanische Verbraucher durch den stetigen Anstieg der Ölpreise erst spät gelernt, doch hat er immerhin begriffen, dass in der Benzinschleuder SUV nicht alles Glück zu suchen ist. Sparsamere Modelle sind die Zukunft, doch deren Entwicklung wurde viele Jahre lang von einer unheiligen Allianz republikanischer Politiker, Ölfirmen und eben der Autohersteller selbst verzögert.

Dass das Kerngeschäft langfristig immer über Wohl und Weh der Bilanz bestimmt, zeigen zahlreiche Beispiele in Corporate America. Das bekannteste, und zugleich das aktuellste, dürfte vom Burger-Bräter McDonald’s kommen. Der macht sein Geld vor allem mit Immobiliengeschäften, und während der Neunzigerjahre ging dem Management das Gespür für die richtige Speisekarte und den Service in den Restaurants verloren. Das hatte dramatische Folgen für Bilanz und Aktie. Dass McDonald’s an diesem Dienstag starke Zahlen meldet, schreiben Management und Analysten ausschließlich einigen neuen Produkten zu: Die Salate haben neue Kunden in die Filialen gelockt, wo allgemein gesündere Produkte bestellt werden können.

Ein ähnlicher Wandel muss bei Ford – und bei General Motors – noch erfolgen. Allein mit Kostensenkungen dürfte man nicht weit kommen.

Lars Halter - © Wall Street Correspondents Inc.
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