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Alt 05-09-2006, 15:17   #49
Benjamin
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Es ist nicht schwer, sich den wahrscheinlich eintretenden Fahrplan der künftigen Geschehnisse hinsichtlich Iran zu überlegen. Man muss nur zurückrechnen, so wie hier beschrieben:

Zurückgerechnet wird mittels einer kleinen Zeitreise, beginnend von einem weiter in der Zukunft liegenden wichtigen Ereignis zurück bis heute:

7. Ausgangspunkt: US-Präsidentschaftswahl November 2008 Die wollen die Republikaner wieder gewinnen. Sie werden alles tun, um ihre Chancen für einen Sieg zu mehren. Ziel: Es soll ein neo-konservativer Mann im Weißen Haus sitzen.

6. Kandidatenaufbau, Vorwahlkampf, Präsidentschaftswahlkampf : 1 Jahr Dauer, macht November 2007 als Zieldatum für das gewünschte Ende eines "Kriegsstresses" für die US-Bürger an ihren Fernsehgeräten. Ab dann muss klar sein, dass der Krieg ein Erfolg für die amtierende republikanische Regierungspartei ist.

5. Unmittelbare Abklingphase nach dem Ende des massivsten Luftbombardement, dass die Weltgeschichte je gesehen hat. Diese Abklingphase benötigt grob geschätz 5-6 Monate (inkl. Anlaufen von direkten Rettungsaktionen für die Zivilbevölkerung + der Erkenntnisgewinnung, dass keine sonstige Macht den Krieg fortsetzt oder den USA ernste Probleme macht). Das bringt deren Beginn auf etwa Juni/Juli 2007; deren Ende etwa auf November 2007.

4. Ende des Krieges: Angriff der USA + Israel (evtl. noch 1-3 weitere Staaten) auf den Iran mittels massivsten Luftangriffen auf die gesamte Infrastruktur des Landes (Straßen, Kraftwerke, Fabriken, Verwaltungsgebäude, etc.); Dauer: 2 Monate, von Anfang Mai bis Ende Juni 2007 .

3. Zu Beginn dieses Krieges, also Ende April/Anfang Mai 2007 , sollten die westlichen Börsen inkl. des Nikkei 225 ein signifikantes Low bilden und anschließend mit einem Kursfeuerwerk sich erheben, getrieben von der Hoffnung auf billiges Öl. Gerade beim Nikkei-Index stimmt dieser Zeitpunkt mit einem sehr langfristigen Zyklus in diesem Index überein, der "ganz unabhängig von allem" hier ein Low erwarten läßt.

2. Anfang November 2006 : US-Kongresswahl + diverser anderer Posten in den USA. Vorher wird offiziell von USA nichts wirklich konkretes kommen hinsichtlich "militärischer Sanktionen" (=Überfall auf den Iran). Die US-Wähler sollen nichts über das o. g. Szenario erfahren, weil das den Republikanern schaden würde. Bush wird sich bis dahin zum Thema Iran nur in markigen Allgemeinplätzen üben. Bis dahin darf die Börsenwelt noch von der normalen, bekannten Welt träumen, in der alles wie gewohnt läuft - auch wenn bereits erste Risse erkennbar werden.

1. Passend als Wahlgeschenk für die Republikaner zur US-Kongresswahl dürfte die US-Notenbank den US-Bürgern noch einmal einen tüchtigen Einkaufsbummel auf etwas billigeren Kredit (Leitzinssenkung ) spendieren, also im Oktober 2006. Das kleistert die ersten Risse vorübergehend etwas zu - es muss ja nur bis zur US-Wahl Anfang November reichen.
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Das Ergebnis: Billiges Öl + Neo-Konservative an der Macht. Und zwar sowohl in den USA (ein neo-konservativer neuer Präsident) als auch in Deutschland (CDU/CSU + FDP). Da wird innerhalb der o. g. Zeitreise in 2007 die große Koalition zerbrechen, weil es SPD und CDU kaum gelingen dürfte, ihre unterschiedlichen Positionen dort mit Blick auf die anstehenden Landtagswahlen und eine spätere Bundestagswahl so zu verhandeln, das am Ende etwas herauskommt, mit dem das jeweilige Klientel leben kann.

Tja, alles furchtbar - oder?

Das Ergebnis beschert uns für eine gewisse Zeit (Monate - wenige Jahre) noch einmal eine wirtschaftliche Erholung und Blüte. Dieser materielle Gewinn kostet allerdings im Vorfeld viele hunderttausend Menschenleben im Nahen Osten.

Ein weiteres Ergebnis: Das Prinzip des Individualismus hat über das Prinzip des Kollektivs gesiegt:
- Individualismus siehe USA: Das Individuum steht über dem Kollektiv (z. B. das Land). Jeder hat weite individuelle Rechte und Freiheiten, allerdings um den Preis einer praktisch fehlenden belastbaren Sicherung durch Familie, Verwandschaft und Staat. Wenn 2 von 3 Ehen in den USA geschieden werden und Seitensprünge oder Flirts schon zum guten Ton gehören, dann ist dies das Ende jeder belastbaren Kollektiv-Struktur für den einzelnen Bürger.
- Kollektiv siehe das Schiitentum im Iran und Libanon: Das Kollektiv steht über dem Individuum; Kollektive sind z. B. einzelne Familienclans, der Stamm der Schiiten im Iran und Libanon, jeweils mit ihren strengen traditionellen Regeln, die auf das Überleben des Kollektivs als Einheit ausgerichtet sind. Verwandschaftsbande als Kernstruktur des Kollektivs werden arrangiert und stützen es so; "Irgendwelche" Partnerschaften auf Basis - möglicherweise instabiler - emotionaler Bande sind da ein Risiko und können das Kollektiv schwächen.

Dieser Sieg über ein wichtiges Territorium mit ausgeprägtem Kollektivismus + wichtigen Rohstoffen (Iran),
UND
die Vernichtung des eher dogmatischen Schiitentums (durch die militärische Vernichtung dessen Hauptgebiete Südlibanon und Iran)
UND
die Parteinahme für die pragmatischeren Sunniten (vertreten vor allem durch Saudi-Arabien)
dürfte den Weg zu billigem Öl und Gas frei machen und eine letzte Blütezeit des Westens ermöglichen.

Hinsichtlich Kollektivismus gibt es dann für die USA kaum noch ernsthafte Gegner bzw. lohnende Beuteobjekte. China hat selbst kaum Rohstoffe und ist mitlerweile teilweise kapitalistischer als die USA selbst.

Aber gleichzeitig werden viele Einzelmechanismen am Ende dazu führen, dass aus "dem kranken Mann USA" ein "hoffnungsloser Fall" wird. Bereits vor Erreichen des Höhepunktes der Macht (nach dem "Sieg" über Irak und Iran mit ihren riesigen Vorkommen an Öl und Gas und nach dem Plündern und Verprassen dieser Bodenschätze) ist der Niedergang der USA als Weltmacht unausweichlich. Sie werden ihre Verschwendungssucht auf Kosten anderer Nationen und der eigenen Kinder irgendwann bezahlen müssen, und zwar mit einer langen und schweren Deflation. Sie werden in jeder Hinsicht kleiner werden: Moralisch, politisch, wirtschaftlich, mental.

Und was Wunder: Nachdem der Kollektivismus in besonders reiner Form beim Iran "zu Staub zerbombt" wurde und man sich im Westen denkt, jetzt ist der für alle Zeiten eleminiert, da dürfte man bald genau das Gegenteil sehen: Am Höhebunkt jener letzten Blütezeit des billigen Öls greift die Angst des einzelnen Individuums allmählich um sich. Nachdem die großen Kollektive zerstört wurden und im Privatbereich die 'Eigenverantwortung' über alles steht, da steht das Individuum nun da - und empfindet sich als nackt, ohne Schutz, allein gegen alle möglichen Gefahren der Welt, die da lauern können. Besitzstandswahrung, Absicherung greifen um sich, weil die Risse im Mauerwerk immer deutlicher zu sehen sind und schlicht Angst machen. Die Leute haben weder Orientierung (einen Glauben, eine Vision) noch mentale wie materielle Absicherung bei einer persönlichen Krise. Folge: Kollektive schießen wieder wie Pilze aus dem Boden. Was man da gerade an Kollektivismus mit so viel Aufwand (u. a. Angriff und Zerstörung des Iran, Individualisierung des ganzen Nahen Ostens mittels der 'pragmatischeren' Kultur der Sunniten in Saudi Arabien) zerstört hatte, das sprießt neu überall hervor, ganz einfach, weil in schwierigen Zeiten der Einzelne das Bedürfnis nach Sicherheit höher schätzt als das Bedürfnis nach völligem Austoben von Eigenarten. Also werden sich Kollektive neuer Art bilden, die ihren Mitgliedern jeweils für ihr ganzes Leben klare Regeln auferlegen, deren Beachtung mit disziplinarischen Mitteln überwachen und dafür eine gewisse materielle Existenzsicherung + mentale Orientierung bieten. Das nenne ich eine Ironie des Schicksals!

Das habe ich übrigens nirgends abgeschrieben oder gelesen, sondern mir tatsächlich selber überlegt. Ich bin ziemlich sicher, dass ich mit dieser Abschätzung nahe an der Wirklichkeit liegen werde, weil sich die Bausteine so gut zusammenfügen lassen und ich keine andere Abschätzung gehört oder gelesen habe, die das von mir beobachtete Geschehen plausibler erklären könnte.
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