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Alt 25-07-2006, 09:50   #46
Auf Wunsch gelöscht
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Rice und die USA haben ein Wahrnehmungsproblem

Von Martin Wagner, BR-Hörfunkkorrespondent Washington

Vielleicht bereut die amerikanische Außenministerin jetzt, was sie vor ihrer Abreise in den Nahen Osten gesagt hat: Als sie meinte, was man da gerade erlebe, seien die Geburtswehen des neuen Nahen Osten. "Wie bitte?" ist man da geneigt auszurufen. Der Kanonendonner hört sich eher an wie der sattsam bekannte alte Nahe Osten und klingt mehr nach Tod als nach neuem Leben. Aber Condoleezza Rice hat - wie die gesamte Regierung Bush - ein Wahrnehmungsproblem.

Jedenfalls kann das, was die Außenministerin beim Blick auf den Nahen Osten erkennt, nicht mit dem in Einklang gebracht werden, was dort täglich passiert. Bis heute sieht die Regierung Bush keinen Zusammenhang zwischen dem Einmarsch der US-Truppen in den Irak und den terroristischen Aktivitäten, denen in Bagdad und anderswo täglich Dutzende von Menschen zum Opfer fallen. Es könnte sich lohnen und aufschlussreich sein, wenn sich Außenministerin Rice bei ihren Gesprächen mit der israelischen Regierung einmal erkundigt, wann denn eigentlich die Hisbollah und die Hamas entstanden sind - jene Terrororganisationen, mit denen sich Israel gerade sehr gewalttätig auseinandersetzt.
Aus Widerstand wurde Terror als Selbstzweck

Die Hisbollah ist die Antwort auf den Einmarsch Israels in den Libanon im Jahr 1982. Und Hamas stammt aus dem Jahr 1987, als Israel noch Besatzungsmacht im Gazastreifen war. Es kann bei dieser Gelegenheit festgehalten werden, dass nach dem Rückzug Israels aus dem Libanon im Jahr 2000 und aus dem Gazastreifen im letzten Jahr beiden Gruppen die Begründung für bewaffnetes Vorgehen gegen Israel abhanden gekommen sein müsste. Doch der Terror ist inzwischen zum Selbstzweck geworden, richtet sich nicht mehr gegen eine Besatzungsmacht, sondern grundsätzlich gegen Israel. Darüber sollte sich niemand Illusionen machen.
Israels Feldzug schafft neue Terroristen

Die Regierung Bush aber gibt sich einer anderen Illusion hin: Dass nämlich das israelische Bombardement im Libanon einen neuen Nahen Osten schaffe. Nein, was da stattfindet, ist ein Rekrutierungsfeldzug für neue Terroristen. So wie der US-Einmarsch den Irak zum Übungsfeld für Terroristen gemacht hat, wird im Libanon gerade der Hisbollah in die Hände gespielt. Das kann nicht im Interesse Israels sein, das kann nicht im Interesse der USA sein - und auch nicht im Interesse des Libanon, dessen schwache Demokratie im Gefecht zwischen Israel und der Hisbollah unterzugehen droht.

http://www.tagesschau.de/aktuell/mel...AV_BAB,00.html

Vielleicht bemerkt Condoleezza Rice jetzt, da sie etwas näher dran ist, dass es sich nicht um Geburtswehen, sondern um Gefechtslärm handelt, bei dem täglich Menschen sterben - und vielleicht begreift dann irgendjemand in der Regierung Bush, dass sich mitschuldig macht, wer dem untätig zusieht.
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