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Alt 30-12-2007, 11:48   #10
Auf Wunsch gelöscht
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„Wir haben zu viele kriminelle junge Ausländer", hatte Hessens Ministerpräsident Koch (CDU) in einem Interview gesagt. Politiker von SPD und Grünen sind empört, Außenminister Steinmeier spricht von „brutalstmöglichem Populismus". Koch dagegen sieht sich weiter im Recht.

Die Forderung des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) nach einem schärferen Vorgehen gegen junge ausländische Straftäter ist auf heftige Kritik gestoßen. Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier sagte der „Bild am Sonntag“, die Bemerkungen seien „brutalstmöglicher Populismus“. Wer wehrlose Rentner überfalle, gehöre hinter Schloss und Riegel. „Aber Roland Koch weiß doch genau, dass das deutsche Jugendstrafrecht kein Kuschelstrafrecht ist.“

Die Richter hätten jede Menge scharfe Instrumente, um auf solche Verbrechen zu reagieren, betonte der stellvertretende SPD-Vorsitzende. Dies schließe Abschiebungen ein, sagte Steinmeier. Koch solle sich deshalb lieber um die Integration ausländischer Jugendlicher kümmern, statt die Menschen gegeneinander aufzubringen. Ähnlich äußerte sich Grünen-Chef Reinhard Bütikofer: Er sagte der „Passauer Neuen Presse“, Koch versuche, „sein landespolitisches Scheitern durch Ausschlachtung dieses schlimmen Vorfalls zu überspielen“. In Hessen stehen am 27. Januar Landtagswahlen an.

Koch hatte nach dem Überfall eines 20-jährigen Türken und eines 17 Jahre alten Griechen auf einen Münchner Rentner gesagt, es gebe zu viele kriminelle junge Ausländer in Deutschland. Täter zwischen 18 und 21 Jahren dürften nicht vor allem mit Verständnispädagogik behandelt werden und regelmäßig offenen Vollzug bekommen: „Gefängnis muss man spüren, wenn es Wirkung haben soll.“ Koch verlangte, dass „Null Toleranz gegen Gewalt“ früher beginnen und Bestandteil der Integrationspolitik sein müsse.
SPD-Fraktionsvize hält Koch Ausländerfeindlichkeit vor
Nachdem erste Kritik an seinen Äußerungen aufgekommen war, verteidigte sich Koch in einem Gespräch mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) warf er in der eine Blockadehaltung beim Jugendstrafrecht vor. „Die Union hat im Bundesrat viele Vorschläge für ein effektiveres und härteres Jugendstrafrecht gemacht. Bundesjustizministerin Zypries hat sie alle verhindert“, sagte der CDU-Politiker.

„Ich führe diese Debatte schon seit vielen Jahren und nicht erst im Wahlkampf und lasse mir es auch nicht zum Tabu erklären, nur weil Wahlkampf ist“, betonte Koch. Zugleich äußerte der Ministerpräsident grundsätzliche Kritik am Umgang der SPD mit jugendlichen Straftätern: „Die Sozialdemokraten tragen die Verantwortung dafür, dass in den achtziger und neunziger Jahren nicht konsequent gegen ausländische jugendliche Kriminelle vorgegangen wurde“, sagte er. „Ich möchte nicht dafür verantwortlich sein, dass wir das Problem in zehn Jahren immer noch nicht gelöst haben.“
Die von Koch kritisierte Zypries nannte es in der „Frankfurter Rundschau“ unseriös, den Eindruck zu erwecken, das Jugendstrafrecht sei nichts anderes als „Kuschelpädagogik“. Zudem sei es irreführend zu behaupten, man müsse Jugendliche schneller in Haft nehmen, um vor weiteren Straftaten abzuschrecken. „Jugendliche, die Haftstrafen verbüßt haben, weisen eine höhere Rückfallquote aus, als jene, die mit anderen Sanktionen bestraft wurden“, sagte die SPD-Politikerin.

„In seiner Not greift Roland Koch wieder gnadenlos in die alte Kiste der Ausländerfeindlichkeit“, sagte SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler der „Passauer Neuen Presse“. Koch hatte 1999 mit einer Unterschriftenkampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft die Landtagswahl gewonnen.
Körting beklagt Perspektivlosigkeit
Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) widersprach Koch ebenfalls. Fast die Hälfte der Gewalt durch Jugendgruppen gehe auf deutsche Täter zurück, sagte Körting der „Berliner Zeitung“. Er lehnte die von Koch geforderte Verschärfung des Jugendstrafrechts ab. Vielmehr müssten die Gesetze vernünftig angewendet werden. Die zentrale Frage sei zudem, welche Perspektive Deutschland einem 18-Jährigen biete, der „mit Ach und Krach seinen Hauptschulabschluss gemacht hat? Ich finde, es bietet keine“, sagte der Innensenator. „Es gibt eine Bereitschaft, Konflikte mit Gewalt auszutragen oder durch Raub und Erpressung am Wohlstand der Gesellschaft teilzuhaben“. Dies betreffe nicht nur Familien von Migranten.

Der Vorsitzende des Bundesausländerrates, Mehmet Kilic, bezeichnete die Aussagen Kochs laut „Frankfurter Rundschau“ dem Blatt zufolge als puren Populismus. Kriminalität sei kein ethnisches Problem. Mangelnde Bildung und Arbeitslosigkeit führten zu Kriminalität - ob bei Deutschen oder Ausländern.
Hessens Regierungsprecher warnt vor Schönrederei
Der hessische Regierungssprecher Dirk Metz betonte dagegen, die Menschen seien die Schönrednerei leid. „Mit dem dümmlichen Vorwurf der Ausländerfeindlichkeit als üblichem rot-grünen Reflex löst man die Probleme, um die jedermann weiß, jedenfalls ganz sicher nicht“, sagte er in Wiesbaden. Die Gewaltkriminalität in Deutschland sei in den vergangenen zehn Jahren um 16 Prozent gestiegen. „Diese Entwicklung, an der junge ausländische Gewalttäter einen erschreckend hohen Anteil haben, lässt sich doch nicht leugnen und darf nicht zum Tabu erklärt werden.“
Auch CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla verteidigte Kochs Äußerungen. „Wenn unter den jugendlichen Straftätern überproportional viele Ausländer zu finden sind, dürfen Staat und Politik nicht darüber hinwegsehen“, sagte er in Berlin. Der Einsatz gegen diese Gewalt von Jugendlichen, die sich oft aus nicht gelungener Integration und Perspektivlosigkeit ergebe, müsse verstärkt werden.
Junge Union will Erwachsenenstrafrecht für alle ab 18
Die bayerische Justizministerin Beate Merk sagte, besonders jugendliche Gewalttäter mit Migrationshintergrund seien nicht in den Griff zu bekommen. Sie forderte unter anderem weniger Hürden für eine nachträgliche Sicherungsverwahrung von Jugendlichen. Zugleich sie wandte sich gegen eine rasche Ausweisung der Münchner Täter. Sie sollten ihre zu erwartende mehrjährige Haftstrafe absitzen. „So leicht sollten die Täter nicht davon kommen“, sagte sie dem Magazin „Focus“ mit Blick auf eine Abschiebung.

Die Junge Union forderte, das Jugendstrafrecht für Heranwachsende generell abzuschaffen. Es müsse bei über 18-Jährigen „mit der vollen Härte der Erwachsenen-Gesetze“ durchgegriffen werden können, sagte JU-Chef Philipp Missfelder der „Passauer Neuen Presse“.

Kritisch äußerte sich dagegen der hessische FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn, der nach der Landtagswahl eine Koalition mit Koch eingehen will. Es gebe beim Ministerpräsidenten eine erkennbare Lust, sich derartige Themen zu suchen, sagte er der „Passauer Neuen Presse“. „Aber Roland Koch ist seit fast neun Jahren Ministerpräsident - mit seiner Mahnung kritisiert er auch seine eigene Integrationspolitik.“
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