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Alt 30-12-2006, 20:17   #4
Franki.49
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SPIEGEL ONLINE - 30. Dezember 2006, 13:45
URL: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,457082,00.html

SPIEGEL-ONLINE-TEUROMAT
Wie viel die Mehrwertsteuererhöhung kostet
Von Anne Seith

Noch zwei Tage bis zur großen Mehrwertsteuer-Erhöhung: Doch wie viel kostet die deftige Anhebung den Einzelnen eigentlich? Diese Frage entzweit Ökonomen und treibt allen anderen Sorgenfalten auf die Stirn. SPIEGEL ONLINE sagt Ihnen, wo es wirklich teurer wird.

Hamburg - Kurz vor der größten Steuererhöhung der bundesdeutschen Geschichte wird noch mal tüchtig Stimmung gemacht. Der TÜV verteilt Plaketten für Preisstabilität, mit denen sich Einzelhändler schmücken dürfen, so lange sie die Steuererhöhung nachweislich nicht an ihre Kunden weitergeben. Unternehmen schwören mit ziemlich deftigen Werbespots, die anfallenden Mehrkosten auf keinen Fall beim Kunden abzukassieren. Für einen Textildiscounter setzt sich da schon mal ein T-Shirt auf eine Kloschüssel und krakelt: "Ich scheiß auf die Mehrwertsteuererhöhung!" Gleichzeitig wird unter Volkswirten wild gerechnet und gestritten, was der Wechsel von 16 auf 19 Prozent den Einzelnen denn nun wirklich kostet.

Das Bundesamt für Statistik kalkuliert je nach Einkommensverhältnissen wegen der Mehrwertsteuererhöhung neun bis 64 Euro im Monat pro Haushalt. Das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) kam im Auftrag des "Handelsblatts" auf rund 20 bis 40 Euro je nach Familienstand und Ausgabeverhalten. Volkswirte beider Organisationen stellen fest, dass Haushalte mit weniger Einkommen unter den neuen Verhältnissen stärker leiden. Allerdings würden die Mehrkosten durch die im Saldo sinkenden Sozialabgaben fast zur Hälfte wieder ausgeglichen, betonen die IW-Wissenschaftler.

Beim Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) packt man derweil die ganz großen Zahlen aus: Fast 24 Milliarden Euro müssten die Deutschen im nächsten Jahr wegen der diversen neuen Steuerregeln drauflegen, heißt es dort - das wären rund 290 Euro pro Nase. Der mit Abstand größte Posten in dieser Rechnung natürlich auch: die im Januar anstehende Mehrwertsteuererhöhung. Werbewirksame Preisgarantien hin oder her.

Einig sind sich die Experten lediglich in ihrer Schlussfolgerung: Irgendwie teurer wird es auf lange Sicht wohl werden. Für Elektrogeräte, Textilien, Möbel, Strom und Gas, aber auch für Dienstleistungen wie Müllabfuhr oder Handwerkerarbeiten müssen ab dem 1. Januar 19 statt wie bisher 16 Prozent Mehrwertsteuer gezahlt werden. Dass zumindest Teile dieser Kosten auch vom Kunden getragen werden müssen, scheint unvermeidbar. Und was bei einem Friseurbesuch gerade mal wenige Euro bedeutet, kann sich bei einem Neuwagen, größeren Reparaturen im Haus oder sogar einem Immobilienkauf schnell auf mehrere tausend Euro summieren.

Kein Wunder, dass die Deutschen kurz vor dem Ablauf der goldenen 16-Prozent-Zeiten noch mal gehamstert haben. Rund ein Viertel hat größere Anschaffungen auf dieses Jahr vorverlegt, wie eine Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) ergab. Vor allem Haushaltsgeräte und Möbel seien gekauft und Handwerker einbestellt worden.

Umso lauter warnen Volkswirte und Verbraucherschützer dieser Tage vor unbedachten Schnellkäufen. Denn den viel beschworenen Preisschock wird es im Januar trotz aller Unsicherheiten nicht geben. Viele Einzelhändler würden wohl erst einmal groß angelegte Rabattaktionen starten, um die Kauflaune der Kunden über die Mehrwertsteuererhöhung hinwegzuretten, erklärt etwa Rainer Wenzel, Leiter des Instituts für angewandte Verbraucherforschung in Köln. "Die Preise sinken nach Weihnachten in vielen Bereichen ohnehin, weil Händler Restposten loswerden wollen", sagt der stellvertretende VZBV-Vorstand Patrick von Braunmühl. "Und bei Produkten wie LCD-Flachbildschirmen, Computern und DVD-Spielern ist der Preisverfall ohnehin so groß, dass er die Steuererhöhung innerhalb von Wochen wettmacht. Jetzt einen Computer zu kaufen, den man sonst erst nächsten Herbst angeschafft hätte, lohnt sich deshalb auf keinen Fall."

Auch sonst werden die Händler wohl einiges von der anstehenden Steuererhöhung abfangen, vermutet Braunmühl. So manches Unternehmen - das wie Möbelriese Ikea keine dauerhafte Preisgarantie geben will - hat die durch die Erhöhung nötig werdende Preisrunde zumindest um einen Monat oder ein paar Wochen nach hinten verschoben. In anderen Branchen seien die Preise schon dieses Jahr vorsorglich erhöht worden, sagt von Braunmühl. "Viele Gastronomen haben etwa zur Fußballweltmeisterschaft die Preise schon ordentlich heraufgesetzt."

Bei vielen Produkten wie Zeitungen, Büchern, Kino- oder Zootickets gilt außerdem weiter der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent. Das gleiche gilt für Lebensmittel - einen der Hauptausgabenposten eines Haushalts. "Für Miete oder auch Gesundheitsleistungen wird überhaupt keine Mehrwertsteuer erhoben", sagt von Braunmühl.

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