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Alt 13-12-2008, 23:32   #9
Benjamin
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Erhitzte Meere können Massensterben auslösen
[science.ORF.at, 6.03.07]


In der Erdgeschichte ist es mehrmals zu bisher ungeklärten Massensterben gekommen, in Analogie zu den Dinosauriern haben Geologen einen Meteoriteneinschlag als Grund vermutet. Der US-Geologe Peter D. Ward vertritt eine andere Theorie: Durch die Erhitzung der Atmosphäre kippten die Meere und vergifteten die Atmosphäre. Wenn der aktuellen Klimaerwärmung nicht gegengesteuert wird, könnte der Menschheit ein ähnlich stinkendes Ende bevorstehen.

Zuerst auf Vulkane als Auslöser getippt ...

Im Laufe der Erdgeschichte ereigneten sich immer wieder Massensterben, bei denen ein großer Teil der Lebewesen auf der Erde ausstarb. Prominenteste Opfer der vorerst letzten solchen Katastrophe waren vor 65 Millionen Jahren - am Übergang zwischen Kreidezeit und Tertiär - die Dinosaurier.

Zunächst konnten sich die Paläontologen nur gewaltige Vulkanausbrüche als Auslöser der simultanen Vernichtung vieler biologischer Arten weltweit vorstellen. Tatsächlich herrschte in Zeiten einer Massenextinktion meist auch starke vulkanische Aktivität, von der etwa die riesigen Plateaubasalte in Indien und Sibirien zeugen.

... dann aber auf Meteoriten festgelegt

Doch 1980 entdeckten Forscher um Walter Alvarez große Mengen Iridium in Ablagerungen an der Grenze zwischen den Formationen der Kreidezeit und des Tertiärs. Da dieses Element auf der Erde sehr selten ist, aber häufig in Meteoriten vorkommt, schlossen die Wissenschaftler aus seiner Anreicherung und anderen Indizien, dass damals ein gewaltiger Himmelskörper auf der Erde eingeschlagen sein muss.

An den klimatischen Folgen dieses verheerenden Aufpralls sei ein Großteil des irdischen Lebens zu Grunde gegangen.

Fieberhafte Suche nach Meteoritenspuren

Wenn eine Bombe aus dem All die Dinosaurier ausgelöscht hatte, könnte ähnliches auch schon früher geschehen sein. Forscher in aller Welt suchten deshalb in den vergangenen 25 Jahren nach Indizien für einen Meteoriteneinschlag im Zusammenhang mit den anderen bekannten Massenextinktionen.

Die Ergebnisse waren zwar längst nicht so überzeugend wie an der Grenze zwischen Kreidezeit und Tertiär. Dennoch sah ein Großteil der Paläontologen die Ursache für die Episoden globalen Artensterbens seither im Weltall.

Alternativszenario: Umweltkatastrophe

Der US-Geologe Peter D. Ward erschüttert diese Ansicht nun mit neuen Befunden und präsentiert einen alternativen Extinktionsmechanismus: eine Umweltkatastrophe, bei der in einer Treibhauswelt umkippende Ozeane zu stinkenden Kloaken wurden und Meerwasser wie Atmosphäre mit giftigem Schwefelwasserstoff verpesteten.

Biosphäre über lange Zeit verödet

Zunächst einmal stellt Ward fest, dass im Unterschied zum Untergang der Dinosaurier bei früheren Massensterben die Biosphäre viele Millionen Jahre lang verödet war. Das ergaben neue Untersuchungen über das Mengenverhältnis zweier unterschiedlich schwerer Formen von Kohlenstoff im Gestein.

Kohlenstoff wurde mehr, Pflanzen weniger
Pflanzen bevorzugen bei der Photosynthese Kohlendioxid mit dem leichteren Kohlenstoffatom der Masse 12. Dadurch reichert sich in der Lufthülle die schwerere Form mit der Masse 13 an. Sie wird dann in Kalkgestein eingebaut, das bei Verwitterungsprozessen entsteht.

Steigt in diesem Gestein also der Anteil an leichtem Kohlenstoff sprunghaft an, müssen die Pflanzen dezimiert worden sein. Wirklich findet sich ein solcher Anstieg zeitgleich mit den meisten Massenextinktionen. Zugleich dauert es sehr lange, bis wieder normale Verhältnisse herrschen und die Vegetation sich erholt hat.

Mit neuem Biomarker ...

Diese lange Dauer spricht laut Ward klar gegen einen Meteoriteneinschlag, der nur einen kurzzeitigen Niedergang des Lebens bewirken sollte. Die Ursache des Artensterbens muss vielmehr ein langwieriger Prozess gewesen sein. Auf seine Spur kam der US-Forscher durch einen gleichfalls neu entdeckten Biomarker im Gestein.

Es handelt sich um die Reste von fettähnlichen Stoffen in den Membranen von Mikroorganismen. Sie sind so stabil, dass sie sich bis heute erhalten haben und mit Verfahren wie der Massenspektrometrie nachweisbar sind.

... Schwefelbakterien im Meer entdeckt

Entsprechende Untersuchungen ergaben, dass in Zeiten weltweiten Artensterbens die Weltmeere von Mikroben wimmelten, die Photosynthese treiben und dafür Schwefelwasserstoff benötigen. Es handelt sich um grüne Schwefelbakterien und Schwefelpurpurbakterien. Heute leben sie nur in flachen stehenden Gewässern, die umgekippt und biologisch weitgehend tot sind.

Ihr früheres massenhaftes Vorkommen in den tiefen Ozeanen bedeutet, dass damals dort die gleichen lebensfeindlichen Bedingungen geherrscht haben müssen wie heute in stagnierenden, fauligen Tümpeln. Als Ursache vermutet Ward ein extremes Treibhausklima, ausgelöst durch gewaltige Emissionen an Kohlendioxid und Methan - vermutlich infolge großräumiger vulkanischer Aktivität.

Tiere erstickten in aufgeheizten Meeren ...

Die aufgeheizten Ozeane konnten demnach kaum noch Sauerstoff aufnehmen. Allmählich erstickten dadurch die Meerestiere und sanken auf den Grund, wo sie von anaeroben Bakterien zersetzt wurden, die dabei Schwefelwasserstoff erzeugten. Das giftige Gas stieg empor, reagierte mit dem verbliebenen Sauerstoff und ließ weitere Meeresbewohner verenden. So wurde nach einiger Zeit der gesamte Ozean sauerstofffrei. An seiner Oberfläche breiteten sich die grünen und purpurnen Schwefelbakterien aus.

... und verendeten in verpesteter Luft

Der Schwefelwasserstoff gaste schließlich aus dem Meer aus und verpestete die Luft, so dass er auch vielen Landlebewesen zum Verhängnis wurde. Dabei drang er sogar bis in die Stratosphäre vor, wo er nach den Ergebnissen neuester Untersuchungen die schützende Ozonschicht der Erde angriff.

Somit konnte die schädliche Ultraviolettstrahlung der Sonne bis zum Boden vordringen und auch noch einen Großteil der Lebewesen vernichten, die das Giftgas vertrugen.

Ozeane könnten wieder kippen



Wenn dieses Szenario stimmt, ergeben sich auch bedrohliche Folgerungen für die heutige Zeit. Zum Umkippen der Meere kam es, sobald der Kohlendioxidanteil der Atmosphäre ein Promille überstieg. Nach 0,28 Promille (280 ppm) in vorindustrieller Zeit ist dieser Wert durch anthropogene Emissionen heute bereits auf 0,38 Promille gestiegen.

Sollte sich an der momentanen Emissionsrate nichts ändern, wäre kurz nach dem Ende des nächsten Jahrhunderts die Promillegrenze erreicht und es könnte wieder dazu kommen, dass die Ozeane umkippen. "Wie viel Zeit bliebe dann noch bis zu einem erneuten, durch den Treibhauseffekt verursachten Massensterben", fragt Ward in seinem Artikel und mahnt: "Wir sollten es nicht dazu kommen lassen, das herausfinden zu müssen."

Geändert von Benjamin (13-12-2008 um 23:41 Uhr)
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