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Alt 17-04-2007, 14:42   #8
Sofix
hab das Jodeldiplom
 
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ein bericht vom letzten sommer, auch in deutschland sterben die bienen :

Das rätselhafte Bienen-Sterben

»Wenn die Biene von der Erde verschwindet, dann hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben«, sagte Albert Einstein. Denn Tatsache ist: Viele Nahrungspflanzen des Menschen sind auf die Bestäubung durch Bienen angewiesen. Um so bedrohlicher ist das massenweise Sterben von Bienenvölkern.

In Deutschland z. B. gingen in diesem Jahr (2006) bereits 10 000 Völker ein, meist durch den Befall der Varroa-Milbe. In manchen Regionen starben bis zu 80 Prozent der Völker.
Diese Milbe legt ihre Eier bereits in den heranreifenden Nachwuchs der Bienen hinein, so dass diese oft schon behindert oder verstümmelt zur Welt kommen. Auch gesunde Bienen werden durch die Milbe geschädigt, weil diese die Bienen regelrecht aussaugt.

Doch was ist die eigentliche Ursache – außer dass leichtfertige Wissenschaftler die Milbe 1977 zu »Forschungszwecken« aus Asien eingeschleppt haben? Und außer dass es mittlerweile bereits einen weiteren gefährlichen Bienen-Gegner gibt, den Kaschmir-Virus, der wahrscheinlich – Ironie des Schicksals – zusammen mit Bienenvölkern von weit her importiert wurde, um die Verluste durch die Varroa-Milbe wieder aufzufüllen ...

Die Experten, wie könnte es anders sein, sind sich uneinig. In Frage kommt zum einen die Veränderung des Klimas: Die kühle und feuchte Witterung habe die Bienen geschwächt. Andere Experten verweisen auf die vom Menschen verursachte Veränderung der Landschaft: Hecken wurden beseitigt; Wiesen werden überdüngt und außerdem zu früh gemäht; der häufig angebaute Raps blüht nur kurz – dies alles führt dazu, dass das Nahrungsangebot für die Bienen, vor allem der Blütenpollen für den Nachwuchs, zurückgehe. Der Parasit profitiere dann davon, dass die Bienen schlecht ernährt sind. Schließlich könnten auch Agrargifte wie z. B. Insektizide die Bienen in ihrer Gesundheit beeinträchtigen und anfällig machen.

Die Bienen zeigen auf, wie wichtig eine Umorientierung der Landwirtschaft ist, hin zu einem naturgemäßen, friedfertigen Umgang des Menschen mit der Natur und den Tieren. Und die Milben? Vielleicht spiegeln sie uns Menschen, wie wir uns der Mutter Erde gegenüber verhalten: wie ein Parasit, der seinen Wirt aussaugt. (Silke Dziallas)

Interview mit Hermann Glas,
Imker auf den Höfen des Friedfertigen Landbaus

Seit 20 Jahren betreiben Urchristen im Raum Würzburg Friedfertigen Landbau, also eine Landwirtschaft im Einklang mit der Natur und mit Respekt vor allen Lebensformen. Dazu gehören auch Bienen, um die sich seit vielen Jahren der erfahrene Imker Hermann kümmert.

Frage: Hermann, es war nicht ganz einfach, einen Interview-Termin zu bekommen. Die Bienen halten dich wohl ziemlich auf Trab?

Hermann Glas: Die haben derzeit einen sehr hohen Schwarm-Drang.

Was heißt das?

Die Bienenvölker sind rasch gewachsen. Sie teilen sich, es kommt zum Schwarm. Der Schwarm ist die natürliche Vermehrung, das Wachstum gemäß der Naturgesetze. Die Bienen bilden neue Völker. Ich habe den Eindruck, sie wollen die Verluste des Frühjahrs rasch wieder auffüllen.

Hattet ihr hohe Verluste?

Nicht allzu hohe. Der Gesamtausfall beläuft sich unter dem Strich auf ca. 25 Prozent. An zwei von unseren drei Standorten hatten wir fast keine Verluste, nur an einem Platz hatten wir stärkere Ausfälle. Dort waren Jungvölker, also Völker mit jungen Königinnen, eingewintert, die frühzeitig das Brutnest angelegt haben. Im Januar wurde schon fleißig gebrütet; im Februar kam dann die Kälteperiode mit 10 Grad minus und mehr. Im Brutnest sind 35 Grad erforderlich. Somit mussten die Bienen ein Temperaturgefälle von ca. 45 Grad auffangen. Dabei haben sich die Völker regelrecht verausgabt. Die Folge war eine Darmerkrankung, die Nosema.

Aber durch die Milbe hattet ihr keine Probleme?

Die Varroa-Milben sind in jedem Bienenvolk zu finden. Es ist nur die Frage, wie man damit zurechtkommt. Die Milbe saugt das Blut der Bienen, was diese naturgemäß schwächt. Ich schätze, das ist die Hauptursache für die enormen Ausfälle überall. Um die Milbe in Schach zu halten, behandle ich die Bienenvölker vor der Winterauffütterung drei- bis viermal mit 60-prozentiger Ameisensäure. Das schwächt die Milbe im Vorfeld. Nach der Auffütterung behandle ich mit Duftstoffen aus Kräuter-Ölen. An den Duftstoffen berauschen sich die Milben, was die Fortpflanzung stark einschränkt.

Womit könnte es zusammenhängen, dass sich die Verluste auf den Höfen des Friedfertigen Anbaus im Rahmen halten?

Es wird ja viel über die Ursachen des Bienensterbens spekuliert, diskutiert und geschrieben. Manche nehmen an, dass das Immunsystem der Bienen generell geschwächt ist durch Umwelteinflüsse, auch durch die Milbe. Dann kommt das Problem mit dem Nahrungsangebot hinzu, das sich durch Rodungen von Hecken usw. stark verringert hat. Bei uns haben die Bienen es gut, weil wir Hecken anlegen, weil wir die Wiesen wachsen und blühen lassen, weil wir Wiesen und Felder weder düngen noch spritzen. Wir nutzen das Brachland, das bei der Dreifelderwirtschaft anfällt, um Bienenweide auszusäen, z. B. das Tübinger Samengemisch mit sieben verschiedenen Trachtpflanzen. Natürlich verwenden wir auch sonst keinerlei chemische Stoffe bei der Imkerei. Vor allem ist es aber wichtig, die Bienen als eigenständige Wesen, als Teil der Schöpfung zu respektieren, also wesensgerecht mit ihnen umzugehen. Ich nehme mir viel Zeit für die Bienen. Vor allem ist ein ruhiges und sorgfältiges Arbeiten mit ihnen erforderlich.

Und die Bienen wissen das zu schätzen?

Ich brauche jedenfalls kaum noch Schutzkleidung, wenn ich bei den Bienen arbeite. Ich habe nur ein Pfeifchen zum Blasen, um etwas Rauch um mich zu verbreiten. Gesichtsschutz verwende ich nur bei längeren Arbeiten am Bienenvolk oder wenn ich einen Schwarm berge, also einfange.

Was wäre eigentlich, wenn es keine Bienen und Imker gäbe? Würden dann Wildbienen oder andere Insekten die Aufgabe des Bestäubens, z. B. von Apfelbäumen übernehmen?

Das kann ich mit einem klaren »Nein« beantworten. 80 Prozent aller Pflanzenarten sind bei ihrer Vermehrung auf Bestäubung angewiesen – und wiederum ca. 80 Prozent dieser Arten werden ausschließlich von Bienen bestäubt. Wildbienen und andere Insekten gäbe es viel zu wenige, um die vielen Früchte hervorzubringen, die der Mensch angebaut hat. Es gäbe dann viel weniger Obst, und das wenige wäre kleiner gewachsen oder teilweise verkümmert. Seit 1977, als die Varroa-Milbe eingeschleppt wurde, sind der Bestand an Bienen und auch die Anzahl von Imkern drastisch zurückgegangen. Dies müsste uns eigentlich Anlass zu großer Sorge geben.

Manche sagen ja, es wäre Ausbeutung, den Bienen den Honig wegzunehmen.

Bei uns ist die Imkerei nicht auf Profit ausgerichtet. Doch gibt es je nach Nektarangebot genug Honig, der einfach übrig ist. Die Bienen nehmen ja keinen Urlaub. Und sie haben von Natur aus eine Sieben-Tage-Woche. Eine Bienenwohnung besteht aus mehreren Etagen mit »Magazinen«. Im unteren und zweiten Magazin befindet sich der Brutraum. Dagegen wird der Honig in den oberen Etagen eingelagert. Ist der für den Honig vorgesehene Raum gefüllt, dann lagern die Bienen ihren Honig im Bereich des Brutnestes ein. Damit würde der Königin aber die Möglichkeit genommen, viele Eier zu legen – die Anzahl der Arbeitsbienen schwindet. Deshalb entnehmen wir aus dem Honigraum Waben mit reifem Honig und schleudern diesen. So wird dort wieder Platz geschaffen und das Brutnest kann sich wieder ausweiten für ausreichend Nachwuchs. Die Bienen geben uns von dem überschüssigen Honig gerne. Ich bin sicher, sie wollen damit den Menschen einen Dienst leisten.

Vielen Dank für das Gespräch!
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Gruß Sofix
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