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Alt 04-01-2004, 13:32   #68
Starlight
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Wie ein Fremdwährungskredit funktioniert

Jeder hat schon einmal etwas von Fremdwährungskrediten gehört. Dass sie gefährlich sind, dass sie kompliziert sind oder dass fast jeder Häuslbauer einen hat. Doch was genau ist ein Fremdwährungskredit? Im Folgenden lernen Sie Fremdwährungskredite ganz von Beginn weg kennen.



Das Fremdwährungskredit-Drehbuch

Angenommen, Sie brauchen Geld. Und zwar viel Geld, weil Sie ein Haus bauen möchten (Immobilienfinanzierung ist der typische Fall bei Privaten).
Sie gehen also zur Bank Ihrer Wahl – mittlerweile bietet dies praktisch jede Bank an. Treffen Sie auf jemanden mit „tauben Ohren“ oder mit der Haltung „Nur gegen unsere Überzeugung“ – probieren Sie es woanders. Da Ihnen der volatile Yen dann doch etwas zu riskant ist, entscheiden Sie sich nach Beratung mit Ihrem Betreuer für einen Franken-Kredit.

Erster Schritt: Nachdem Sie sich mit Ihrem Betreuer über alle Details geeinigt haben, eröffnen Sie ein Kreditkonto bei Ihrer Bank, das auch „Abteilungen“ für Fremdwährungen hat.

Zweiter Schritt: Ihre Bank räumt Ihnen einen Rahmen in der Höhe von 151.100 Schweizer Franken ein.

Dritter Schritt: Damit Sie das Grundstück, auf dem Sie das Haus bauen werden, kaufen können, müssen Sie die Franken, die Ihnen Ihre Bank zur Verfügung stellt, in Euro umtauschen. Denn welcher Hausverkäufer will schon Franken?
Die Transaktion läuft auf folgende Weise: Sie benötigen 100.000 Euro. Am Tag X notierte der Euro mit 1,51100 Devisenkurs im Verhältnis zum Schweizer Franken. Sie tauschen die Franken um 0.66181 in Euro und geben die Euro aus. Als Ergebnis ist Ihr Konto nun mit 151.100 Franken (gerundet) – ohne Berücksichtigung anfallender Spesen – belastet (100.000 dividiert durch 0,66181). Die „Euro-Abteilung“ auf dem Konto steht auf null.

Vierter Schritt: Zinsen müssen gezahlt, der Kredit irgendwann – in Raten oder endfällig – zurückbezahlt werden. Zu diesem Zweck müssen Sie Ihre mühsam erarbeiteten Euro jedes Mal in Schweizer Franken wechseln. Gewechselt wird zum höheren Briefkurs.
Unter der Annahme, dass die Zinsen im Franken bei 4,5 Prozent liegen und die Kreditzinsen vierteljährlich anfallen, ergibt das folgende Rechnung: Ein Viertel von 4,5 Prozent (da pro Quartal gerechnet) beträgt 1,125 Prozent. So hohe Quartalszinsen fallen also an. 151.100 Franken wurden als Kredit genommen, 1,125 Prozent davon ergeben 1.700 Schweizer Franken. Steigt der Schweizer Franken also, trifft Sie das in den Kreditraten, allerdings nur in verhältnismäßig kleinen Beträgen.




Tilgung: Zinsen und Rückzahlung getrennt

Bei der Tilgung liegt einer der großen Unterschiede zum klassischen Hypothekardarlehen in der Art der Rückzahlung: Der Fremdwährungskredit ist international nur für Geschäftskunden üblich (Österreich ist da ein ziemliches Unikum), und da trennt man Zinsen und Rückzahlung fein säuberlich:
Die Zinsen werden immer für mehrere (meist drei) Monate fixiert, und zwar zu den Zinssätzen, die an den Geldmärkten gerade aktuell sind .
Für die Rückzahlung gibt es individuelle Vereinbarungen. Zum Beispiel einen so genannten Tilgungträger, auf den Sie parallel zu den Zinsen auf die Rückzahlung des Kredits ansparen.
Sehr wichtig ist die Tatsache, dass der gesamte aushaftende Kreditbetrag gleich höher (niedriger) wird, wenn sich der Währungskurs ändert. Und, genauso wichtig: Das ist so lange nur auf dem Papier der Fall, solange man nicht wieder in den Euro zurückwechselt.


Wieso immer Franken und Yen?

Schließlich könnte man seinen Kredit doch auch in thailändischen Baht finanzieren. Der Hauptgrund liegt darin, dass nur beim Schweizer Franken und beim japanischen Yen das Zinsniveau seit langer Zeit unter dem österreichischen liegt. Hier spielt die Zeit für den Kreditnehmer: Je länger die Situation so bleibt, wie sie ist, desto besser.

Woher kommt der Profit?

Ein Fremdwährungskredit ist nichts anderes als eine Spekulation auf Zinsen und Währungen. Entscheidend ist daher – wie auch bei anderen Spekulationsgeschäften – der Einstiegs- und der Ausstiegszeitpunkt. Keiner, der einen Fremdwährungskredit aufnimmt, plant, bis zum Ende der Laufzeit des Kredits in der Fremdwährung zu bleiben. Vielmehr möchte er zu einem günstigen Zeitpunkt wieder in die Heimwährung zurückwechseln. Und wieder retour.

Die Währungsspekulation
Was die Währung betrifft, ist das günstigste Szenario für Sie als FX-Kreditnehmer folgendes: Sie nehmen Ihren Kredit in der Fremdwährung zu einem Zeitpunkt auf, in dem der Franken hoch steht. Denn wenn Sie daraufhin die Franken bei Ihrer Bank in Euro umtauschen, erhalten Sie besonders viele Euro dafür. Danach ist zu wünschen, dass der Franken im Vergleich zum Euro an Wert verliert. Passiert das, gilt es, zum idealen Zeitpunkt (wenn der Franken auf dem absoluten Tiefstand steht, bevor es wieder aufwärts geht) aus dem Franken aus- und in den Euro einzusteigen. Denn schuldig sind Sie Ihrer Bank – nicht vergessen! – Franken.
Horrorszenario eines jeden FX-Schuldners ist hingegen der plötzliche Anstieg der betreffenden Währung. Darin liegt der Kern des Risikos. Denn je höher der – beispielsweise – Franken steigt, desto teurer werden Rückzahlung und aushaftender Kredit.

Die Zinsspekulation
Ist von untergeordneter Bedeutung: Steigen die Zinsen über das Euro-Niveau hinaus, wechselt man zum nächsten Stichtag zurück.

Die Gesamtspekulation
Eines sollte man nicht machen: gebannt auf die „Yen-Schlange“ schauen und dabei die normalen Kreditrisken missachten. Es kann durchaus sein, dass alle Zinsen weltweit nach oben gehen. Wer hier nicht genügend Sicherheiten hat, ist im Yen genauso schlecht bedient wie im Euro.

gewinn .at
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