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Alt 11-05-2010, 21:41   #3
Benjamin
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Deutschland kann derzeit noch seine Rechnungen ganz gut bezahlen, weil es international wettbewerbsfähig ist. Dabei hilft der fallende Euro:

Wert der Exportgüter:
345 Milliarden Euro Güter in Richtung übrige Eurozone selbst
159 Milliarden Euro Güter in Richtung restliche EU
297 Milliarden Euro Güter in Richtung restliche Welt.
Nur die die Niederlande exportieren gemessen an ihrem BIP noch mehr.
Die Exportorientierung Deutschlands auf die Staaten der Währungsunion ist damit auf 43,1 Prozent am Gesamtanteil gesunken.
56,9 Prozent des heimischen Exports gehen in Fremdwährungsländer.

Ein schwächerer Euro kann also entscheidend dazu beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Produkte im Ausland zu verbessern.
Die analoge Verteuerung der meist in Dollar fakturierten Rohstoffpreise, allen voran dem Rohöl, führen zu mehr effizientem Wirtschaften.

Das Spannungsfeld zum deutschen Erfolg bei den Exporten:

Der Wirtschaftswissenschaftler Hickel vertritt die Gegenposition. Rudolf Hickel leitet das Institut Arbeit und Wirtschaft an der Universität Bremen. Der Wirtschaftswissenschaftler beschäftigt sich unter anderem mit der Krisenanfälligkeit der Finanzmärkte. Er tritt für einen starken Staat ein und ist vehementer Kritiker des Neoliberalismus in der Wirtschaftspolitik. Er meint:

Die übermächtige Exportsituation der deutschen Wirtschaft hat die anderen Euroländer belastet. Dort führt diese zur Verdrängung von Produktion. Wir brauchen jetzt endlich - nach seiner Meinung - eine Diskussion darüber, wie die deutsche Exportaggressivität, die das Euroland sprengt, abgebaut werden kann. Ein wichtiger Beitrag wäre es etwa, sich stärker auf die Entwicklung der Binnenwirtschaft zu konzentrieren.

"Exportaggressivität", also der Erfolg auf den internationalen Märkten, wird als EU-feindliches Merkmal gebranntmarkt - und soll "abgebaut werden". Also sollen wir genau so schwach werden wie Spanien und Co, nur damit die EU in sich keine Fliehkräfte mehr hat und in alter Form bestehen bleiben kann.
Eine imo abenteuerliche Vorstellung!

Rudolf Hickel weiter: Der Euro steht derzeit Zeit massiv unter Druck, weil die Spekulanten das gesamte System zu sprengen versuchen. Es geht nicht mehr nur um einen begrenzten Krisenfall, wie beispielsweise Griechenland. Die Spekulanten versuchen inzwischen mit viel Macht das gesamte Eurosystem aufzuspalten und am Ende aufzulösen. Vor allem die schwächeren Länder auf der Südachse sollen abgespaltet werden, auch weil sie dabei Gewinne machen können. Die europäische Gemeinschaftswährung ist in einer tiefen Systemkrise. Die Finanzmärkte wissen: Wenn es den Euro nicht mehr gibt, gibt es wieder nationale Währungen als Futter für weitere Spekulationen.

Er findet es offenbar klasse, dass nun dieses Prozedee abläuft:

"Wenn jetzt eine griechische Staatsanleihe fällig wird und Griechenland diese auszahlen muss, beispielsweise an die Commerzbank in Deutschland, dann müsste normalerweise an den Kapitalmärkten ein neuer Kredit zur Anschlussfinanzierung aufgenommen werden. Sonst würde das Geld in der Haushaltskasse fehlen. Nun bekommen die Griechen das Geld über das Rettungspaket.

Was mich etwas optimistisch stimmt, ist die Tatsache, dass die Summen, die da bewegt werden, gigantischen Ausmaßes sind. Sie schaffen Spielraum, um die schlimmsten Nöte der bedrohten Länder aufzufangen. Das Volumen des Pakets ist so groß gewählt, dass man damit im Grunde genommen, jetzt eine Attacke auf Griechenland, Portugal und Spanien gleichzeitig abwehren könnte.

Das Euro-Rettungsmodell zielt auf den Kauf von Zeit."


Es gibt zwar keine erkennbare Lösung, aber man hat wenigstens noch etwas Zeit gekauft, bis es ernst wird. Man hat zwar keine Strategie, aber man findet es gut, dass es nicht jetzt kracht, sondern erst später. Super Managment!
Quelle der Textzitate: http://www.tagesschau.de/wirtschaft/hickel102.html

Geändert von Benjamin (11-05-2010 um 22:10 Uhr)
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