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Alt 02-06-2003, 07:35   #26
OMI
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02.06.2003, 08:10
Biotechnologie - Starkes Comeback (EurAmS)

Biotechs vermelden Forschungserfolge, und die US-GesundheitsbehördeFDA beschleunigt die Prüfungsverfahren. Neue Wachstums-Phantasien treiben Aktien und Fonds.

von Jörg Billina und Julia Groß, Euro am Sonntag 22/03

Zwei Jahre lang schien nichts den Kursverfall bei Biotech-Aktien zu stoppen. Die Bilanzfälschungen und Insidergeschäfte des ehemaligen Imclone-Chefs Samuel Waksal belasteten die ganze Branche. Zudem verschleppte eine führungslose amerikanische Gesundheitsbehörde die Zulassung neuer Medikamente und behinderte so die Gewinnchancen vieler Unternehmen. Als sich dann auch noch Fehlschläge und Enttäuschungen in der Forschung häuften, zweifelten viele Anleger an einer gesunden Entwicklung ihrer Biotech-Titel.


Doch jetzt gibt es immer mehr Zeichen für ein starkes Comeback. Biotechnische Verfahren, also die Produktion von Arzneien oder Wirkstoffen mit Hilfe von lebenden Zellen oder Enzymen, werden immer schneller und immer häufiger profitabel. Und das macht sich auch an der Börse bemerkbar. So legte der Amex-Biotech-Index seit Anfang Januar um 29,4 Prozent zu. Dagegen bringt es der S&P 500, der alle Branchen abdeckt, nur auf ein Plus 7,9 von Prozent.


Einige Biotech-Titel legen eine atemberaubende Rally hin. Wie zum Beispiel der Hersteller des Schmerzmittels Avinza, Ligand Pharmaceuticals. Die Aktie verbesserte sich seit Jahresanfang um 91 Prozent. Noch stärker stieg der Kurs von Ilex Oncologys. Dieser Titel gewann mehr als 130 Prozent.


Seit Monaten liefern die Biotechs fast nur positive Nachrichten: „Im ersten Quartal haben zwölf der bereits 19 profitablen Biotech-Unternehmen die Erwartungen der Analysten übertroffen“, sagt Harald Schwarz von der Fondsberatungsfirma Medical Strategy.


Gut möglich, dass 2003 weitere hinzukommen. Denn Mark McClellan, seit November vergangenen Jahres an der Spitze der US-Gesundheitsbehörde Food and Drug Administration (FDA), sorgt für frischen Wind. Die Behörde genehmigte im laufenden Jahr bereits zahlreiche Biotech-Medikamente, etwa Biogens Amevive gegen Schuppenflechte. Auch die in den Labors von Biomarin entwickelten Medikamente Aldurazyme (zur Behandlung der Stoffwechselerkrankung Mucopolysacharidose) und Fabrazyme (einsetzbar gegen die Erbkrankheit Morbus Fabry) von Genzyme erhielten von der FDA grünes Licht. „Bei seinem Amtsantritt hatte McClellan versprochen, die Zulassungszeiten um drei Monate zu verkürzen. Der FDA-Chef hält sein Wort“, lobt Medizinexperte Schwarz.


So auch bei dem Krebsmittel Velcade. Die FDA erteilte dem Hersteller Millennium Pharmaceuticals die Vermarktungsgenehmigung nach einer Begutachtungszeit von nur vier Monaten. In der Regel dauert ein Zulassungsverfahren zwei bis drei Jahre. Experten schätzen, dass Velcade bereits im nächsten Jahr einen Umsatz von 45 Millionen Dollar bringt.


Doch nicht nur die Schnelligkeit der FDA sorgte im Fall Velcade für Aufsehen. Das Medikament, das Enzyme in von Krebs befallenen Zellen blockiert und so ein Anwachsen des Tumors verhindert, gilt als wichtiger Schritt auf dem Weg zur Bekämpfung von Knochenmarkkrebs. Darüber hinaus hofft das Unternehmen aus Cambridge, Massachuessetts, Velcade bald gegen andere Erscheinungsformen von Krebs einsetzen zu können.


Auch Genentech aus San Francisco verstärkte den Aufwärtstrend der Biotech-Aktien. Das zweitgrößte amerikanische Unternehmen der Branche meldete beim Einsatz des Krebsmittels Avastin in der entscheidenden klinischen Phase drei positive Testresultate. Das Präparat verlängerte in Kombination mit einer Chemotherapie das Leben von Patienten mit einem Dickdarmtumor um mehrere Monate. Die mit dem Medikament Avastin zu erzielenden Umsätze werden von Branchenexperten auf mehr als zwei Milliarden Dollar geschätzt.


Bei der Krebsbekämpfung zeigen sich die Stärken der Biotechs. Biotech-Unternehmen sind in der Lage, Präparate zu entwickeln, die nur die vom Krebs befallenen Zellen angreifen. Die bei herkömmlichen Therapien schädlichen Nebenwirkungen treten vermindert auf“, sagt Schwarz.


Wie stark der Bedarf nach gezielt wirkenden Krebsmedikamenten ist, aber uch welches Wachstumspotenzial sich daraus für die Biotech-Unternehmen ergibt, zeigen Zahlen der Weltgesundheitsbehörde WHO. Demnach erkranken jedes Jahr 15 Millionen Menschen an Krebs. In den kommenden 30 bis 40 Jahren rechnen Mediziner nicht zuletzt wegen der zunehmenden Veralterung der Gesellschaft mit einer Verdoppelung der Krankheitsfälle.


Bedarf an Medikamenten, die den Forschungslabors der Biotechs entstammen, besteht aber nicht nur bei Krebs. So eröffnet das von Roche und Trimeris entwickelte Fuzeon neue Wege in der Behandlung von Aids. Einen weiteren Beweis für die wachsende Bedeutung der Biotechnologie lieferte vor kurzem Avi Biopharma. Dem Unternehmen gelang es innerhalb kürzester Zeit, eine Therapie gegen den mutmaßlichen Auslöser von SARS, das Corona-Virus, zu entwicklen. Erste Tests lieferten bereits gute Ergebnisse.


Trotz der jüngsten Erfolge müssen sich Biotech-Investoren bewusst sein, dass nicht aus jeder Forschungsarbeit ein marktfähiges Produkt entsteht. Und: Rückschläge sind oft Auslöser für anhaltende Kurskorrekturen. Zu den jüngsten Enttäuschungen zählt unter anderem die Firma Transkaryotic Therapies. Das von ihr entwickelte Medikament gegen die Fabry-Krankheit beschädigte Herz und Lungen der Patienten und erhielt keine Marktzulassung.


Das heißt: Für den Anleger sind die von den Unternehmen in Angriff genommenen Forschungsprojekte und die damit verbundenen Marktchancen in der Regel schwer einzuschätzen. Es ist ratsam, das Risiko durch den Kauf von Fondsanteilen zu streuen und auf die Kompetenz der Manager zu vertrauen.


Im Fall des DG Lux Apo Lacuna Biotech trifft beispielsweise ein vierköpfiges Team von Medical Strategy die Anlageentscheidungen. Die Mediziner, Biologen und Pharma-Experten meiden die Dickschiffe der Branche. Sie investieren lieber in Small und Mid Caps. „Bei den Werten aus der zweiten Reihe ist das Bewertungsniveau deutlich attraktiver als bei den Großen“, sagt Schwarz. Bevorzugt werden Unternehmen, deren neue Arzneimittel im letzten Stadium der klinischen Entwicklung sind oder deren Produkte gerade die Zulassungsphase abgeschlossen haben. „Bei diesen Unternehmen, die in etwa zwei bis drei Jahren profitabel werden können, sind die Bewertungssprünge am höchsten“, erklärt Schwarz die Anlagestrategie.


Um Aktien mit derartigem Potenzial zu finden, nutzt Medical Strategy eine hauseigene Datenbank, die sowohl die wissenschaftlichen Berichte der Unternehmen als auch quantitative Fakten, wie zum Beispiel den Liquiditätsstatus, dokumentiert. Dazu besucht das Team die relevanten Investmentkongresse und nutzt die Chance zu Einzelgesprächen mit den Firmenchefs.


Die Manager des Fonds Oyster Biotechnology A suchen Marktführer. Dazu gehört zum Beispiel Amgen. „Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von mehr als fünf Milliarden Dollar machen in der Regel über 30 Prozent unseres Portfolios aus“, sagt Kurt Emster von MPM Capital. Emster, seit elf Jahren im Geschäft, verantwortet für den von der Banque Syz & Co. aufgelegten Oyster-Fonds die Transaktionen. Mehr als die Hälfte der 60 Titel in seinem Portfolio versteht der Experte als Langfristinvestition, die übrigen Positionen nutzt er für kurzfristig sich ergebende Chancen.


„Im Augenblick fließt viel Geld aus Bond- und Geldmarktprodukten in die Biotech-Fonds“, sagt Emster. Der schwache Dollar spiele dabei eine wichtige Rolle. Institutionelle Investoren aus Europa würden sich auf der Suche nach Rendite zunehmend für die derzeit günstig bewerteten Biotech-Aktien entscheiden. Die Angst, wegen des schwachen Greenbacks an Performance einzubüßen, ist beim Oyster Biotech A unbegründet. Der Fonds ist zu 100 Prozent währungsgesichert.


Zusätzliche Impulse für die Branche erwartet Emster durch den an diesem Wochenende in Chicago stattfindenden Fachkongress der American Society of Clinical Oncology. Die dabei von Unternehmen wie Osi Pharmaceuticals oder Abgenix vorgestellen Forschungsberichte dürften seiner Meinung nach weitere Analysten veranlassen, Kaufempfehlungen auszusprechen. Emster schätzt, dass der Aufwärtstrend bei den Biotechs das ganze Jahr anhalten wird. Im Sommer sei allerdings eine moderate Korrektur möglich. Für die kapitalstarken Werte in seinem Depot rechnet er mit einem Plus von 20 Prozent am Jahresende, einen Return von insgesamt 30 Prozent erwartet er durch Investitionen in Alteon oder Elan.


Noch scheint der Biotech-Sektor nicht überkauft zu sein. Ralph Acampora von Prudential geht davon aus, dass der Amex-Biotech-Index noch auf 550 Punkte steigen kann. Aktuell notiert er bei 438 Punkten. So sind immer noch gut 27 Prozent drin.

Quelle: finance-online
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